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Wenn die Leidenschaft zum Motiv wird

Thomas Heide steht für die Lausitzer Füchse am Spielfeldrand.

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Der „Füchsefotograf“ bei der Arbeit: „Tradition, Erfolg und familiäres Miteinander“ hält Thomas Heide für grundlegende Tugenden am Eishockey-Standort Weißwasser.
Der „Füchsefotograf“ bei der Arbeit: „Tradition, Erfolg und familiäres Miteinander“ hält Thomas Heide für grundlegende Tugenden am Eishockey-Standort Weißwasser. © Foto: Steffen Bistrosch

Von Steffen Bistrosch

Weißwasser. Die tiefstehende Herbstsonne schiebt sich durch die Wolken über der Silhouette des Kraftwerks. Ein paar Autos rollen auf den Straßen. Ampeln sind im Stromsparmodus. Einige wenige Fußgänger sind unterwegs. Die meisten von ihnen tragen gelbe oder blaue Trikots, auf denen eine Nummer steht. Und ein Name. Heimspiel im Fuchsbau.

Dort herrscht bereits rege Betriebsamkeit. Versorgungslinien werden in Gang gesetzt, Fässer herangefahren, volle Getränkekisten auf Sackkarren gepackt, der große Grill im Außenbereich raucht, das Pizzaauto klappt den Tresen auf. Immer mehr Frauen und Männer in blauen und gelben Trikots treffen ein. Auf die Trikots gekritzelte Autogramme erinnern an spezielle Momente in ihrem Zuschauerleben. Ein paar Leute an den Stadionkassen.

Die Security bezieht relaxt Posten an den Eingängen, Hände in den Taschen, Zigaretten im Mundwinkel. Serviceleute mit dunkelgrünen Pullovern machen das, was sie tun müssen. In der Stadionkneipe treffen sich die, die immer hier sind.

Im Block C auf einer Bierkiste

Unter der Kneipe, neben der eisigen Spielfläche, steht der Mann, dessen Job hier die Bilder sind. Thomas. In kurzem T-Shirt mit breitem Grinsen. Seit 20 Jahren ist er dabei, seit zehn Jahren mit der Kamera. Immer dann, wenn er gebraucht wird. Fotos für die Presse, das Social Network, die Homepage ... Wie viele Bilder so entstanden sein mögen, vermag er nicht zu schätzen. Eine noch fünf- oder schon sechsstellige Zahl? Sei es drum. Hier geht es um die Sache. Die begann für ihn im alten Fuchsbau. Als 18-jähriger Abiturient stand er für „sein erstes Mal in der letzten Reihe im Block C auf einer Bierkiste“. Ganz hinten, neben der Regiekabine von Radio WSW.

Auf der Fahrt in das heimatliche Naundorf vermehrte sich das Eishockey-Virus schon rasant in seinen Adern. Zu der Zeit ging er noch meist zur Budissa, Fußball gucken. Seine Kamera hatte er auch da schon dabei. Als „Autodidakt“ bezeichnet er sich.

Start mit einem „Testlauf“

Viele Fahrten in den Fuchsbau folgten, meist in Begleitung von Freunden. Die Ausbildung in Dresden tat dem keinen Abbruch. Als Fachinformatiker arbeitet er seit 20 Jahren an der Staats- und Universitätsbibliothek in der Landeshauptstadt. Beständigkeit scheint eine Stärke von ihm zu sein. Irgendwann stellte der damalige Fanratsvorsitzende der Füchse, Silko Hoffmann, den Kontakt zu Pressesprecher Andreas Friebel her. 2009 begann die Kooperation, zunächst mit einem „Testlauf“.

Der war auch nötig. „Unten auf dem Eis läuft das Spiel deutlich schneller als von den Zuschauertribünen aus“, sagt Thomas. „Eine Handvoll Spiele“ habe er gebraucht, „um der Dynamik folgen zu können“. Jetzt ist er als „Veranstaltungsfotograf“ fester Bestandteil des Eissports. „Tradition, Erfolg und familiäres Miteinander“, antwortet er auf die Frage nach drei Worten, mit denen er die innige Verbindung zu den Füchsen treffend beschreiben kann. „Man hätte nach zehn Jahren aufhören können“, sinniert er. Aber „sie lieben ihn alle“. Nicht ihn, den Fotografen, sondern den Eishockeysport in Weißwasser meint er damit. Und dafür verzichtet er auf manches.

