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Umstrittene Entscheidung: "Kohlegeld" für Radeberger Hüttermühle

Radeberg bekommt für die Sanierung der ehemaligen Ausflugsgaststätte Hüttermühle Gelder, die für den Strukturwandel im Lausitzer Revier vorgesehen sind. Wie diese Entscheidung aufgefasst wird und wie es nun weitergeht.

Von Verena Belzer
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So soll die Hüttermühle in Radeberg nach den Vorstellungen der Planen spätestens Ende 2026 aussehen.
So soll die Hüttermühle in Radeberg nach den Vorstellungen der Planen spätestens Ende 2026 aussehen. © Visualisierung: Planungsbüro Schubert

Radeberg. Wo beginnt eigentlich die Oberlausitz? Bischofswerda macht bekanntlich viel Werbung mit dem Titel "Tor zur Oberlausitz" - doch in Radeberg sieht das so mancher anders. Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos) hat schon mehrmals öffentlich kundgetan, Bischofswerda solle doch bitte entsprechende Schilder abmontieren, denn das Tor zur Oberlausitz sei doch ganz woanders: in Radeberg nämlich.

Nun könnte man meinen, das alles sei nur Geplänkel und eigentlich völlig irrelevant. Ist es aber nicht, denn wenn es um die Lausitz geht, geht es auch ums Geld. Um viel Geld. Genauer gesagt: Kohlegeld.

1,2 Millionen Euro zahlt Radeberg für die Hüttermühle

Vergangene Woche hat die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung (SAS) bekannt gegeben, dass die Radeberger Hüttermühle mit Geldern aus dem Strukturmittelfonds saniert werden kann. In der Stadt atmeten viele auf: Ein Verkauf der Hüttermühle, der in den vergangenen Jahren immer wieder Thema war, ist vom Tisch.

Einhellige Meinung im Stadtrat war zuletzt, dass die Möglichkeit, Kohlegelder nach Radeberg zu bekommen, die letzte Chance für die Hüttermühle sei. Die ehemalige Gaststätte soll unter anderem für Vereine, Wanderer, Fahrradtouristen und Kinder nutzbar gemacht werden.

Die Sanierung wird rund acht Millionen Euro kosten - wobei die Planer bereits jetzt davon ausgehen, dass es aufgrund steigender Baupreise möglicherweise bis zu zehn Millionen Euro werden könnten. Die Fördermittel werden maximal 90 Prozent abdecken. Die restlichen zehn Prozent, die aus Eigenmitteln der Stadt gestemmt werden müssen, sollen maximal 1,2 Millionen Euro betragen.

Chance für Radeberg trotz "Zielverfehlung"

Mit insgesamt 40 Milliarden Euro, verteilt über 20 Jahre, will die Bundesregierung drei Braunkohlereviere in vier Bundesländern fördern, die vom Kohleausstieg wirtschaftlich besonders betroffen sind. In Sachsen gehören das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier dazu. Sie sollen sich von Energieregionen zu Innovationsregionen mit neuen Perspektiven entwickeln.

Nun fragen sich so einige im Lausitzer Revier, was ausgerechnet Radeberg - im Speckgürtel Dresdens - zur Energieregion macht. Und nicht nur dort. Auch in Radeberg gibt es kritische Stimmen.

Frank-Peter Wieth beispielsweise, CDU-Fraktionsvorsitzender im Radeberger Stadtrat, freut sich zwar über die anstehende Sanierung der in der Region überaus beliebten Hüttermühle. "Es ist zweifellos eine Chance für die Hüttermühle, die für Radeberg durchaus ein Kleinod werden kann", sagt Wieth. "Im Hinblick auf das Ziel des Fonds, den Strukturwandel in der Lausitz aufgrund des Ausstiegs aus der Braunkohle zu gestalten, gehe ich hier von einer Zielverfehlung aus."

