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Wirtschaftsball zwischen Corona und Casino

Im Riesaer Stern trafen Sonnabend regionale Unternehmer zusammen. Ein heiterer Abend – mit ernsten Zwischentönen.

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Tanzen gehört dazu: OB Marco Müller (CDU, vorn) und Frau Kathleen Kunze gehörten zu den ersten Paaren auf dem Parkett beim Riesaer Wirtschaftsball.
Tanzen gehört dazu: OB Marco Müller (CDU, vorn) und Frau Kathleen Kunze gehörten zu den ersten Paaren auf dem Parkett beim Riesaer Wirtschaftsball. © Eric Weser

Riesa. Das Blaulicht war ein ständiger Begleiter: Angefangen vom Auftritt der Kinder- und Jugendfeuerwehr. Über die Lichtinstallation an der Fassade des Stern – bis hin zur Beleuchtung im Saal, die den ganzen Abend über in Blau gehalten war.

Von Kühle, die mancher mit blau verbindet, war beim fünften Riesaer Wirtschaftsball aber nichts zu spüren. In entspannter Atmosphäre trafen am Samstagabend in der Riesaer Stadthalle Vertreter der regionalen Wirtschaft zusammen. 250 Gäste und damit ähnlich viele wie in den Vorjahren waren der Einladung von OB Marco Müller (CDU) und der FVG gefolgt.

Darunter viele bekannte Gesichter: Die Geschäftsführer der städtischen Gesellschaften sowie deren Töchter- und Enkelfirmen, etliche Vertreter aus den Elblandkliniken, Inhaber von Einzelhandelsgeschäften, von Ingenieur- und Handwerksfirmen, Anwälte und etliche mehr.

Dass die Begrüßung der Besucher diesmal körperlich etwas distanzierter ausfiel als sonst, liege auch am Corona-Virus, so Marco Müller. „Wir haben uns ein wenig anstecken lassen von der Hysterie“, scherzte der Gastgeber zu Beginn. „Zumal wir nicht wussten, wen man von ihnen gerade vom Schiff herunter oder aus dem Flugzeug ins Land gelassen hat.“

Ex-Kommissar auf der Couch

Die Epidemie wurde auch später am Abend noch humoristisch aufgegriffen: Moderator Marco Branig bot seinen drei Interviewgästen auf dem Sofa jeweils das mexikanische Bier der Marke Corona an. Steffen Zastrow, Chef der Urologie im Riesaer Krankenaus, und die Vize-Chefin der Riesaer Berufsakademie Katja Soyez lehnten allerdings dankend ab. Nur Riesas ehemaliger Polizeirevierleiter Herrmann Braunger, seit 50 Tagen im (Un-)Ruhestand, griff beherzt zu.

Mit Braunger schloss sich einmal mehr der Kreis zum Blaulicht: Er plauderte darüber, dass er wie Polizeiautos aussehende Zivilfahrzeuge für „Prävention pur“ hält, denn dann müsse die Polizei niemanden herumschicken. Braunger unterstrich zudem, dass Riesa heute so sicher sei wie noch nie in den vergangenen 25 Jahren.

Das dürfte auch Neu-Riesaer Steffen Zastrow gern gehört haben, der vor einem Jahr von Dresden in die Stadt umgezogen ist. Hier zu leben sei stressfreier als täglich zu pendeln und man sei näher bei den Patienten, so der Mediziner. Für das Lob, dass er Riesa in den vergangenen Monaten schätzen gelernt habe, weil man in der Stadt entspannter lebe als in Dresden, gab es Applaus vom Publikum.

BA-Vizechefin Katja Soyez indes hegt keine Pläne, nach Riesa umzuziehen. „Für Lehrende ist es gut, wenn man Abstand zwischen Lehr- und Wohnort bringt.“ Die Anziehungskraft der Stadt auf potenzielle Studenten könnte größer sein, sagte sie. Es sei nicht einfach, Studierende für den Standort zu begeistern, so Soyez, die zum Tag der offenen Tür in der BA am 14. März einlud.