Ganz selten hingegen auf die Heimspiele. Am 26. Januar 2014 hat er mal ausgesetzt, da war der errechnete Geburtstermin seines Sohnes, ausgerechnet beim Spiel gegen Dresden! Der kleine Paul wartete das Derby aber noch ab und kam etwas später. Ein ganz wichtiger Punkt im Familienleben ist die Bekanntgabe des Spielplanes für die kommende Saison. Dann werden die Termine für die Familie „gebaut“. Seine Lebenspartnerin Steffi hält ihm den Rücken frei. „Sie managt das Drumherum“, sagt er. Dafür ist er „überaus dankbar“.

Und wie ist das in Dresden als Füchsefotograf? Er grinst. „Entspannt“, sagt er. Gelegentlich käme schon ein Spruch, aber das gehöre dazu. Manchmal helfe er auch bei den Eislöwen oder den Eispiraten in Crimmitschau aus. Das sei kein Problem. „Es gibt kein böses Blut“ auf seiner Ebene zwischen den Vereinen.

Zahlen, Daten und Ereignisse

Das Herz freilich schlägt für die Füchse. Zahlen, Daten und Ereignisse sind wie Bilder in seinem Kopf sortiert. Auf Abruf. Gerne erinnert er sich an das „Technische Tor“ von Chris Straube am 7. März 2007 gegen 21.50 Uhr in dem Abstiegskrimi. Die hoch favorisierten Dresdener stiegen ab, Weißwasser als Tabellenletzter der Vorrunde blieb in der Liga. Oder ein Jahr später der sportliche Abstieg im siebenten Spiel gegen den REV Bremerhaven, der dann wegen der Insolvenzen von Essen und Regensburg am Grünen Tisch vermieden wurde.

Davon sind die Füchse jetzt ein Stück entfernt. Von der Meisterschaft wohl auch. Träumen ist allerdings erlaubt. Einmal die Hände am Pokal ...

Kontinuierliche Entwicklung

Was Geschäftsleitung und Füchsefamilie in den letzten Jahren gemeinsam gestemmt haben, kann sich aber auch ohne Meisterschaft sehen lassen, ist Thomas Heide überzeugt. Die neue Eishalle, das Erfüllen der gestiegenen sportlichen Erwartungen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung betrachtet er mit Freude.

Und der Blick in die Zukunft? Thomas wägt die Worte ab. Der neuerliche Umbruch in der Region bringe nicht nur die Lausitzer Füchse in eine schwierige Situation, meint er. Das betreffe alle Vereine, die Einwohner, die Kommunen, die Wirtschaft ohnehin. Er hoffe auf ein Gelingen, Optimismus sei hilfreicher als Skepsis.

Wie lange wird er den Weg aus Dresden nach Weißwasser noch auf sich nehmen? Thomas lacht: „Solange die Füchse mich wollen.“ Und was wird der Junior, der inzwischen fünfjährige Paul? Fotograf oder Eishockeyspieler? „Das darf er selbst entscheiden“, sagt Thomas Heide und geht zu seinem Arbeitsplatz hinter der Bande.

Die gegnerischen Spieler laufen aufs Eis. Thomas Heide packt sein Equipment aus. Beim „Teddybear Toss“ werden Hunderte Plüschtiere auf das Eis fliegen. Nachwuchsspieler und Cheerleader werden vier große blaue und gelbe Containerboxen damit bis zum Rand füllen. Viereinhalbtausend Liter Emotionen. Leute machen Bilder. Die Lausitzer gehen zufrieden nach Hause, die Gäste sind enttäuscht. Thomas hält seine Kamera drauf. Es ist noch lange nicht genug. „Hoffentlich“, sagen sie hier.