Andere Kommunalpolitiker sehen das anders. Ronny König, Fraktionsvorsitzender von Wir-für-Radeberg meint, eine "Neiddebatte wäre hier fehl am Platz". Umliegende Gemeinden hätten in der Vergangenheit ebenfalls von Strukturförderprojekten profitiert. Ähnlich argumentiert Detlev Dauphin, Chef der Freien Wähler: Schloss Seifersdorf und das Teichmühlenbad in Ottendorf-Okrilla hätten ebenfalls Zusagen erhalten. Und: "Radeberg liegt am Tor zur Oberlausitz, also im Fördergebiet." Das Fördergebiet umfasst die Landkreise Görlitz und Bautzen.

Ulrich Hensel, Chef der Grünen/SPD-Fraktion, bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel: Auch die Förderungen in Ottendorf und für Schloss Seifersdorf seien schon fragwürdig gewesen, und gleiches gilt für Radeberg. "Die Hüttermühle hat im Grunde nichts mit der Transformation der Kohleregion zu tun." Das sage ihm in die Vernunft. "Das Gefühl sagt natürlich, dass das eine tolle Sache für uns ist. Alle in Radeberg wünschen sich eine sanierte Hüttermühle."

Umsetzung bis Ende 2026 wird "sportlich"

Die Hüttermühle ist stark sanierungsbedürftig. Andere Nutzungsideen wie zum Beispiel ein Meditationszentrum scheiterten in der Vergangenheit.
Die Hüttermühle ist stark sanierungsbedürftig. Andere Nutzungsideen wie zum Beispiel ein Meditationszentrum scheiterten in der Vergangenheit. © René Meinig

Für die Stadt heißt es nun auch, schnell zu sein. Die Sanierung muss bis Ende 2026 abgeschlossen sein. "Sportlich, aber nicht unmöglich", sagt FW-Chef Dauphin, der auch darauf hinweist, dass die Kosten jedoch auf keinen Fall aus dem Ruder laufen dürfen. Die Stadt hat eine angespannte Haushaltslage. Die Entwicklung der Baukosten müssten jetzt permanent überwacht werden, fordert Dauphin. Ansonsten müssten Maßnahmen getroffen werden: "Dies kann durch Änderungen oder Vereinfachungen in der Planung erfolgen." Eine pauschale Erklärung, die Baupreise hätten sich erhöht, könne nicht akzeptiert werden.

Was passiert, wenn die Stadt doch mehr Geld als vorgesehen zuschießen muss? "Für den Fall, dass das passiert, muss der Stadtrat alle Optionen prüfen", sagt Frank-Peter Wieth von der CDU. "Dazu gehört auch, dass es nicht zur Umsetzung des Projektes kommen kann. Derzeit gehe ich aber davon aus, dass das Projekt zum Wohl der Stadt umgesetzt werden kann."

Ronny König von Wir-für-Radeberg pocht auch dringend darauf, genau diese Problematik mit in die Diskussion mit einzubeziehen: "Wir sollten im Vorfeld auch so ein Szenario besprechen, damit wir insgesamt gut vorbereitet und weitestgehend unbelastet starten können." Für Ulrich Hensel sind die bisher im Haushalt eingestellten 1,2 Millionen Euro kein "Automatismus". Man müsse ganz genau sehen, wie es nun weitergehe.

Kein konkreter Zeitplan für Sanierung der Hüttermühle

Wie geht es nun ganz konkret weiter? Die Stadträte mahnen allesamt an, dass keine Zeit zu verlieren ist. "Wir sollten schnellstmöglich in die rechtlichen und planerischen Voraussetzungen starten", sagt Ronny König.

Bei der Stadtverwaltung ist man indes noch ein wenig zurückhaltend, was die weitere Planung angeht. Im Hintergrund laufen sicherlich schon Vorbereitungen, doch einen konkreten Zeitplan nennt die Stadt nicht. "Im Moment müssen wir uns noch in Geduld üben, da die durch den Regionalen Begleitausschuss insgesamt elf befürworteten Vorhaben nun erst noch dem Freistaat Sachsen und dem Bund zur endgültigen Entscheidung vorgelegt werden müssen", erklärt Stadtsprecherin Sarah Günther. "Wir schätzen ein, dass wir nicht früher als in knapp vier Wochen einen schriftlichen Bescheid in den Händen halten werden."

Hinweis: Dieser Text wurde am Samstag, 25. November, um 11.25 Uhr um die Aussage von Ulrich Hensel ergänzt.

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