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Zwischen Prachtregion und Höhepunkten

Um die Werbeslogans auf Hosen herrscht in der Volleyball-Welt helle Aufregung. Jetzt mischt der VC Dresden mit.

Von Alexander Hiller
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Über diese Rückansicht diskutiert die Volleyball-Bundesliga.
Über diese Rückansicht diskutiert die Volleyball-Bundesliga. © nordphoto

Die sportlichen Schlagzeilen über die Volleyballerinnen des VfB Suhl, die am Sonnabend den DSC empfangen, sind eher spärlich, weil die Leistungskurve des Erstligisten seit Jahren leicht bergab zeigt. Dafür wird in der Szene kontrovers über die Hinterteile der Thüringerinnen diskutiert – oder vielmehr über den Werbeslogan, der darauf prangt. Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen im Südwesten Thüringens hat sich die vielbeschaute Fläche gesichert und wirbt mit dem Aufdruck „prachtregion.de“ – wie der Slogan impliziert – für die Region. Das ist natürlich doppeldeutig. Und hat mithin seinen Zweck erfüllt: erhöhte Aufmerksamkeit.

Allerdings liegt dem Deutschen Werberat mindestens eine Beschwerde gegen diese Werbung auf dem Po vor. Nach Ansicht der Beschwerdeführer stellt diese Form eine Herabwürdigung der Spielerinnen dar, die auf ihre Körperlichkeit reduziert würden. Die Werbewächter fordern den Landkreis zu einer Stellungnahme auf. „Ich finde, es gibt nur eine Gruppe von Frauen, die darüber entscheiden kann, ob diese Werbung herabwürdigend ist: die Spielerinnen, die sie tragen“, meint die unabhängige Werbetexterin Nadia al Mardini aus Berlin. „Die Pressefotos machen auf mich nicht den Eindruck, als würden die Spielerinnen sich diskriminiert fühlen, sie scheinen es witzig zu finden. Und das ist ihr gutes Recht. Sobald sich auch nur eine der Frauen damit nicht wohlfühlt, muss es allerdings weg“, urteilt die Fachfrau, die als Freelance Creative Director Text arbeitet.

Gute, exklusive Werbefläche

Bereits in der vergangenen Saison musste der Rat über einen Po-Slogan der VfB-Volleyballerinnen entscheiden. Ein Vertreiber von Gewerbeimmobilien hatte mit „beste-lage.com“ auf den knappen Hosen geworben. „Der Werberat sieht in dem Abdruck der Webpräsenz auf den Hosen der Volleyballerinnen keine Herabwürdigung“, hieß es in einer Stellungnahme. Es sei klar, dass die beworbene Lage der Gewerbeimmobilien gemeint sei, so der Werberat. Klar ist freilich auch, dass es in Thüringen unglaublich schöne Gebiete gibt.

Die skurrile Anekdote wird nun durch eine männliche Note erweitert. Die Drittliga-Volleyballer des VC Dresden tragen auf der Rückseite ihrer Hosen den Werbeschriftzug: „Erlebnisfabrik – wir schaffen Höhepunkte.“ Ebenfalls zweideutig. Wobei, anatomisch betrachtet stünde der Slogan dann wohl auf der falschen Hosenseite.

Die Erlebnisfabrik, die Geschenkideen entwickelt, ist ein Projekt der Event-Agentur von Frank Schröder, der auch das Dresdner Stadtfest organisiert. „Diese Slogans werden ja nicht extra für entsprechende Körperregionen kreiert“, sagt Schröder. Der Spruch soll den Wiedererkennungswert des Unternehmens erhöhen, widerspiegeln. Schröders Firma, die den VC seit dieser Saison unterstützt, hat die Hosenrückseite als „gute, weil exklusive Werbefläche“ für sich entdeckt. Die Aufregung um die Suhler Rückansichten teilt er nicht. „Thüringen ist eine sehr schöne Region“, sagt er.

Sven Dörendahl, Sportdirektor und Vereinsboss des VC Dresden, ist zunächst einmal über jeden neuen Unterstützer froh. Wenn sich dann auch noch die entsprechenden Marketingsprüche mehrdeutig interpretieren lassen, umso besser. Schließlich will sein Verein, derzeit Tabellenzweiter in der 3. Liga Ost, über kurz oder lang wieder eine Etage höher spielen. Das könnte man, nicht nur dem Wortsinn nach, als Höhepunkt begreifen. „Wir haben uns anfangs schon sehr amüsiert darüber“, gibt VC-Kapitän Tino Walter zu, „wie das bei jungen Männern eben so ist.“ Diskreditiert fühle sich jedoch niemand. Weshalb auch?

Dörendahl stört sich jedoch an der Diskussion, die über die Spielerinnen in Suhl hereingebrochen ist. „Die Mädels dort sind so selbstbestimmt, dass sie sich schon dagegen gewehrt hätten, wenn eine nicht damit hätte leben können“, sagt der 45-Jährige, der mit VfB-Geschäftsführer Stefan Mau befreundet ist. „Dass jetzt diese Diskussion geführt wird, das finde ich sexistisch“, verdeutlicht der Ex-Profi.

In Dresden steht man dem Thema viel entspannter gegenüber, was auch der geringeren öffentlichen Wahrnehmung in der 3. Liga geschuldet ist. „Der Sponsor ist jetzt in aller Munde. Und als Volleyballer kann man sich nichts Besseres wünschen, als im Rampenlicht zu stehen“, sagt Tino Walter. Er und seine Teamkollegen sind übrigens bis auf ein, zwei witzig gemeinte Ausnahmen noch nie auf ihr mehrdeutiges Werbe-Sprüchlein angesprochen worden.

Das könnte sich mit einem sportlichen Höhepunkt oder Höhenflug natürlich ändern. „Derzeit“, hadert Sven Dörendahl, „sind wir jedoch weit davon entfernt, an einen Angriff auf Liga-Spitzenreiter Delitzsch zu denken.“ Der VC Dresden musste sich am Wochenende beim VC Zschopau mit 2:3 geschlagen geben, bleibt aber Zweiter.