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Freitaler Oberbürgermeister-Kandidat und Kumpeltyp vom Beckenrand

Heizungsbauer, Rettungsschwimmer und Stadtrat - Lars Tschirner hat kein Studium und keine Parteikarriere, dafür aber andere Stärken. Und ein klares Ziel.

Von Annett Heyse
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Lars Tschirner ist der Mann vom Beckenrand, nun will er Oberbürgermeister in Freital werden.
Lars Tschirner ist der Mann vom Beckenrand, nun will er Oberbürgermeister in Freital werden. © Egbert Kamprath

Wenn Lars Tschirner nach Feierabend auf seiner Terrasse sitzt, hat er einen schönen Blick über Freital. Man sieht Zauckerode und Wurgwitz, Pesterwitz und den Plauenschen Grund. Auch das Potschappler Rathaus ist auszumachen. Dort möchte er nach dem 12. Juni einziehen und zwar nicht nur als Stadtrat, wie bisher. Sondern als frisch gewählter Oberbürgermeister.

Der 49-Jährige ist der vielleicht Ungewöhnlichste aller vier OB-Kandidaten. Er hat nicht studiert und keinerlei Parteikarriere vorzuweisen. Tschirner ist gelernter Heizungs- und Lüftungsbauer, arbeitet seit 1995 im Freizeitzentrum "Hains", ist dort der Technische Leiter und vielen als Rettungsschwimmer bekannt.

Er ist der Kumpeltyp, der Mann vom Beckenrand. Einer, der nicht zögern darf, wenn es ernst wird. Einer, der lieber anpackt und den es fuchst, dass viele Prozesse im Rathaus quälend langsam vorangehen. "Mit fehlt der Pep. Wir werden nur verwaltet. Dabei braucht Freital einen Krisenmanager, der Entscheidungen trifft und sich nicht abduckt, wenn es kritisch wird", sagt Tschirner.

Seit 13 Jahren im Freitaler Stadtrat

Er geht für die Bürger für Freital ins Rennen, einer Wählervereinigung, in der er seit 2009 aktiv mitarbeitet. Als Stadtrat ist er einer der auffälligsten Ratsmitglieder, meldet sich immer wieder zu Wort, bohrt nach. Zuletzt traf es den umstrittenen Stadtrat Matthias Koch (Konservative Mitte), dem nachgesagt wurde, dass er gar nicht in Freital wohnt. Tschirner treibt das Thema um. Es gehe ihm um Ehrlichkeit, um Vertrauen, begründet er.

Zur Hochform lief Lars Tschirner vor drei Jahren auf, als plötzlich auffiel, das 300 Kitaplätze in der Stadt fehlten. Tschirner, der selbst zwei Kinder hat, heute elf und acht Jahre alt, war damals fassungslos. Er sagt, es ärgere ihn immer noch, dass sich nie jemand der Verantwortlichen im Rathaus mal bei den Eltern entschuldigt hat für diesen Lapsus.

Lars Tschirner setzte damals einen Kita-Ausschuss durch, über den politische Gegner lästern, das sei nur Zeitverschwendung.

Der OB-Kandidat sieht das anders. Er spricht von direkter Demokratie, von Kontrolle über die Arbeit der Stadtverwaltung, von Mitgestaltung. "Wir müssen mehr Leute einbeziehen, Alte und Junge. Wir müssen in Freital mehr Gemeinschaft pflegen, so wie in einem Verein oder in einer Familie." Eigentlich, so meint er, müssten sich Menschen, die aus Freital wegziehen, ärgern, die Stadt verlassen zu müssen.

Lars Tschirners Erfahrungen als Führungskraft

Lars Tschirner ist in Freital fest verwurzelt. Er wurde hier geboren, wuchs in Zauckerode auf und besuchte die Wilhelm-Pieck-Oberschule. Als Hobbys nennt er seine ehrenamtliche Arbeit bei der Wasserwacht des DRK, Handwerken in Haus und Garten, bezeichnet sich selbst als absoluten Familienmenschen.

Doch wenn man ihn braucht, lässt er alles stehen und liegen. Er sei unregelmäßiges Arbeiten gewohnt, ebenso Einsätze an Wochenenden und Feiertagen, dazu kommen seine ehrenamtlichen Tätigkeiten, sagt er. Wie er das alles schafft? "Man muss gut organisiert sein und den Überblick behalten können." Deshalb traue er sich auch zu, eine Stadtverwaltung zu leiten. "Ich stehe nicht nur am Beckenrand. Als Technischer Leiter im Hains habe ich Führungsverantwortung gelernt."

Er war bei der Flut 2002 mit dabei, bei diversen Um- und Ausbauten im Hains, beim Veranstaltungsmanagement. Ob Eisbahnaufbau, Lauf in den Frühling oder die Live-Übertragung von Fußball-Weltmeisterschaften - das alles läuft über Tschirners Tisch. Er ist deshalb bekannt in Freital und gut vernetzt. Als Tschirner vor einigen Tagen Wahlplakate entlang der großen Straßen aufhängte, sei viel gehupt und gegrüßt worden, erzählt er. "Ich glaube, die Zeit ist reif für einen Wechsel im Rathaus."

Druck machen für neue Feuerwache

Seine Vorstellungen, was er als Oberbürgermeister erreichen möchte, hat er akribisch ausgearbeitet, sie liegen in einem Hefter vor ihm auf dem Gartentisch und sind auf seiner Homepage zu finden. "Das ist fast eine Belegarbeit geworden", sagt er. Ob Senioren, Familien, Sport, Straßenbau, Wirtschaft oder Tourismus - man merkt Lars Tschirner an, dass er für seine Heimatstadt brennt und etwas erreichen möchte.

Er würde gerne das Thema Umgehungsstraße wieder aus der Schublade holen und neue Gewerbegebiete entwickeln. Er denkt über einen Beauftragten für Kinder und Jugend nach, will touristische Angebote ausbauen, vielleicht doch noch eine Landesgartenschau an die Weißeritz holen. Kandidat Tschirner könnte sich Runde Tische für Kultur, Sport und Soziales vorstellen. Er möchte Schwimmkurse für alle Kindergartenkinder und eine Multifunktionshalle für Sport und Veranstaltungen.

Und er ärgert sich, dass es bei der neuen Feuerwache gar nicht vorangeht. "Darüber diskutieren wir seit sieben Jahren, sind aber kaum einen Schritt vorangekommen. Das kann doch nicht sein!"

Unterstützung für Freien Wähler von der SPD

Tschirner hat jedoch keine große Hausmacht hinter sich, so wie die Oberbürgermeister vergangener Jahrzehnte. Die Bürger für Freital sind ein kleiner Verein. Doch bei der OB-Wahl stehen sie nicht allein da. Unterstützt wird Tschirner vor allem von der Freitaler SPD, die sich mangels eines eigenen Kandidaten für ihn erklärt hat. Und er kann auf 13 Jahre Erfahrung als Stadtrat zurückgreifen. Tschirner wirkt tatkräftig, dynamisch, aufgeschlossen und entschlossen. Vielleicht ist er auch eine Alternative für viele Wähler, die mit dem Ex-CDU-Mann Rumberg fremdeln, der sich im Streit von der Partei trennte und nun als Mitglied der Konservativen Mitte Freital führt.

www.lars-tschirner.de