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Vertrauen die Deutschen in das Grundgesetz?

Vor 75 Jahren ist die bundesdeutsche Verfassung verkündet worden. Zu diesem Anlass hat eine Studie erforscht, wie die Deutschen heute zu ihrer Verfassung stehen. Zwischen Ost und West gibt es einige Unterschiede.

Von Nikolaus Gruendahl
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81 Prozent der Deutschen antworten mit "voll und ganz" oder "eher ja", auf die Frage, ob sich das Grundgesetz bewährt hat. Quelle: MIDEM/infas
81 Prozent der Deutschen antworten mit "voll und ganz" oder "eher ja", auf die Frage, ob sich das Grundgesetz bewährt hat. Quelle: MIDEM/infas © Quelle: MIDEM/infas

Das Grundgesetz findet zu seinem 75-jährigen Jubiläum hohe Zustimmung in der Bevölkerung. Das zeigt eine Studie des Mercator Forums Migration und Demokratie (MIDEM), die am Dienstag an der Technischen Universität Dresden vorgestellt wurde. Für die Menschen in Ostdeutschland, die erst vor 34 Jahren dem Grundgesetz beigetreten sind, fällt die Bewertung etwas anders aus. Sie haben weniger Vertrauen in das Grundgesetz.

Die Verfassung hat sich zu einem "Symbol der Stabilität und Demokratie entwickelt", sagt Professor Hans Vorländer. Er hat die Studie veröffentlicht und ist Leiter des Mercator Forums. Bundesweit sind 81 Prozent der Deutschen der Meinung, dass sich das Grundgesetz bewährt hat. Die Zustimmung zum Grundgesetz ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Nur 6 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich das Grundgesetz nicht bewährt hat.

Für die Befragten sind die wichtigsten Verfassungsnormen die freie Meinungsäußerung, die Menschenwürde, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlage und die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit. Jeden einzelnen dieser Grundsätze haben über 90 Prozent der Befragten als eher wichtig oder sehr wichtig eingeschätzt.

Geht es jedoch um die Umsetzung dieser Werte, fällt die Einschätzung deutlich pessimistischer aus. Beispielsweise sind nur 29 Prozent der Deutschen der Meinung, dass der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gut oder sehr gut umgesetzt wurde.

Die Umsetzung der einzelnen Verfassungsgrundsätze lässt in den Augen vieler zu wünschen übrig.
Die Umsetzung der einzelnen Verfassungsgrundsätze lässt in den Augen vieler zu wünschen übrig. © Quelle: MIDEM/infas

Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland

Während in Westdeutschland 87 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass sich das Grundgesetz bewährt hat, sind es in Ostdeutschland 68 Prozent. Hans Vorländer erklärt diesen Unterschied so, dass das Grundgesetz in den neuen Bundesländern erst seit 34 Jahren gilt. Im ehemaligen Westen habe es bis in die 1970 Jahre gebraucht, bis das Grundgesetz von der Bevölkerung angenommen wurde. "Man muss außerdem in Rechnung stellen, dass die Entwicklung in Ostdeutschland durch die Prozesse der Transformation konfliktreicher und unruhiger verlaufen sind", so Vorländer. Dafür sei eine Zustimmung von knapp 70 Prozent ein respektabler Wert.

Zudem weist Vorländer darauf hin, dass der Wunsch nach einer neuen Verfassung insgesamt rückläufig ist. Während 1991 noch 31 Prozent der Deutschen gesagt haben, dass man eine neue Verfassung brauche, sind es mittlerweile nur noch 21 Prozent. Dieser Wunsch nach einer neuen Verfassung ist bei Anhängern der AfD und des Bündnis Sarah Wagenknecht am stärksten.

Im Kontrast dazu lässt sich bei den Linken ein überraschend hohes Vertrauen in das Grundgesetz feststellen. 92 Prozent, so viele wie bei keiner anderen Partei, sind bereit das Grundgesetz aktiv zu verteidigen. Betrachtet man alle Befragten, sind dazu 78 Prozent bereit.

In der Bereitschaft zur aktiven Verteidigung des Grundgesetzes spielen viele Aspekte eine Rolle, unter anderem Einkommen, Herkunft und Geschlecht.
In der Bereitschaft zur aktiven Verteidigung des Grundgesetzes spielen viele Aspekte eine Rolle, unter anderem Einkommen, Herkunft und Geschlecht. © Quelle: MIDEM/infas

Geringes Vertrauen in konkrete Institutionen

"Besorgniserregend" ist für Vorländer hingegen, dass das Vertrauen in verschiedene politischen Institutionen gering ist. Insbesondere gegenüber den Medien und der Bundesregierung sind die Deutschen misstrauisch.

Die Befragten vergeben ihr Vertrauen in konkrete Institutionen sehr unterschiedlich.
Die Befragten vergeben ihr Vertrauen in konkrete Institutionen sehr unterschiedlich. © Quelle: MIDEM/infas