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Tödlicher Busunfall im Erzgebirge: Kollegen starten Spendenaktion für Busfahrer

Ein zehn Jahre alter Schüler stirbt bei einem Schulbus-Unfall bei Oberwiesenthal. Zwei Wochen nach dem Unglück gibt es zwei Spendenaktionen.

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Der zerstörte Schulbus steht nach der Kollision mit einem Streufahrzeug am Straßenrand in Cranzahl.
Der zerstörte Schulbus steht nach der Kollision mit einem Streufahrzeug am Straßenrand in Cranzahl. © Mike Müller/TNN/dpa

Cranzahl. Nach dem schweren Busunfall im Erzgebirge mit einem toten Zehnjährigen ist die Anteilnahme groß. Neben einer Spendenaktion für die Familie des verstorbenen Schülers, der am 15.Dezember in Neudorf beigesetzt wurde, gibt es nun einen weiteren Spendenaufruf. Über die Plattform "Gofundme.com" sammeln Kollegen für den verunglückten Busfahrer. Zunächst hatte die "Freie Presse" über die Spendenaktion berichtet.

Der Busfahrer war bei dem Unfall am 5. Dezember schwer verletzt worden, ebenso wie eine 59 Jahre alte Mitfahrerin. Der 45 Jahre alte Fahrer musste von der Feuerwehr mit schwerem Gerät aus dem Wrack befreit werden. Beide Schwerverletzten konnten das Krankenhaus inzwischen verlassen.

Seit dem tragischen Busunfall leide der Busfahrer massiv unter den Folgen, schreibt seine Kollegin Peggy Lorenz vom Regionalverkehr Erzgebirge (RVE) in dem Aufruf. Man wolle ihm und der Familie unter die Arme greifen. "Wir können nichts an der Situation ändern, jedoch gemeinsam tatkräftig zur Seite stehen", heißt es. Bislang sind knapp 2.000 Euro zusammengekommen.

„Bitte hört auf, durch Hass eine Familie zu zerstören“

Zuvor hatte sich die Familie des toten Jungen in einem emotionalen Beitrag bei Facebook hinter den Busfahrer gestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen den 45-Jährigen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung eingeleitet. Er und seine Familie wurden von vielen Seiten bedroht.

Die Familie des verunglückten Jungen forderte in eindringlichen Worten dazu auf, den Hass auf den Mann zu unterlassen. Das hätte ihr Sohn nicht gewollt. „Er liebte die Menschen und sein Herz war riesengroß. Der Busfahrer muss damit leben, dass unser kleiner Liebling in seinem Bus verstarb. Aber er ist kein Mörder. Bitte hört auf, durch Hass eine Familie zu zerstören. Das bringt ihn nicht zurück, schreibt die Familie bei Facebook.

Am 5. Dezember war ein Bus mit Schülern in Cranzahl, 14 Kilometer nördlich von Oberwiesenthal, seitlich mit einem Fahrzeug des Winterdienstes zusammengestoßen und dann frontal gegen einen Baum geprallt. Der Aufprall war derart heftig, dass das Fahrzeug auf den vorderen zwei Metern komplett zerstört wurde.

Ein zehn Jahre alter Junge starb noch am Unfallort, 13 weitere Menschen, darunter elf Kinder, erlitten Verletzungen. Bei den Kindern im Bus handelte es sich nach Auskunft des Kultusministeriums um Schüler eines Gymnasiums. Die Ermittlungen zur Ursache dauern derweil noch an.

Online-Spendenaktion für Familie des toten Jungen

Um die Familie des verstorbenen Jungen finanziell zu unterstützen, war zuvor bereits eine erste Online-Spendenaktion gestartet worden. Mittlerweile sind hier bereits mehr als 101.000 Euro zusammengekommen.

Wie die "Freie Presse berichtet, hat Lkw-Fahrer Thomas Küchler aus dem Ort Sehmatal, der sich in der Nähe des Unfallorts befindet, das Spendenkonto angelegt. Bezahlt werden sollte mit dem Geld die Beerdigung des Jungen, um die traumatisierte Familie wenigstens bei diesen Sorgen etwas zu entlasten.

