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Von stillen Helden und Wünschen

Der Verein „Herzenswünsche Oberlausitz“ erfüllt schwer kranken Kindern und Jugendlichen Träume.

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Silko Hoffmann und Kathleen Kreisel (links) sind Mitglieder des Vereins „Herzenswünsche Oberlausitz“.
Silko Hoffmann und Kathleen Kreisel (links) sind Mitglieder des Vereins „Herzenswünsche Oberlausitz“. © Foto: Silke Richter

Von Silke Richter

Weißwasser. Ein Blick zurück: Das Spiel ist vorbei. Dynamo Dresden hat soeben die Fußball-Zweitliga-Partie gegen den FC Ingolstadt 04 mit 2:0 gewonnen. Lucas strahlt. Die gesamte Atmosphäre rund um das Fußballstadion und der Sieg seiner Lieblingsmannschaft haben Lucas einfach überwältigt – und das hält den Jungen emotional immer noch sehr gefangen. 

Lucas ist an diesem trüben Novembertag überglücklich. Vor ein paar Tagen durfte er seinen neunten Geburtstag feiern und bekam das Geschenk, das er sich so sehnlich gewünscht hatte: einmal mit seinem Papa Dynamo Dresden besuchen. Begeistert berichtet Lucas: „Als Erstes wurde mir ein Trikot mit allen Unterschriften geschenkt. Dann durfte ich mir das Stadion, den Fußballplatz und die Kabine anschauen. Das Stadion ist ganz groß und total schön. Vor dem Spiel durfte ich sogar mit Patrick Ebert einlaufen, der auch das 1:0 geschossen hat. Ich habe die ganze Zeit das Lied von Dynamo mitgesungen. Nach dem Spiel durfte ich auch die Pressekonferenz anschauen.“

Arztbesuch statt Spielplatzzeit

Wer es nicht besser weiß, mag kaum glauben, dass Lucas schwer krank ist. Lucas gehört zu jenen Menschen, denen man ihre gesundheitlichen Beschwerden nicht sofort ansieht. Der Junge leidet seit acht Jahren an Neurofibromatose Typ 1, einer Nervenkrankheit, die häufig mit Tumorbildung einhergeht. Wenn andere Kinder auf dem Spielplatz oder mit Freunden ihre Zeit verbringen, ist Lucas oft bei Ärzten, um sich notwendigen Untersuchungen zu unterziehen. Vor knapp vier Jahren wurde festgestellt, dass Lucas an einem Tumor im Kleinhirn leidet, der die Sehkraft des linken Auges erheblich einschränkt. Durch mehrere Chemotherapien konnte das weitere Wachstum des Tumors verhindert werden. Aber leider nur für eine kurze Zeit. Anfang 2018 wurde bei einer ärztlichen Untersuchung festgestellt, dass der Tumor erneut gewachsen ist.

Glücksmomente auch für Emilia

Emilia teilt sich mit Lucas ein ähnliches Schicksal. Das kleine Mädchen leidet an der unheilbaren Krankheit Epilepsie. 2018 musste die Fünfjährige zudem wegen der Viruserkrankung Pfeiffersches Drüsenfieber behandelt werden. Die Krankheit kostete ihr fast das Leben, wie es Emilias Mutter zum Ehrentag ihrer Tochter im vergangenen Jahr beschreibt: „Heute feiern wir zum zweiten Mal Geburtstag von Emilia. Die Ärzte teilten mir im Krankenhaus mit, dass meine Tochter durch das Pfeiffersche Drüsenfieber, in der Kombination mit den Medikamenten gegen die Epilepsie, ein akutes Leberversagen hatte und es vor 100 Jahren nicht überlebt hätte. Dass es so knapp war, habe ich noch immer nicht richtig verarbeitet. So werden wir jetzt jedes Jahr zweimal Geburtstag feiern. Dass Emilia heute so einen schönen Tag feiern darf und dadurch die letzten Wochen vergessen kann, macht mich glücklich.“

Auf das Mädchen wartete, ähnlich wie bei Lucas, zu ihrem Ehrentag nämlich ein ganz besonderes Ereignis, bei dem ihr Herzenswunsch erfüllt wurde. Die Fünfjährige durfte ein Kleid tragen, wie man es auch von Prinzessin Elsa aus dem Disney-Film „Die Eiskönigin“ kennt. Das war aber noch nicht alles. Das Geburtstagskind durfte zudem mit Blütenkönigin Steffi und Blütenprinzessin Antonia bei einer Kutschfahrt durch den Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau unbeschwerte, glückliche und sehr schöne Momente erleben.

Die Initiative „Herzenswünsche Oberlausitz“ macht es möglich. Seit Gründung des Vereines 2017 konnten durch das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder und durch die Hilfe von Sponsoren bereits fünf Herzenswünsche von Kindern und Jugendlichen erfüllt werden. Zu den Machern gehört auch Gründungsmitglied Silko Hoffmann. Der Vereinsvorsitzende weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es sein kann, bei Behörden, Ärzten und anderen Institutionen die richtigen Ansprechpartner bei Fragen und Problemen zu finden.

Informationsportal soll helfen

Deshalb hat sich der Verein auch Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft und die Gründung eines Netzwerkes auf die Fahnen geschrieben. Ein Informationsportal soll dabei zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch unter Gleichgesinnten einladen und die Möglichkeit geben, Anlaufstellen von Experten und Institutionen schneller finden zu können.

Für Silko Hoffmann ist die Arbeit im Verein längst zu einer Lebensaufgabe geworden. Der 36-Jährige knüpft Kontakte zu Ärzten, Unternehmen, Einrichtungen und Sponsoren, ist Ansprechpartner für Eltern, die ihren schwer kranken Kindern Wünsche erfüllen möchten und auch mal jemanden an ihrer Seite brauchen, der einfach nur mal zuhört. Oder Trost ausspricht. Was Silko Hoffmann dabei immer wieder auffällt und aufs Neue fasziniert und motiviert: Oft seien es die schwer kranken Kinder und Jugendlichen selbst, die sich in den Familien als kleine, stille Helden entpuppen, die ihre Familien zusammenhalten und noch stärker zusammenschweißen.

„Mehr brauche ich nicht ...“

Und welchen Herzenswunsch hat Silko Hoffmann für sich selbst? „Nichts. Ich habe genug zu essen, muss nicht hungern, habe eine warme Wohnung, eine wunderbare Freundin und großartige Menschen in meiner Familie und im Verein an meiner Seite. Alles andere sind Luxusprobleme. Wer schon einmal erlebt hat, wie die Augen schwer kranker Kinder strahlen können, wenn man ihnen einen Traum erfüllt, weiß, was ich meine. Mehr brauche ich nicht, um glücklich zu sein.“

Kontakt: Herzenswünsche Oberlausitz e. V., Prof.-Wagenfeld-Ring 130, Weißwasser, Tel. 0172 3552814 //

Büro Spremberg, Badergasse 4, Sprechtag von 14 bis 16 Uhr jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat

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