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Iris Berben: Zum Geburtstag einen Quotensieg

Die Schauspielerin Iris Berben begeistert ihr Publikum als Ulknudel ebenso wie als Charakterdarstellerin. Jetzt ist sie 70. Ans Altern denkt sie nicht.

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Iris Berben im Februar auf der Eröffnungsgala der 70. Berlinale. Am Mittwoch wird die Schauspielerin nun selbst 70 Jahre alt.
Iris Berben im Februar auf der Eröffnungsgala der 70. Berlinale. Am Mittwoch wird die Schauspielerin nun selbst 70 Jahre alt. © Britta Pedersen/dpa

Mehr als 150 Rollen, eine lange Liste mit Preisen, politisch engagiert, ein Leben mit Geheimnissen: Wenn es eine Fernsehkönigin gäbe, dann wäre es Iris Berben. Im deutschen Film- und TV-Geschäft gibt es nur wenige Schauspielerinnen, die in ihrer Liga spielen. Am Mittwoch wird Iris Berben 70 Jahre alt.

Ein Fernsehkollege sagt, sie sei eine Diva – wenn das positiv für eine ausdrucksstarke Frau gemeint ist. Sie lache gern über sich selbst. Wer sie trifft, merkt: Sie ist eine nachdenkliche Frau, die sich gut überlegt, was sie sagt. Ihre Stimme hat Gewicht. Sie weiß, dass sich eine unbedachte Äußerung schnell verselbstständigt. Zum Thema Alter ist Berben, mittlerweile zweifache Großmutter, oft gefragt worden. So oft, dass ein Artikel einmal nur Interviewfragen dazu versammelte. „Super, oder? Andere nehmen so viel mehr an meinem Alter Anteil als ich selbst. Ich lebe einfach von einem Tag zum nächsten“, sagt sie.

Start mit „Sketchup“

Charakterdarstellerin, Sexsymbol, Ulknudel. Etiketten hatte sie in ihrer Filmkarriere einige. Ihr Leben im Schnelldurchlauf: Geboren in Detmold bei Bielefeld, aufgewachsen in Hamburg, von der Schule geflogen, in der 68er-Protestszene gelandet, bei Demos mitmarschiert. Erste Filme mit den Programmkino-Größen Rudolf Thome und Klaus Lemke. Die Fernsehzuschauer kennen sie seit den 70ern, seit „Zwei himmlische Töchter“ mit Ingrid Steeger, später folgte „Sketchup“ mit Diether Krebs – mit Einschaltquoten von 40 Prozent.

Ein Meilenstein war die Familienserie „Das Erbe der Guldenburgs“, in den 80er-Jahren Deutschlands Antwort auf den „Denver-Clan“. Ein Kritiker fand: „Selten gab es Iris Berben besser als in der Rolle der labilen Grafentochter.“ Später kamen „Die Patriarchin“, „Die Buddenbrooks“, „Der Wagner-Clan“, „Die Protokollantin“, „Hanne“. Fernsehen mit Anspruch. Aber auch Internationales ist dabei: Mit Cannes-Gewinner Ruben Östlund („The Square“) drehte sie aktuell das satirische Drama „Triangle of Sadness“.

Fast 20 Jahre lang, bis 2013, spielte sie die ZDF-Kommissarin „Rosa Roth“ – wie so oft ein Gemeinschaftswerk mit ihrem 1971 geborenen Sohn Oliver Berben, einem der wichtigsten Produzenten in Deutschland. Das führt zum Kapitel „Privates“. Sie lebt in Berlin. Ganz früher war sie mal mit dem Sänger Abi Ofarim liiert, mehr als 30 Jahre war sie mit dem israelischen Geschäftsmann Gabriel Lewy zusammen, danach folgte bis heute der Stuntman und Unternehmer Heiko Kiesow. „Mein Partner“ nennt sie ihn.

