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Sachsen: Fast 5.000 geduldete Flüchtlinge wollen länger bleiben

Knapp die Hälfte der bisher nur geduldeten Flüchtlinge in Sachsen will ein neues Gesetz für eine langfristige Aufenthaltsperspektive nutzen, wie aktuelle Zahlen zeigen. Die Linke kritisiert die Behörden.

Von Tobias Winzer
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Nur geduldete Flüchtlinge können mit dem sogenannten Chancenaufenthaltsgesetz eine Aufenthaltsperspektive bekommen. In Sachsen gibt es Tausende Anträge dafür.
Nur geduldete Flüchtlinge können mit dem sogenannten Chancenaufenthaltsgesetz eine Aufenthaltsperspektive bekommen. In Sachsen gibt es Tausende Anträge dafür. © Boris Roessler/dpa (Symbolbild)

Das Chancenaufenthaltsrecht gilt seit Anfang 2023 und soll langjährig Geduldeten eine Aufenthaltsperspektive geben. In Sachsen haben im vergangenen Jahr exakt 4.755 Flüchtlinge einen entsprechenden Antrag gestellt. 1.842 Anträge davon sind bislang bewilligt worden. Das geht aus den Antworten auf mehrere Anfragen der Linksfraktion im Landtag (für das erste Halbjahr und für das zweite Halbjahr) hervor. Somit hat bisher knapp die Hälfte der 10.338 in Sachsen Geduldeten den Chancenaufenthalt beantragt. Die meisten Anträge verzeichneten die Kreisfreien Städte Leipzig (968) und Dresden (724), die wenigsten die Landkreise Görlitz (126) und Meißen (204).

Linke kritisiert Hunderte unbearbeitete Anträge

Das Chancenaufenthaltsrecht gilt seit Anfang 2023 und gibt langjährig Geduldeten eine Aufenthaltsperspektive. Laut dem Innenministerium haben etwa 5.000 bis 7.000 Menschen in Sachsen Anspruch auf eine Chancen-Aufenthaltserlaubnis für 18 Monate, wie der MDR berichtet hatte. In diesem Zeitraum müssen sie nachweisen, dass sie die Voraussetzungen für eine dauerhafte Bleibeberechtigung erfüllen. Zu diesen zählen neben einer Duldung und einem mindestens fünfjährigen Aufenthalt das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie ein gesetzestreuer Lebenswandel.

Aus den Daten, die die Linksfraktion abgefragt hat, geht auch hervor, dass noch 1.428 Anträge unbearbeitet sind. Das wiederum kritisiert die Abgeordnete Juliane Nagel. "Die Behörden müssen personell besser ausgestattet werden", so Nagel. Wer den Chancenaufenthalt bekommt, braucht zudem Unterstützung dabei, die Voraussetzungen für den dauerhaften Aufenthalt zu erarbeiten. Nach 18 Monaten seien Sprachkenntnisse auf dem Niveau A2, Lebensunterhaltssicherung durch Erwerbstätigkeit und eine geklärte Identität nachzuweisen. "Das erfordert ausreichend Sprachkurse sowie unbürokratische Wege in Ausbildung und Erwerbsarbeit."

Nagel wirbt dafür, den Chancenaufenthalt als Mittel der Integration zu nutzen. "Der Chancenaufenthalt ist der Ausweg aus der Unsicherheit und hinein in die Gesellschaft. Wer ihn bekommt, soll schnellstens mittels Spracherwerb, Berufsqualifizierung und Erwerbsarbeit ein selbstbestimmtes Leben beginnen", so Nagel. "Wer nur geduldet ist, bekommt oft weder einen Sprachkurs noch eine Wohnung, dafür aber Beschäftigungsverbot."

Nagel mahnt auch eine bessere Datengrundlage an. Das Innenministerium müsse allen Landkreisen ordentliche Zahlen abverlangen – bisher sei der Innenminister nicht im Bilde. "Von den mindestens 4.755 Anträgen 2023 sind den Angaben zufolge 1.842 bewilligt und 285 abgelehnt worden, allerdings werden nur 1.428 noch bearbeitet. Was ist mit den übrigen 1.200 Anträgen, Herr Schuster?"