Angestrahlt: Die Riesaer Firma MyWay hüllte die Fassade der Stadthalle Stern in Licht.
Angestrahlt: Die Riesaer Firma MyWay hüllte die Fassade der Stadthalle Stern in Licht. © Eric Weser
Mit Strahlkraft: Die LED-Bildschirme über der Bühne kamen erstmals zum Einsatz.
Mit Strahlkraft: Die LED-Bildschirme über der Bühne kamen erstmals zum Einsatz. © Eric Weser
Im Einsatz: Die Kinder- und Jugendfeuerwehr zeigte im Saal, was sie drauf hat – und erstickte eine Flamme.
Im Einsatz: Die Kinder- und Jugendfeuerwehr zeigte im Saal, was sie drauf hat – und erstickte eine Flamme. © Eric Weser
Im Rampenlicht: Die Leiterin des Nünchritzer Wacker-Chemiewerks Jutta Matreux bei ihrer Festrede.
Im Rampenlicht: Die Leiterin des Nünchritzer Wacker-Chemiewerks Jutta Matreux bei ihrer Festrede. © Eric Weser
Zwei Unterhalter: Nicht nur Moderator Marco Branig (l.) konnte Lacher für sich verbuchen, auch Jung-Feuerwehrmann Edwin Salado bekam Applaus.
Zwei Unterhalter: Nicht nur Moderator Marco Branig (l.) konnte Lacher für sich verbuchen, auch Jung-Feuerwehrmann Edwin Salado bekam Applaus. © Eric Weser
Trio im Interview: Marco Branig (r.) plauderte mit BA-Vizechefin Katja Soyez, dem Urologen Steffen Zastrow und Ex-Polizeirevierchef Hermann Braunger (v.l.n.r.)
Trio im Interview: Marco Branig (r.) plauderte mit BA-Vizechefin Katja Soyez, dem Urologen Steffen Zastrow und Ex-Polizeirevierchef Hermann Braunger (v.l.n.r.) © Eric Weser
Schwarzer Humor: Für die Interviewgäste war in einem Kühlschrank auf der Stern-Bühne Corona-Bier kalt gestellt – eine Anspielung auf das gleichnamige Virus, das derzeit in aller Munde ist.
Schwarzer Humor: Für die Interviewgäste war in einem Kühlschrank auf der Stern-Bühne Corona-Bier kalt gestellt – eine Anspielung auf das gleichnamige Virus, das derzeit in aller Munde ist. © Eric Weser
Helle Freude: Bei der Versteigerung  nach dem Abendessen ergatterte eine Besucherin ein Trikot von RB Leipzig mit Originalunterschriften der Fußballprofis darauf.
Helle Freude: Bei der Versteigerung nach dem Abendessen ergatterte eine Besucherin ein Trikot von RB Leipzig mit Originalunterschriften der Fußballprofis darauf. © Eric Weser
Mit Groove: Die Liveband Lightning Family spielte später am Abend tanzbare Musik.
Mit Groove: Die Liveband Lightning Family spielte später am Abend tanzbare Musik. © Eric Weser
Für Spieler: Wer Abwechslung zu Gesprächen am Tisch oder Tanz suchte, konnte im mobilen Casino neben dem Stern-Saal vorbeischauen.
Für Spieler: Wer Abwechslung zu Gesprächen am Tisch oder Tanz suchte, konnte im mobilen Casino neben dem Stern-Saal vorbeischauen. © Eric Weser
Rund 250 Gäste waren beim fünften Riesaer Wirtschaftsball laut den Organisatoren dabei.
Rund 250 Gäste waren beim fünften Riesaer Wirtschaftsball laut den Organisatoren dabei. © Eric Weser

Bei viel Humor waren an dem Abend aber auch immer mal wieder ernste Zwischentöne zu hören. Sei es die Kritik am verfallenden Kasernengebäude auf der Riesaer Heinestraße, das „eine Zeitreise ermögliche ohne sich groß bewegen zu müssen“, wie es in einem eingespielten Video hieß. Oder auch bei Festrednerin Jutta Matreux, seit vorigem Jahr Leiterin des Wacker-Chemiewerks in Nünchritz. Sie wünsche sich etwas weniger Post vom Landratsamt. „Ich verspreche auch künftig, mich mehr an die Geschwindigkeitsregelung zu halten.“

In ihrer Rede hatte die Managerin zuvor wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen kritisiert, allem voran die hohen Strompreise in Deutschland, die es der Industrie international schwer machen würden. „So einen Wettbewerbsnachteil können Sie auch durch beste Technologie nicht ausgleichen.“

Die aus Unterfranken stammende Wahlsächsin wurde zudem politisch, kritisierte in ihrer Rede „radikale und unreflektierte Meinungen“, die ihr im Wahljahr 2019 begegnet seien. Sie bat die Gäste in ihren Firmen, Vereinen und Familien, für Toleranz und Demokratie einzustehen.

Mit Blick auf jüngste Meldungen zu Stellenabbau bei Wacker Chemie sagte sie, sie werde alles daran setzen, die Erfolgsgeschichte von Wacker in Nünchritz weiterzuschreiben. „Eine starke Verbesserungskultur der eigenen Prozesse gehört seit jeher zu den Kernelementen der deutschen Industrie.“

OB versteigert sich

Verbessert haben dürfte der Wirtschaftsball unterdessen die finanzielle Lage der Riesaer Kinder- und Jugendfeuerwehr. Nach dem Abendessen gab es eine mehrteilige Auktion zugunsten des Retternachwuchses. Einen regelrechten Freudentanz führte eine Ballbesucherin auf, die das von FVG-Geschäftsführer John Jaeschke besorgte Trikot des Fußballbundesligisten RB Leipzig für ihren Sohn ersteigern konnte. Auch mehrere Damen an einem Tisch, die einen Stadtrundgang mit dem OB samt anschließendem Essen errungen hatten, frohlockten.

Nach den Versteigerungen ging es zum beschwingten Teil des Abends mit der Liveband Lightning Family über. Mancher schaute im Nebenraum des Saals im extra aufgebauten mobilen Casino vorbei. Andere unterhielten sich weiter mit ihren Tischnachbarn, während die 15 Servicekräfte der FVG wieselflink für Getränkenachschub sorgten.

Erfahrungsgemäß laufen die Riesaer Wirtschaftsballabende bis in die frühen Morgenstunden hinein. Denkbar, dass auch bei der diesmal fünften Ausgabe die letzten Gäste erst in der Morgendämmerung den Weg nach Hause gefunden haben – zur blauen Stunde.