SZ + Großenhain
Merken

Wolf spaziert am Hühnerstall herum

Ein ungewöhnlicher Besuch in einer Stallanlage des Großenhainer Geflügelhofes. Was bleibt, sind einige Fragen.

Von Birgit Ulbricht
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
In Lodenau/Ungunst (Landkreis Görlitz) hat der Großenhainer Geflügelhof auch einen großen Stall, und kürzlich kam Besuch – vom Wolf.
In Lodenau/Ungunst (Landkreis Görlitz) hat der Großenhainer Geflügelhof auch einen großen Stall, und kürzlich kam Besuch – vom Wolf. © André Schulze

Diesen Schreck wird der Mitarbeiter des Großenhainer Geflügelhofes seinen Lebtag nicht vergessen. Er kommt ahnungslos um die Ecke der 40.000er-Stallanlage in Lodenau (Landkreis Görlitz) gelaufen und wer steht da in aller Ruhe? Der Wolf. Weglaufen? Laut rufen? Einfach so tun, als wäre nichts. Auch wenn sich niemand zu dem Vorfall offiziell äußern will, diskutiert wird er unter den Tierhaltern. Schließlich ist zum ersten Mal ein Wolf in eine komplett umzäunte Stallanlage hineinspaziert – vermutlich durch verbogenes Drahtgeflecht, das Wildschweine im Ort immer wieder hochwühlen.

Das Ganze ereignete sich bei Lodenau in einer Legeanlage des Großenhainer Geflügelhofes, und er hat die Behörden alarmiert. Kreisforstamt, Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ und Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt des Landkreises Görlitz traten sofort in Aktion.

Zwar hat der Wolf kein Huhn angerührt, aber der einsame Spaziergänger wirft natürlich Fragen auf. Wie sollen sich etwa Mitarbeiter verhalten, wenn sie unvermittelt einem Wolf gegenüberstehen? Und wie verhält sich der Wolf, wenn er – vielleicht aufgeschreckt – durch den Zaun nicht einfach den Rückzug antreten kann? Würde er, falls er bedrängt würde, zum Angriff übergehen? Fragen über Fragen.

Die nach der Tierhygiene sind da noch gar nicht gestellt, falls er wirklich durch eine der Freilaufklappen in den Stall selbst eindringen würde. Bisher ist niemand davon ausgegangen, dass sich ein scheues Raubtier wie der Wolf in solch eine Großanlage traut. Oder ist der Wolf am Ende gar nicht so scheu, wie wir glauben? Dass der Wolf inzwischen sogar Schüsse auf Treibjagden als Futtersignal versteht und sich gezielt in Treibjagden hineinbegibt, statt zu fliehen, das bestätigte erst kürzlich Riss-Gutachter Christoph Egert, der im Jahr als Nachsucher mit seinem Hund Cedrik zu rund 40 Treibjagden gerufen wird. Dem Stall-Spaziergänger schenkten die Behörden daher sofort Aufmerksamkeit.

Gleich nach Eingang der Meldung protokollierten zwei Mitarbeiter des Landkreises Görlitz vor Ort den Vorfall, so Franziska Glaubitz, Sprecherin des Landkreises Görlitz. Demnach ging ein Mitarbeiter um das Stallgebäude herum und stand plötzlich vor dem Wolf, welcher an einer Stelle im Gras schnüffelte. Seitdem hängt in der Anlage eine Wildkamera.

Ob jemals wieder ein Wolf in die Fotofalle tappt, ist ungewiss. Dieser Wolfs-Spaziergänger suchte jedenfalls am Ende das Weite durch den kaputten Zaun im Außengelände. Auch der ist wieder geflickt und wird täglich kontrolliert. Den niedrigen Zaun des Stallauslaufes hat er nicht übersprungen. Beide Zäune sind immens wichtig, um zu verhindern, dass Wildtiere wie Schwarzwild, Fuchs und nun der Wolf Krankheiten einschleppen. Und sollte man doch mal einem Wolf gegenüberstehen? Franziska Glaubitz rät: Begegnet man einem Wolf, zieht er sich meist zurück, sobald er den Menschen bemerkt.

Sollte der Wolf sich nicht zurückziehen und man sich in der Situation unwohl fühlen, können Menschen den Wolf vertreiben, indem sie laut rufen oder in die Hände klatschen. Für den Fall, dass das Tier darauf nicht reagiert, sollte man sich langsam zurückziehen. Der Mensch sollte jedenfalls nicht versuchen, sich einem Wolf anzunähern und schon gar nicht, ihn anzulocken. Und: Lassen Sie dem Raubtier immer Raum für den Rückzug.