Nach der Kollision mit einem Schulbus steht das Streufahrzeug am Straßenrand.
Nach der Kollision mit einem Schulbus steht das Streufahrzeug am Straßenrand. © Mike Müller/TNN/dpa

Roland Richter, Geschäftsführer der Regionalverkehr Erzgebirge, bestätigte auf Nachfrage der "Freien Presse", dass es sich bei dem Bus um ein Fahrzeug seines Unternehmens handele. Er zeigte sich tief betroffen: "Es war die Fahrt sechs der Linie 428. Sie verkehrt normalerweise von Neudorf über Cranzahl und Sehma weiter nach Annaberg-Buchholz. Durch die baubedingte Umleitung führt die Buslinie seit Monaten über die Richterstraße."

Kultusminister und Landrat zeigen sich erschüttert

Kultusminister Christian Piwarz (CDU) zeigte sich am 5. Dezember erschüttert. Das sei eine schlimme Nachricht, die ihn schwer getroffen habe, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Meine Gedanken sind bei den verletzten Kindern und ihren Eltern. Wir werden der betroffenen Schule und den Schülerinnen und Schülern jegliche Unterstützung bieten, die sie in dieser Situation benötigen."

Aus Rücksicht auf die Schüler wollte auch das Kultusministerium keine näheren Details etwa zur Schule nennen.

Der Aufprall war so heftig, dass der Bus auf den vorderen zwei Metern komplett zerstört wurde.
Der Aufprall war so heftig, dass der Bus auf den vorderen zwei Metern komplett zerstört wurde. © Archiv/Niko Mutschmann

Auch Erzgebirgs-Landrat Rico Anton (CDU) zeigte sich erschüttert: "Mit tiefer Bestürzung habe ich heute von dem schweren Busunfall im Sehmataler Ortsteil Cranzahl erfahren. Als Familienvater sind meine Gedanken in diesem traurigen Moment insbesondere bei den Eltern des verstorbenen Kindes. Ich spreche ihnen mein tief empfundenes Mitgefühl und Beileid aus und wünsche ihnen viel Kraft für die schwere Zeit, die sie in diesem Augenblick durchleben müssen. Allen Verletzten wünsche ich schnelle Genesung. Sie werden Zeit brauchen, um das Erlebte zu verarbeiten. Ich wünsche ihnen hierfür viel Kraft, wir sind in Gedanken auch bei Ihnen."

"Voller Entsetzen habe ich von dem schweren Busunglück heute Morgen in meinem Wahlkreis erfahren. Meine Gedanken gehen an die Familie des getöteten Kindes, die mit unermesslichem Schmerz konfrontiert ist", sagte Clara Bünger, Bundestagsabgeordnete für die Linke. Und auch Rico Gebhardt, Kreisvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der Linken im sächsischen Landtag äußerte sein Mitgefühl: "Den Verletzten wünsche ich eine rasche Genesung und hoffe, dass sie die notwendige Unterstützung in dieser schwierigen Zeit erhalten."

Wetterdienst: Glatteis auf vielen Straßen

An jenem Dienstagmorgen hat Regen zu Glatteis auf zahlreichen Straßen in den Hochlagen in Sachsen geführt. "Die Niederschläge wurden am Morgen durch eine warme Luftschicht in etwa 1.500 Metern von Schnee in Regen umgewandelt", erläuterte Florian Engelmann vom Deutschen Wetterdienst auf Anfrage. Fällt der Regen dann auf geräumte, freiliegende Straßen, die vor allem in den Hochlagen eine Temperatur unter null Grad haben, wird es extrem glatt.

Schwere Busunfälle mit Schülern hatten schon in der Vergangenheit für große Betroffenheit gesorgt. So war im Januar 2020 in Westthüringen ein Schulbus mit mehr als 20 Kindern an Bord ins Schlittern geraten, einen Hang hinabgerutscht und hatte sich mehrfach überschlagen. Dabei starben zwei Achtjährige einer zweiten Klasse, viele weitere Kinder wurden verletzt. Im Oktober 2015 war ein Reisebus mit Schülern aus Sachsen auf der Autobahn nahe Erfurt verunglückt. Dabei starb der fünfjährige Sohn einer Lehrerin, mehr als ein Dutzend der Schüler im Alter von 13 und 14 Jahren wurden schwer verletzt. (SZ/dpa)