Die Schauspieler Iris Berben (l), Friedrich von Thun und Christiane Hörbiger im Jahr 1988 in der ZDF-Serie "Das Erbe der Guldenburgs".
Die Schauspieler Iris Berben (l), Friedrich von Thun und Christiane Hörbiger im Jahr 1988 in der ZDF-Serie "Das Erbe der Guldenburgs". © Fischer/dpa
Iris Berben im Jahr 2007 als Konsulin Bethsy Buddenbrook und Armin Mueller-Stahl als Konsul Jean Buddenbrook bei Dreharbeiten zu dem Kinofilm "Die Buddenbrooks". 
Iris Berben im Jahr 2007 als Konsulin Bethsy Buddenbrook und Armin Mueller-Stahl als Konsul Jean Buddenbrook bei Dreharbeiten zu dem Kinofilm "Die Buddenbrooks".  © Jörg Carstensen/dpa
Die Bedrohung durch einen anonymen Stalker nimmt die ehemalige Showbiz-Diva Simone Mankus (Iris Berben) sichtlich mit in einer Szene des Thrillers "Nicht tot zu kriegen".
Die Bedrohung durch einen anonymen Stalker nimmt die ehemalige Showbiz-Diva Simone Mankus (Iris Berben) sichtlich mit in einer Szene des Thrillers "Nicht tot zu kriegen". © Alexander Fischerkoesen/ZDF/dpa
Am 12. August 2020 wird Iris Berben 70 Jahre alt.
Am 12. August 2020 wird Iris Berben 70 Jahre alt. © Jens Kalaene/dpa
Iris Berben und ihr Sohn, Filmproduzent Oliver Berben.
Iris Berben und ihr Sohn, Filmproduzent Oliver Berben. © Ursula Düren/dpa
 Schauspielerin Iris Berben kommt 2018 mit ihrem Partner Heiko Kiesow zur Preisverleihung der Berlinale.
 Schauspielerin Iris Berben kommt 2018 mit ihrem Partner Heiko Kiesow zur Preisverleihung der Berlinale. © Britta Pedersen/dpa

Ein wichtiger Begleiter in ihrem Leben war auch Terrier Paul, der vor zwei Jahren starb. Wie wäre es mit noch einem Hund? „Mit Paul Berben kann keiner mithalten. Er ist die große Liebe. Er war 17 Jahre bei mir und ist immer noch da. Er lässt mich nicht los, um anderen Platz zu geben.“

Besonders am Herzen liegt ihr Israel. Sie drehte eine Fernsehreportage über das Land, engagiert sich gegen Antisemitismus und bekam den renommierten Leo-Baeck-Preis. Aus gleichem Grund sollte sie beim Dresdner Semperopernball 2015 mit dem St. Georgs-Orden geehrt werden. Der wachsende Zulauf bei den Pegida-Demonstrationen ließ sie zunächst zögern, den Preis anzunehmen. Schließlich verhinderte eine Grippe-Infektion ihre Teilnahme am Ball und somit auch die Ordensverleihung.

Eine andere Dresdner Auszeichnung hatte sie zuvor bereits entgegengenommen. Im September 2014 ehrte sie der Presseclub Dresden auf Schloss Albrechtsberg mit seinem Erich-Kästner-Preis. Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro spendete sie dem Verein „Gesicht zeigen!“, der sich gegen Rechtsextremismus einsetzt. Auch das deutsche Kino hat sie als eine Fürsprecherin. Sie war neun Jahre lang Präsidentin der Deutschen Filmakademie, war die Stimme der Branche und hat sich auch in der MeToo-Debatte zu Wort gemeldet. Was sie da über den einst mächtigen Regisseur Dieter Wedel sagte, war wenig schmeichelhaft. An ihrem Geburtstag sendet das Erste um 20.15 Uhr einen neuen Iris-Berben-Film, der von Alter und Vergänglichkeit handelt. In „Mein Altweibersommer“ spielt sie die Lebensmitteltechnikerin Ebba, die ihren Mann betrügt und mit einem Zirkusdirektor durchbrennt; die Reise führt vom Designerhaus zum Lagerfeuer an der polnischen Ostsee.

Diva spielt Diva

Bereits am Montag lief im ZDF der Thriller „Nicht tot zu kriegen“. Darin spielte Berben eine alternde Schauspieldiva mit Pelzmantel und Vorliebe für Rosésekt, die sich gerne ihre alten Filme ansieht. Ein Stalker bedroht sie, ein Ex-Polizist soll ihr als Bodyguard helfen. Ein klassischer ZDF-Thriller mit etwas München-Touch wie in der Serie „Kir Royal“. Damit fuhr sie am Montagabend den klaren Quotensieg ein: 4,75 Millionen und damit 18,6 Prozent der Zuschauer schalteten dafür ein.

Kennt Iris Berben das Diven-Szenario aus dem Film? Als sie in der Vorbereitung alte Fotos und Filme durchguckte, sei sie, die von den wilden 60ern und 70ern geprägt ist, ins Grübeln gekommen. „Natürlich bleibt man da hängen und denkt: Hat man eigentlich noch diese Rotzigkeit wie mit 20? Dieses Gefühl, mir gehört sowieso die Welt. Ja, das war eine tolle Zeit und daher gibt es nun auch etwas Melancholie.“

Vor ihrem 70. Geburtstag spricht der Freigeist aus ihr: „Ich will wissen, was noch möglich ist. Ich bin noch furchtloser geworden, gesichertes Terrain zu verlassen.“ Den Geburtstag feiert sie nicht. Sie dreht. „So wie ich gerne feiern würde, geht es ja dieses Jahr nicht. Und Champagner kann ich auch alleine trinken.“ (SZ/dpa)