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Pro und Kontra zum Kohleausstieg

Die Reaktionen aus dem Landkreis Bautzen fallen unterschiedlich aus. Von Politikern kommt fast nur Kritik.

Von Tilo Berger
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Bautzen und das Braunkohlekraftwerk Boxberg sind ganz nah beieinander und Teile der Lausitzer Schicksalsgemeinschaft.
Bautzen und das Braunkohlekraftwerk Boxberg sind ganz nah beieinander und Teile der Lausitzer Schicksalsgemeinschaft. © Steffen Unger

Bautzen. Seit vergangenem Wochenende steht fest: Deutschland gewinnt ab 2038 keinen Strom mehr aus Kohle. Seitdem überschlagen sich Wirtschaftskapitäne und Politiker aller Couleur mit Reaktionen auf den Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Im Landkreis Bautzen fällt das Echo ganz unterschiedlich aus. Die SZ fasst zusammen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bewertet den gefundenen Kompromiss als soliden und akzeptablen Plan zum Ausstieg aus der Kohleverstromung. Allerdings bringt er nach Ansicht der Ostsächsischen DGB-Regionsgeschäftsführerin Dana Dubil „harte Einschnitte für die Beschäftigten und die Regionen“ mit sich. Unterm Strich jedoch sei „der gefundene Kompromiss ein planbarer, geordneter und finanziell untersetzter Prozess, in den die Sozialpartner mit einbezogen werden. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und werden aktiv die Lausitz mitgestalten.“

Zwei Hinweise zu den Sorben

David Statnik, Vorsitzender des sorbischen Dachverbandes Domowina, hat den 336 Seiten starken Abschlussbericht der Kommission aufmerksam gelesen. Er fand zwei Hinweise auf das sorbische/wendische Volk. Zum einen werde darauf verwiesen, dass im Lausitzer Revier mehr als 25.000 Menschen umgesiedelt wurden. Zum anderen las Statnik, dass „im Lausitzer Revier die Förderung von Sprache, Kultur und Identität des Volkes der Sorben und Wenden“ durchzusetzen sei. Dazu habe die Domowina „eine beachtliche Anzahl an Vorschlägen eingereicht. Diese finden sich direkt oder indirekt in den Listen wieder.“

Zu diesen Vorschlägen zählt Statnik die Einrichtung eines Lausitzer Zentrums für europäische Minderheiten. Ebenso sei auch der Gebrauch der sorbischen/wendischen Sprache in der digitalen Welt und im Rundfunk genannt. Ferner wurde vorgeschlagen, das Sorbische Institut in Bautzen um eine Transferabteilung zu verstärken.

Kritik von vielen Seiten

Kritische Worte zum Abschlussbericht kommen von Bundestagsabgeordneten aus der Region. In den Augen des direkt gewählten Wahlkreisabgeordneten Karsten Hilse (AfD) ist die Kommission „wie erwartet den Weg der Ideologen der Klimakirche gegangen“. Hilse, umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion, sieht Deutschland durch den Kohleausstieg auf einem Weg der Selbstzerstörung, der als armes Agrarland ende. Hilse wettert, der Kommission sei es nie wirklich um Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung gegangen. „Sondern einzig und allein darum, Deutschland, unter dem wohlfeilen Vorwand des Popanzes ,Klimaschutz’, mit seinen – im weltweiten Vergleich – Mikroemissionen, nachhaltig zu schädigen.“

Caren Lay (Die Linke) nennt den ausgehandelten Kompromiss unzureichend: „Die großen Gewinner sind Industrie und Konzerne, die mit Entschädigungsleistungen und Stromkostenbefreiungen bedacht werden. Für die Beschäftigten in der Kohle sieht der Kompromiss aber keinerlei Regelungen zur Beschäftigungs- und Einkommenssicherung vor.“ Lay nennt es „bedauerlich, dass es keinen Abbaggerungsstopp für vom Tagebau bedrohte Dörfer gibt“.

Lausitz braucht ein Signal

Für den FDP-Abgeordneten Torsten Herbst ist der Bericht der Kommission „eine einzige Enttäuschung. Er zeugt von Verantwortungslosigkeit gegenüber den Menschen in den Kohleregionen, insbesondere in der Lausitz – und er schadet massiv dem Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Erst müsse der Strukturwandel tatsächlich gelungen sein, bevor über die Zukunft der Kohle entschieden wird. „Ein Industrieland kann sich nicht davon abhängig machen, nur dann zu produzieren, wenn ausreichend Wind weht und die Sonne scheint“, warnt Herbst.

Der Bautzener CDU-Landtagsabgeordnete Marko Schiemann erwartet, „dass die Entscheidungen der Kommission durch konkrete Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden“. Die Lausitz brauche ein Signal, dass die Industriearbeitsplätze in der Energiewirtschaft und bei deren Zulieferern vor ihrem Verlust durch Neuansiedlungen ersetzt werden. Zudem müsse es Investitionen in Bahnstrecken und Straßen geben, damit die Lausitzer schnell zu ihren Arbeitsplätzen und wieder nach Hause kommen.