Politik
Merken

Bundesregierung will Weg für strittigen Teil der EU-Asylreform ebnen

Die Haltung der Bundesregierung hat wochenlang Fortschritte bei der geplanten EU-Asylreform verhindert. Nach erheblichem Druck aus Brüssel will sie umstrittene Regeln nun doch akzeptieren.

 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Trotz Bedenken wird Deutschland der umstrittenen Krisenverordnung als Teil der geplanten EU-Asylreform zustimmen.
Trotz Bedenken wird Deutschland der umstrittenen Krisenverordnung als Teil der geplanten EU-Asylreform zustimmen. © dpa

Brüssel. Trotz anhaltender Bedenken will Deutschland der umstrittenen Krisenverordnung als Teil der geplanten EU-Asylreform zustimmen. "Obwohl wir noch weiteren Änderungsbedarf hätten und auch darüber hinaus, werden wir heute unserer Verantwortung gerecht", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag in Brüssel beim EU-Innenministertreffen. Deswegen werde man dem Kompromiss zustimmen.

Die Krisenverordnung ist ein zentrales Element der geplanten EU-Asylreform, mit der unter anderem unerwünschte Migration begrenzt werden soll. So soll etwa bei einem besonders starken Anstieg der Migration der Zeitraum verlängert werden können, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt.

"Wir werden heute unserer Verantwortung gerecht", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
"Wir werden heute unserer Verantwortung gerecht", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. © dpa

In Brüssel hatte die Bundesregierung ihre Ablehnung des Vorschlags für die Verordnung bislang damit erklärt, dass dieses Regelwerk EU-Staaten ermöglichen könnte, Schutzstandards für Migranten inakzeptabel zu senken. In Deutschland äußerten Außenministerin Annalena Baerbock und andere Politiker der Grünen zuletzt zudem überraschend die Befürchtung, dass die Krisenregeln "Anreize für eine Weiterleitung großer Zahlen unregistrierter Flüchtlinge nach Deutschland" setzen könnte.

Im Rat der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel wurde vermutet, dass diese Argumentation mit den bevorstehenden Landtagswahlen in Hessen und Bayern in Verbindung stehen könnte, weil diese Linie in den EU-Verhandlungen bis dato keine Rolle spielte. Den Plänen für die Asylreform zufolge müssten die Mitgliedstaaten auch bei einem starken Anstieg der Migration alle ankommenden Menschen registrieren. Eine mögliche Verlängerung von Fristen dafür wäre zudem nur nach vorheriger Zustimmung des Rates der Mitgliedstaaten möglich. Das Gleiche gilt auch für die Aufweichung von Schutzstandards. Es blieben demnach auch in einer Krisensituation noch etliche Kontrollmöglichkeiten, um Missbrauch zu verhindern.

Scholz mit Machtwort im Kabinett

Am Mittwoch hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach Angaben aus Regierungskreisen im Kabinett den Kurs ausgegeben, dass die Krisenverordnung nicht länger blockiert werden dürfe.

Sobald der Streit über die Krisenverordnung beigelegt ist, können voraussichtlich auch die für die Reform wichtige Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament fortgesetzt werden. Denn das Parlament hatte zuletzt angekündigt, Teile der Gespräche zu blockieren, bis sich die EU-Staaten bei dem Thema Krisenverordnung positioniert haben.

Dabei drängt die Zeit angesichts der baldigen Europawahl im Juni 2024. Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden und sich lange verzögern. Im Fall der geplanten Reform des Asylsystems wäre dies ein besonders großer Rückschlag. An dem Projekt wird bereits seit Jahren gearbeitet. Vor allem rechte Parteien wie die AfD werfen der EU seit langem Versagen im Kampf gegen illegale Migration vor. (dpa)