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Wie ein fast verlorenes Haus gerettet wird

Nachdem sie fünf Kinder großgezogen haben, wagen sich Hofmanns an ein Großprojekt. Das sieht schon gut aus – aber nur auf den ersten Blick.

Von Heike Heisig
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Nachdem der erste Rettungsversuch nach der Wende gescheitert ist, wollen Sylvia und Ulrich Hofmann dem Altstadthaus Niedermarktgasse 5 nun wieder Leben einhauchen.
Nachdem der erste Rettungsversuch nach der Wende gescheitert ist, wollen Sylvia und Ulrich Hofmann dem Altstadthaus Niedermarktgasse 5 nun wieder Leben einhauchen. © Dietmar Thomas

Leisnig. Eine nach der Wende frisch gestrichene Fassade, grüne Holzfenster, ein offenbar neues Dach und Fachwerk auf der Rückseite – eigentlich sieht das Haus an der Niedermarktgasse 5 ganz passabel aus. Doch Sylvia (52) und Ulrich Hofmann (55) haben ganz genau hingesehen: Ein Teil der Holzfenster ist angesichts mangelnder Pflege verschlissen. Zum Dach ist Feuchtigkeit eingedrungen, die Unterziehbahnen hängen in Fetzen an der Wand herab. „Sämtliche Dachziegel müssen runtergenommen und die Unterkonstruktion erneuert werden“, sagt Sylvia Hofmann. 

Trotzdem haben sie und ihr Mann das Gebäude im Herbst vergangenen Jahres von der Kommune gekauft. Die beiden wohnen an der Oberlanggasse sozusagen gegenüber: „Seit 20 Jahren habe ich diese Ruine vor der Nase“, erzählt die 52-Jährige. Sie finde, dass es nun Zeit sei, daran etwas zu ändern. Doch wieso gerade jetzt? „Wir haben fünf Kinder großgezogen. Da war an so ein Projekt nicht zu denken“, erklärt Sylvia Hofmann.

Vor ungefähr 15 Jahren hätten die Hofmanns das Haus wahrscheinlich nicht einmal geschenkt haben wollen. Um diese Zeit ist das überaus marode Eckgebäude zur Oberlanggasse weggekommen. Danach bestand die Gefahr, dass der Nachbar – die Niedermarktgasse 5 – nachrutscht. Fotos von damals zeigen angegammelte Balken und einsturzgefährdete Decken. Die Kommune war zum Handeln gezwungen, musste statische Sicherungen vornehmen. Durch die ist das Gebäude von der Struktur her aufgeräumt. Ansonsten wurden begonnene Sanierungsarbeiten nie zu Ende gebracht. So übernahmen die Hofmanns eine Immobilie, die halbfertig scheint, aber noch eine Menge mehr Arbeit erfordert, als ein normaler Rohbau.

Davor schrecken die beiden allerdings nicht zurück. Als Tischlermeister hat Ulrich Hofmann schon an vielen Gebäudesanierungen mitgearbeitet. Seine Referenzliste ist lang. Für das Haus an der Niedermarktgasse hat er sich inzwischen eine alte Holztür mit Glaseinsatz auf dem Berghof in Trebsen besorgt. Die will er aufarbeiten. Dass das eine Menge Zeit kosten wird, weiß der 55-Jährige ganz genau – ein Pendant hat er bereits hergerichtet. Es ist ein Schmuckstück und ein Hingucker in Blau geworden.

Für die Niedermarktgasse 5 laufen jetzt noch die Planungen. Bislang haben die Hofmanns „lediglich“ eine Bautreppe eingebaut, um Aufmaße und Ähnliches nehmen zu können. Nach ihren Vorstellungen wollen sie die unteren beiden Etagen so ausbauen, dass sie vermietet werden können. Oben soll sich der 22-jährige Sohn, der auch Tischler und Glaser ist und im väterlichen Betrieb mitarbeitet, eine Wohnung nach seinem Geschmack herrichten. Möglicherweise entsteht als eine Art Anbau noch eine Werkstatt oder eine Unterstellmöglichkeit für Fahrzeuge. Immerhin sind Parkplätze in der Innen- und Altstadt Leisnigs knapp. „So genau wissen wir das noch nicht. Mal sehen, was möglich ist“, sagt Sylvia Hofmann, die an der Chemnitzer Straße ein Gardinengeschäft führt.

Sie und ihr Mann sagen, dass alles nur in kleinen Schritten vorangehen wird. Trotzdem haben sie dabei ein gutes Gefühl. Denn tatenlos zuzusehen, wie die Altstadt verfällt, das wollen die Hofmanns nicht. Daher gehören sie einer Gruppe von Ehrenamtlichen an, die helfen will, für alte Häuser in Leisnig Eigentümer zu finden, die sie wieder herrichten.

„Wir haben geschäftlich noch hin und wieder in Leipzig zu tun, wo wir ja eigentlich auch herkommen“, erzählt Sylvia Hofmann. Sie wird nicht müde, für Leisnig zu werben. „Wir finden es so schön hier“, sagt sie inzwischen frei heraus. Anfangs sei sie nicht grade begeistert gewesen, als ihr Mann sie mit dem Plan konfrontierte, nach Leisnig ziehen zu wollen. Doch Ulrich Hofmann war nicht davon abzubringen und so belebte er die Werkstatt seines Großvaters Alfred Hofmann wieder. „Ich war als Kind oft in den Ferien hier und bin jeden Morgen vom Kreissägengeheul geweckt worden. Später habe ich mit in der Werkstatt gestanden“, erzählt der 55-Jährige. Etwas anderes als Tischler zu werden, sei für ihn nie infrage gekommen.

So sieht das Haus Niedermarktgasse 5 schon jahrelang aus. Vermeintlich Neues ist schon kaputt.
So sieht das Haus Niedermarktgasse 5 schon jahrelang aus. Vermeintlich Neues ist schon kaputt. © Dietmar Thomas
Ulrich Hofmann zeigt eine alte Holztür, die er auf dem Bergehof in Trebsen entdeckt hat. Die arbeitet er auf.
Ulrich Hofmann zeigt eine alte Holztür, die er auf dem Bergehof in Trebsen entdeckt hat. Die arbeitet er auf. © Dietmar Thomas
er Abriss des Eckgebäudes Niedermarkt-/Oberlanggasse hat das Nachbarhaus wahrscheinlich gerettet.  
er Abriss des Eckgebäudes Niedermarkt-/Oberlanggasse hat das Nachbarhaus wahrscheinlich gerettet.   © Dietmar Thomas