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Vom Industrie- zum Handwerkerdorf

Das idyllische Dorf am Rand von Döbeln ist nach der Wende aufgeblüht. Einiges ist aber auch verschwunden.

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Von Cathrin Reichelt

Harry Freiberg kann’s nicht lassen. Mit seinen 71 Jahren sitzt er nach wie vor täglich am Schreibtisch und lenkt die Geschicke der gleichnamigen Elektro GmbH. Zwar trete er etwas kürzer, gibt er zu, aber ans Aufhören werde er wahrscheinlich erst denken, wenn es gesundheitlich nicht mehr geht.

Lilly spielt oft auf dem Spielplatz. Sie durfte sogar mitentscheiden, wo welche Geräte aufgestellt werden. Besonders zum Ärger der Jungs fehlen aber immer noch die Fußballtore.
Lilly spielt oft auf dem Spielplatz. Sie durfte sogar mitentscheiden, wo welche Geräte aufgestellt werden. Besonders zum Ärger der Jungs fehlen aber immer noch die Fußballtore.
Aus dem alten maroden Gasthof ist ein schmuckes Dorfgemeinschaftshaus geworden. In dem haben auch die Feuerwehrleute und die Bibliothek ihr Domizil.
Aus dem alten maroden Gasthof ist ein schmuckes Dorfgemeinschaftshaus geworden. In dem haben auch die Feuerwehrleute und die Bibliothek ihr Domizil.

Aufgehört hat er dagegen in diesem Jahr, sich politisch zu engagieren – nach 24  Jahren. 1990 gründete sich die Freie Wählergemeinschaft Ziegra-Knobelsdorf. Mit der zog er in den Gemeinderat ein und blieb dort bis zur Wahl im Mai dieses Jahres. Da hat er das Feld im jetzigen Ziegraer Ortschaftsrat Jüngeren überlassen. Zwischendurch war er sogar einmal für ein halbes Jahr Bürgermeister, weil die Stasivergangenheit der damaligen Gemeindechefin ans Licht gekommen war. „Für Limmritz haben wir im Gemeinderat alles durchgesetzt, was wir ändern konnten“, blickt Freiberg zurück und meint: „Der Ort ist nach der Wende aufgeblüht, aber es ist auch einiges kaputt gegangen.“

1978 als sich Harry Freiberg in Limmritz selbstständig machte, gab es dort noch zwei Gaststätten, ein Eiscafé, einen Konsum, die Post, eine Gärtnerei, einen Tischler, einen Elektriker und die Fischerei. Am Bahnhof hielten öfter Züge. Ab und zu tun sie das auch heute noch. Aber das Bahnhofsgebäude gammelt vor sich hin. „Es ist verkauft. Die Besitzer waren einmal hier und haben etwas rausgerissen. Seitdem verwildert das Gelände“, meint Freiberg.

In der Papierfabrik und im Elektronische Gerätebau haben zu DDR-Zeiten viele Menschen gearbeitet. Schnell waren beide nach der Wende geschlossen. Vom Gerätebau ist nur noch eine grüne Wiese übriggeblieben. Zur Zeit, als die Fabriken arbeiteten, wurde wahrscheinlich auch der Neubaublock gebaut, um Wohnraum zu schaffen. So richtig passt er aber nicht in das Dorfbild, meinen manche Limmritzer.

Vom Gasthof zum Gerätehaus

Statt Industrie gibt es heute im Dorf mehr Handwerk. Tischler, Elektriker und Fischerei sind geblieben. Dazu kamen zwei Baubetriebe, ein Projektierungsbüro, eine Fahrschule, ein Schornsteinfeger, ein Friseur und ein Küchenstudio. Auch das Eiscafé gibt es noch. „Der Gasthof hat kurz nach der Wende geschlossen und ist dann verfallen“, erinnert sich Harry Freiberg. Rund 20  Jahre hat es gedauert, bis er eine neue Verwendung fand. Innen völlig entkernt und neu aufgebaut beherbergt das Gebäude heute das Gerätehaus der Feuerwehr und das Dorfgemeinschaftshaus. Auch wenn Hausschwamm während des Baus ein wenig Aufregung verursachte.

Insgesamt gab es in den vergangenen Jahrzehnten in Limmritz aber nur wenige Aufreger. Am meisten bewegten zwei Scheunenbrände die Gemüter. Sie forderten kurz hintereinander die Feuerwehrleute. Brandstiftung wurde vermutet. Aber obwohl es einen Verdächtigen gab, konnten die Brandursachen nie geklärt werden.

Heute beunruhigt einige Limmritzer mehr das Wasser. Beim Foto auf der Brücke ruft Hans-Hermann Haft aus seinem Garten herüber: „Geht es wieder um die Steine?“ Als Harry Freiberg verneint, kommt ein „Schade“ zurück. Mit den Steinen meint Haft das Geröll, das sich beim Hochwasser im vergangenen Jahr zwischen der Fischtreppe und der Hasennestbrücke in der Zschopau zusammengeschoben hat. Die Sandbank hat den Fluss regelrecht halbiert. Die Anwohner befürchten, dass ihre Grundstücke bei steigendem Wasser dadurch noch schneller überflutet werden. Sie fordern, dass der Fluss bald beräumt wird. Da solche Arbeiten jetzt in Technitz begonnen haben, hofft Harry Freiberg, dass auch der Limmritzer Bereich bald dran ist.

Die Hängebrücke am Hasennest wurde nach der Wende neu gebaut. „Die Alte ist im Sozialismus immer fortgeschwommen“, sagt Freiberg lächelnd. Er ist froh, dass auch die Haupt- und die Nebenstraßen saniert wurden. Gleichzeitig bedauert er, dass einiges wahrscheinlich wieder aufgerissen werden muss, wenn Limmritz eine eigene Kläranlage bekommt und dafür Abwasserleitungen verlegt werden. Die Straßen werden jetzt mit LED-Lampen beleuchtet und statt einer gibt es zwei Bushaltestellen. Die am früheren Gasthof war an die ehemalige Schule verlegt worden. Der Weg dorthin war besonders für einige Schulkinder zu weit. Deshalb entschloss sich die Gemeinde zum Bau einer zweiten Haltestelle am Ortsausgang von Limmritz in Richtung Ziegra.

Mehr für die Naherholung tun

Gebaut haben in Limmritz auch viele Familien. Acht neue Eigenheime sind in den vergangenen Jahren entstanden. Fast alle anderen Häuser haben die Eigentümer saniert. Es gibt aber auch zwei, die nicht sehr ansehnlich sind. Ordentlich sieht es dagegen in den beiden Gartenvereinen und in den Wochenendgrundstücken an der Zschopau aus.

Das Dorf wird jünger. Aber der Zusammenhalt ist nicht mehr ganz so stark wie früher. Heute seien es immer Dieselben, die etwas organisieren oder sich engagieren. Vor allem die Feuerwehrleute stellen einiges auf die Beine. Sie haben auch den Weihnachtsmarkt initiiert. Es gibt eine Frauensportgruppe. „Der Faschingsklub macht seine Auftritte in Döbeln, weil wir keinen Saal haben, aber er probt in Limmritz“, sagt Harry Freiberg.

Er würde gern noch mehr Gäste nach Limmritz locken. „Wir müssen etwas für die Naherholung tun.“ Ein erster Schritt könnte eine Sitzecke sein, die auf einer freien Fläche an der Straße zum Viadukt entstehen soll. „Eine Gaststätte wäre gut“, denkt Freiberg laut. „Wir brauchen noch ein paar gute Ideen.“