SZ + Pirna
Merken

Was Corona für die Firmen bedeutet

Die Unternehmen in der Sächsischen Schweiz stellen sich auf die Coronakrise ein. Noch läuft die Produktion. Entscheidungen fallen von Tag zu Tag.

Von Dirk Schulze
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Fräsmaschinen bei 1st Mould in Pirna: Die Mitarbeiter können Abstand zueinander halten.
Fräsmaschinen bei 1st Mould in Pirna: Die Mitarbeiter können Abstand zueinander halten. © Daniel Schäfer

Große Autokonzerne wie VW und Daimler haben ihre Produktion bereits weitgehend gestoppt, beim Wohnmobilbauer Capron in Neustadt jedoch läuft die Fertigung bislang normal weiter. Die Entwicklung rund um das Coronavirus werde intensiv beobachtet, erklärt Marketingleiter Frank Kramer. Die Lage könne sich täglich, teilweise stündlich ändern. Bei der Lieferung von einzelnen Komponenten gebe es bisher keine Probleme. Auch bei der Nachfrage nach seinen Reisemobilen spüre das Unternehmen noch keine Auswirkungen. "Das Interesse ist nach wie vor groß", sagt Kramer.

Videokonferenz statt Dienstreise

Die Erwin Hymer Group, zu der Capron gehört, habe bereits vor einiger Zeit einen Krisenstab installiert, der als erstes einen Pandemieplan erarbeitet hat. Für Risikogebiete gilt ein generelles Reiseverbot, Reisen in andere Gebiete werden auf ein Minimum reduziert. Bereits geplante Dienstreisen oder Tagungen werden durch Video- oder Telefon-Konferenzen ersetzt oder verschoben. Im Werk wurden Desinfektionsmittel-Spender verteilt und die Mitarbeiter auf Hygieneregel wie vermehrtes Händewaschen und Abstand halten sensibilisiert. Externe Besuche im Werk wurden auf das Minimum reduziert.

Für Mitarbeiter mit Kindern bietet Capron jeweils zwei Tage bezahlte Freistellung, um die weitere Betreuung regeln zu können. Weiterhin können sich die Mitarbeiter unter Verrechnung mit ihrem Zeitkonto freistellen lassen, Urlaub nehmen oder sich auch unbezahlt freistellen lassen. Dort wo es möglich ist, kann außerdem im Homeoffice gearbeitet werden.

80 Kilometer Umweg wegen Grenzschließung

Der WEA in Sebnitz macht vor allem die Grenzschließung von Tschechien zu schaffen. Die Wärme- und Energieanlagenbau GmbH beschäftigt insgesamt zehn Mitarbeiter aus dem Nachbarland. Als Berufspendler mit festem Job in Deutschland dürfen sie zwar die Grenze mit Sondergenehmigung noch überqueren, aber das nur an einem der vorgeschriebenen Grenzübergänge. Der nächstgelegene ist Rumburk/Neugersdorf. 

Für die Kollegen, von denen die meisten direkt in Sebnitz' Nachbarstadt Dolní Poustevna und den umliegenden Dörfern wohnen, bedeutet das: Sie müssen erst in die falsche Richtung durch den kompletten Schluckenauer Zipfel fahren und dann auf deutscher Seite außen herum wieder zurück. Aus fünf Kilometern und weniger als zehn Minuten Fahrt werden über 80 Kilometer und gut anderthalb Stunden. 

"Das ist ökologisch und ökonomisch nicht verständlich", sagt WEA-Chef Henner Jordan. Selbst eine Fahrgemeinschaft für alle in einem Kleinbus sei nicht erlaubt, maximal zwei Mann dürfen in einem Pkw sitzen. Eine Ausnahme, den Übergang in Sebnitz zu Fuß zu nutzen, gibt es nicht. "Da müssen wir jetzt durch", sagt Jordan.

Kinderbetreuung im Firmengarten

Florian,  Johanna und Alissia schaukeln im Firmengelände von 1st Mould. Mitarbeiterin Marion Löwe passt auf die Kinder auf. 
Florian,  Johanna und Alissia schaukeln im Firmengelände von 1st Mould. Mitarbeiterin Marion Löwe passt auf die Kinder auf.  © Daniel Schäfer

Der Spritzgussproduzent 1st Mould in Pirna begegnet der Kitaschließung auf ganz eigene Weise. Die Mitarbeiter können ihre Kinder mit in die Firma bringen. Im geschlossenen Außengelände stehen eine Schaukel, ein Sandkasten und Tretautos bereit, drinnen ist ein Speisesaal zur Spielecke umfunktioniert. Zwei Mitarbeiter aus der Verwaltung hat das Unternehmen extra für die Betreuung abgestellt, erklärt Prokuristin Bärbel Wünsche. Das Mittagessen kommt aus der eigenen Küche, für den Mittagsschlaf ist im firmeneigenen Fitnessraum Platz. 

Die Produktion läuft bei 1st Mould bisher unverändert weiter. Lieferengpässe gebe es bisher nicht, erklärt Prokuristin Bärbel Wünsche. In den Sanitärräumen steht Desinfektionsmittel, die Mitarbeiter sind angewiesen, beim Verdacht auf eine Infektion sofort zu Hause zu bleiben.

Entscheidung von Tag zu Tag

Auch ohne Erkrankte ist die Schiekel Präzisionssysteme Dohna betroffen. Die Maschinen sind aus derzeitiger Sicht noch vier Wochen ausgelastet, sagt Personalchefin Jana Merzdorf. Die Anfragen seien jedoch stark rückläufig. "Leider sind staatliche Hilfspakete noch nicht vor Ort angekommen", sagt sie. Das ist etwas, worauf jetzt viele warten. Immerhin kann aber Kurzarbeit einfacher beantragt werden. 

Die Holzindustrie Dresden mit Sitz in Heidenau hat gut gefüllte Auftragsbücher und gesunde Mitarbeiter. "Noch", sagt Mike Auris, Leiter Vertrieb und Kundenservice. "Wir hoffen, dass unsere Kunden, aber auch wir unseren Geschäftsbetrieb weiter aufrecht erhalten können, was aber aufgrund der aktuellen Entwicklung sehr, sehr schwer sein dürfte." So wie alle jetzt, kann sich auch die Holzindustrie nur von Tag zu Tag neu orientieren. (mit SZ/sab)

Noch mehr Nachrichten aus Pirna, Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz.