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Nach Böhmermann-Aktion: Ermittlungen gegen Polizisten in Leipzig

Das "ZDF Magazin Royale" hat Hassbotschaften bei verschiedenen Polizeidienststellen angezeigt. Jetzt gibt es erste Konsequenzen - auch in Sachsen.

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Zeigte sieben offensichtlich strafrechtlich relevante Hassbotschaften bei Polizeidienststellen in 16 Bundesländern an und wartete ab: Jan Böhmermann.
Zeigte sieben offensichtlich strafrechtlich relevante Hassbotschaften bei Polizeidienststellen in 16 Bundesländern an und wartete ab: Jan Böhmermann. © Archivbild: dpa/Christophe Gateau

Bremen. Ein Böhmermann-Experiment mit den Polizeien der 16 Länder hat in einigen Behörden Konsequenzen für Beamte - auch in Leipzig. Hintergrund ist eine Aktion der Sendung "ZDF Magazin Royale" des Satirikers Jan Böhmermann, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Samstag sagte.

Am Freitagabend war die Folge des "ZDF Magazin Royale" mit der Aktion online gestellt und auch im TV ausgestrahlt worden.

Die Redaktion hinter Moderator Böhmermann hatte vergangenen Sommer sieben offensichtlich strafrechtlich relevante Hassbotschaften bei Polizeidienststellen in allen 16 Bundesländern angezeigt und später den meist schleppenden Ermittlungsverlauf geschildert. Angezeigt wurden Morddrohungen ebenso wie antisemitische Inhalte und verfassungsfeindliche, rechtsradikale Symbole. In einigen Bundesländern waren die Anzeigen erst gar nicht angenommen worden.

Anzeige in Leipzig wurde gar nicht erst erfasst

So wohl auch bei der Polizei Leipzig. Dort wird nun wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ermittelt. Die Leipziger Volkszeitung hatte zuerst berichtet. Die Ermittlungen liefen aktuell noch gegen Unbekannt, teilte die Polizei mit.

Nach einer mündlich erstatteten Anzeige in einem Leipziger Polizeirevier soll nichts passiert sein. Die Anzeige ist demnach gar nicht erst erfasst worden.

Eine zweite, schriftlich bei der sächsischen Polizei eingegangene Anzeige wurde nach Behördenangaben ordnungsgemäß bearbeitet.

Die Leipziger Polizei hat nach eigenen Angaben ihre IT-Erfassungssysteme nach der Anzeige durchforstet. "Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass Fakt ist, was nicht sein darf!" Leipzigs Polizeipräsident René Demmler erklärte: "Auch wenn ich versichern kann, dass dies kein Standard der Polizeidirektion Leipzig ist, zeigt der Fall ein Defizit auf, welches einer Aufklärung bedarf. Wir stehen hier als Leipziger Polizei in der klaren Verantwortung."

Eine zweite, schriftliche Anzeige sei im vorigen August beim Polizeirevier in Oschatz (Nordsachsen) eingegangen. Sie sei an den Staatsschutz der Polizeidirektion Leipzig weitergegeben worden. In dem Fall ermittele inzwischen die Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

In Bremen soll der Polizist die Anzeige zwar aufgenommen haben, sie aber erst zwei Monate später auf Nachfrage der Anzeigenden im System erfasst haben. Nun müsse geprüft werden, warum die Sache verspätet bearbeitet wurde, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Bremen. Der betroffene Polizist wurde in den Innendienst versetzt, wie die Bremer Polizei bereits am Dienstag mitgeteilt hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Böhmermann-Recherchen noch nicht öffentlich bekannt.

Auch in Sachsen-Anhalt wurden interne Ermittlungen ausgelöst. Seit "Bekanntwerden der konkreten Vorwürfe in der letzten Woche" werde gegen einen Beamten des Polizeireviers wegen des Verdachts der Strafvereitelung ermittelt, teilte die Polizeiinspektion Magdeburg am Samstag mit.

Auch aus anderen Ländern gab es Reaktionen zu den Recherchen - etwa für die Polizei in Hessen gab es Lob in der Sendung. "In elf Minuten war alles erledigt. (...) So einfach kann es gehen", resümierten die Polizei-Tester vom "ZDF Magazin Royale". Dort sei mindestens ein Tatverdächtiger angeklagt worden. Die hessische Polizei sah sich bestätigt. "Spätestens seit dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke nehmen wir den Kampf gegen Hass und Hetze auch im Internet sehr ernst", sagte am Samstag ein Sprecher des hessischen Innenministeriums. (SZ/dpa)