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Preisgekröntes Papier, das eigentlich gar keines ist

Ein Heidenauer Chemiker hat mit Graphit experimentiert. Darüber freuen sich nun auch nützliche Bakterien.

Von Heike Sabel
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Papier ist nicht gleich Papier: Stefan Knohl mit einem herkömmlichen weißen Papier und seinem preisgekrönten Graphit-Spezialpapier.
Papier ist nicht gleich Papier: Stefan Knohl mit einem herkömmlichen weißen Papier und seinem preisgekrönten Graphit-Spezialpapier. © Norbert Millauer

Forscher brauchen Geduld. Bei den Heidenauer Papiertechnikern waren es drei Jahre. So lange dauerte es, bis sie die richtige Rezeptur für ihre Erfindung hatten. Und für die gab es jetzt sogar einen Preis. Der hat den schönen englischen Namen „Blue Sky Young Research & Innovation Award“, wird vom europäischen Verband der Papierindustrie vergeben und bekommen hat ihn jetzt der Heidenauer Chemiker Dr. Stefan Knohl.

Er hat federführend ein Spezialpapier entwickelt, das in Brennstoff- und Elektrolysezellen verwendet wird und streng genommen gar kein Papier mehr ist. Es besteht nämlich aus bis zu 90 Prozent aus Graphit. Da es aber wie Papier hergestellt wird, wird es auch dazu gezählt. Das Besondere an dem Wunderpapier ist sein Inhalt. Statt Calciumcarbonat oder Kaolin wie beim klassischen Papier wurden ihm funktionale Füllstoffe beigefügt. Das können metallische oder keramische Pulver sein, oder eben wie im Falle des Heidenauer preisgekrönten Spezialpapieres Graphit. Das klingt einfach, wenn es aber so wäre, bräuchte es dafür keinen Preis.

Es kommt nämlich auf die richtige Dosierung an. Zu viel Graphit macht das Papier nicht handhabbar, bei zu wenig erfüllt es nicht seine Funktion. Schließlich bleiben die Fasern das, was das Papier im Innersten zusammenhält. Eine weitere Schwierigkeit ist die Weiterverarbeitung zu bestimmten Formen, wie Wellen oder Falten. Die nämlich wirken sich auch auf die Stabilität des Papiers aus.

Die Heidenauer Forscher hätten auch mit einem anderen Füllstoff experimentieren können. Doch sie wollten ein Spezialpapier entwickeln, das eine hohe elektrische Leitfähigkeit hat. Und dafür eignet sich eben Graphit. Außerdem haben Papiere mit hoher Leitfähigkeit viele Einsatzmöglichkeiten: von Elektroden bis hin zu mikrobiellen Brennstoffzellen für die Produktion von nachhaltiger Energie. Die Brennstoffzellen arbeiten mit speziellen Bakterien, die organische Bestandteile im Abwasser verwerten und dabei Strom produzieren. Damit das System funktioniert, ist das Graphit-Spezialpapier notwendig. Auf dem werden die Bakterien nämlich angesiedelt. Das ist in ein paar einfachen Worten erklärt, was Knohl und seinen Kollegen Partnern im Projektverbund viel Zeit und Nerven gekostet hat.

Knohl ist seit einem Jahr Projektleiter an der Papiertechnischen Stiftung in Heidenau. Zuvor arbeitete er als Postdoktorand an der Universität Bayreuth am Lehrstuhl Keramische Werkstoffe. In Heidenau wird nach dem Preis nun das Papier weiterentwickelt.

Zunächst muss das Graphit-Papier für die industrielle Herstellung fit gemacht werden. Danach wollen die Heidenauer Forscher weitere Spezialpapiere entwickeln, zum Beispiel für eine nachhaltige Energieversorgung. Auch das ist ein aktueller Einsatzbereich. Ein weiterer Preis ist also nicht ausgeschlossen.