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Kopf-an-Kopf-Rennen: Wird die AfD stärkste Kraft bei der nächsten Landtagswahl?

Die AfD erzielt bei den Europawahlen ihr bislang bestes Ergebnis bei einer bundesweiten Abstimmung und wird im Osten stärkste Kraft. Worauf ihr Erfolg basiert, erklärt der Dresdner Politikprofessor Hans Vorländer.

Von Olivia Daume
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Prof. Hans Vorländer, Lehrstuhinhaber Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte und Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden.
Prof. Hans Vorländer, Lehrstuhinhaber Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte und Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung an der TU Dresden. © Arno Burgi

Dresden. Bei der Europawahl erreicht die AfD mit 15,9 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis bei einer bundesweiten Abstimmung. Im Osten wurde die Partei sogar stärkste Kraft. In Sachsen holte sie 31,8 Prozent der Stimmen, wie aus Daten des Landeswahlleiters nach Auszählung aller Gemeinden am frühen Montagmorgen hervorging. In neun von zehn Landkreisen liegt die Partei vorn. Im Interview erklärt Professor Dr. Hans Vorländer, warum die Partei offenbar nicht zu bremsen ist.

Welche Faktoren begünstigen den Aufstieg der AfD in Sachsen?

Zum einen ist die AfD schon länger in manchen Regionen Sachsens stark verwurzelt, insbesondere in Ostsachsen. Hinzu kommt die Schwäche der anderen Parteien, die nach und nach in der Fläche die Wählerschaft verloren haben. Zum anderen vertritt die AfD Positionen, die in großen Teilen der sächsischen Bürgerschaft auf Zustimmung stoßen, in der Ukraine- oder der Migrationsfrage. Zudem weiß die AfD den Protest gegen die Ampelkoalition und die allgemeine Unzufriedenheit für sich zu nutzen.

Inwiefern profitiert die AfD von der Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien und dem Vertrauensverlust in die Politik?

Die AfD macht die sogenannten Altparteien für den Zustand im Land verantwortlich und verstärkt zugleich das generelle Misstrauen gegenüber den politischen Institutionen in Deutschland und in Sachsen. Sie ist Katalysator einer rechtspopulistischen Stimmung, die sich gegen das System der repräsentativen Demokratie wendet.

Welche Rolle spielen die Themen Migration, Identität und Protestwähler für den Erfolg der AfD in Sachsen?

Die AfD ist die Partei, die die Ablehnung von Zuwanderung am stärksten thematisiert. Auch die Forderung, mit Russland einen Frieden herbeizuführen oder den Krieg einzufrieren, ist bei der AfD dominant. Generell sind ja die Zustimmungswerte für die Unterstützung der Ukraine in Sachsen und in Ostdeutschland geringer als in Westdeutschland.

Wie konnte die AfD ihre Wählerschaft in ländlichen Gebieten so stark ausbauen und direkte Mandate gewinnen?

Die anderen Parteien haben es nicht geschafft, sich dort zu verwurzeln. Lange war die CDU dort stark vertreten, aber die hat den Rückhalt in diesen Regionen verloren. Die AfD ist in der Nachfolge der NPD in ländlichen Gebieten sehr erfolgreich gewesen und ist eigentlich seit 2014 in manchen Regionen Sachsens, besonders in Ostsachen, dauerpräsent.

Wie könnte eine weitere Etablierung und Normalisierung der AfD in Sachsen verhindert werden?

Das wird schwierig werden. Es ist unrealistisch anzunehmen, dass die AfD in bestimmten Regionen einfach wieder verschwindet. Die AfD ist fest etabliert. Die anderen Parteien können sie nur durch gute Politik wieder überflüssig werden lassen.

Wie realistisch ist es, dass die AfD bei der nächsten Landtagswahl stärkste Kraft in Sachsen wird?

Wir müssen uns darauf einstellen, dass die AfD in absehbarer Zukunft bleibt und dadurch das Regieren in Sachsen immer schwieriger wird, weil auch die andren Parteien schwächeln. Und dann gibt es noch das neue Bündnis BSW, keiner weiß, wie es im Parlament agieren wird. Bei der Landtagswahl könnte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der AfD und der CDU geben. Dabei muss sich herausstellen, ob die Zugkraft von Kretschmer groß genug ist, um die AfD von der Spitzenposition zu verdrängen.