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Radeberg und Nachbargemeinden schließen Freundschaftsvertrag

Radeberg, Ottendorf-Okrilla, Wachau und Arnsdorf wollen künftig enger zusammen arbeiten und gründen den "Aktionsraum Rödertal". Wie das konkret aussehen soll.

Von Siri Rokosch & Verena Belzer
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Schick gemacht für die feierliche Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags haben sich die Bürgermeister Frank Höhme (Radeberg), Frank Eisold (Arnsdorf), Veit Künzelmann (Wachau) und Rico Pfeiffer (Ottendorf-Okrilla, v.l.).
Schick gemacht für die feierliche Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags haben sich die Bürgermeister Frank Höhme (Radeberg), Frank Eisold (Arnsdorf), Veit Künzelmann (Wachau) und Rico Pfeiffer (Ottendorf-Okrilla, v.l.). © Marion Doering

Rödertal. "Aktionsraum Rödertal": Unter diesem Begriff wollen Radeberg, Ottendorf-Okrilla, Arnsdorf und Wachau künftig enger zusammenarbeiten. Bereits seit einem halben Jahr treffen sich die vier Rathauschefs regelmäßig, um das Großprojekt "interkommunale Zusammenarbeit" auf die Beine zu stellen.

Ziel sei es nicht, Gemeinden und Ortschaften einzugemeinden oder die kommunale Eigenständigkeit aufzugeben, sondern unter anderem Fördertöpfe bestmöglich auszuschöpfen, Personalmangel entgegenzuwirken oder Maschinen der Bauhöfe untereinander zu nutzen.

Am Mittwochabend ist unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Radeberger Kaiserhof feierlich und im Beisein aller Gemeinde- und Stadträte ein entsprechender Vertrag für die Zusammenarbeit unterzeichnet worden.

Ein Ruhepol und drei "junge Wilde"

Der große Saal im Kaiserhof war rappelvoll - was vor allem daran lag, dass neben vielen Amtsleitern der Kommunen auch die Stadt- und Gemeinderäte anwesend waren. Auf der Bühne saßen die Rathauschefs: Frank Höhme (parteilos) aus Radeberg, Rico Pfeiffer (parteilos) aus Ottendorf-Okrilla, Frank Eisold (CDU) aus Arnsdorf und Veit Künzelmann (CDU) aus Wachau.

Künzelmann moderierte die Veranstaltung - und nicht Gastgeber Frank Höhme. Das kommentierte Höhme so: "Er ist von uns vieren der Ruhepol, der die jungen Wilden auch mal in die richtige Richtung führt."

Die richtige Richtung - da waren sich die vier Rathauschefs allerdings einig - ist mehr Zusammenarbeit. Alle könnten davon nur profitieren, erklärten sie. "Ziel der Zusammenarbeit ist es, Synergien für die Gemeinde- und Regionalentwicklung zu gewinnen und zu nutzen und gegenüber Dritten dafür gegebenenfalls auch gemeinsam eine stärkere Position einnehmen zu können."

Der demografische Wandel, der Fachkräftemangel oder die Digitalisierung seien nur einige Beispiele für relevante Themen.

Vorbild für die Zusammenarbeit ist das Wurzener Land

Vorbild für das Projekt "interkommunale Zusammenarbeit" ist die Gemeinde Thallwitz im Wurzener Land nordöstlich von Leipzig, mit der vor allem Wachaus Bürgermeister Veit Künzelmann engen Kontakt pflegt.

Am Mittwoch hatte sich Thomas Pöge (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Thallwitz, live in den Kaiserhof zugeschaltet, um einen Einblick in die Praxis dieser Form von Zusammenarbeit zu geben. Dabei stellte er etliche Projekte vor, die seine Gemeinde gemeinsam mit drei weiteren in den vergangenen zehn Jahren auf die Beine gestellt hat. "Dieser Weg bietet ganz klar mehr Chancen als Risiken", warb er für die Zusammenarbeit.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Schirmherrschaft für die IKZ Rödertal übernommen. Bis auf Stephan Wiesner, AfD-Gemeinderat aus Arnsdorf, stimmten alle Stadt- und Gemeinderäte für die Zusammenarbeit. Ein weiterer Arnsdorfer AfD-Gemeinder
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Schirmherrschaft für die IKZ Rödertal übernommen. Bis auf Stephan Wiesner, AfD-Gemeinderat aus Arnsdorf, stimmten alle Stadt- und Gemeinderäte für die Zusammenarbeit. Ein weiterer Arnsdorfer AfD-Gemeinder © Marion Doering

Doch er sprach auch ehrlich Herausforderungen und Nachteile an: "Erst einmal müssen einheitliche Prozesse geschaffen werden, das ist ganz klar ein erhöhter Arbeitsaufwand." Am Ende sei es wie in einer guten Ehe: "Es gibt gute und schlechte Tage."

Dennoch: Über verschiedene Fördertöpfe habe man seit Beginn der Zusammenarbeit bereits etwa 100 Millionen Euro in die Region geholt. "Das hätte keine unserer Gemeinden alleine geschafft."

Wie soll die Zusammenarbeit konkret aussehen?

Ziel sei es nun, dass der eine dem anderen hilft, sagte Ottendorfs Bürgermeister Rico Pfeiffer. "Es gibt unendlich viele Themengebiete, wie zum Beispiel die Schildergeschichte. Radeberg brauchte ein 30iger-Zonen-Schild, das der Bauhof aus Arnsdorf als Leihgabe zur Verfügung gestellt hat."

Aber auch Maschinen würden immer teurer und die Bauhöfe könnten sich gegenseitig aushelfen, indem sie zum Beispiel Kehrmaschinen ausleihen statt neue anschaffen zu müssen.

Auch das Thema Fachkräftemangel könnte entschärft werden. So könnten Gemeinde-und Stadtangestellte auch Aufgaben aus anderen Kommunen übernehmen, wenn zum Beispiel jemand krank wird. Somit entstünden für die Bürger keine Wartezeiten im Krankheits- oder Urlaubsfall eines Gemeindemitarbeiters.

Auch Themen, die alle beteiligten Gemeinden und die Stadt Radeberg betreffen wie den Brand- und Hochwasserschutz, die Digitalisierung und die Energie- und Wärmethematik könnten künftig besser gemeinsam satt alleine zu schnelleren und effizienteren Lösungen führen.

"Es gibt so viele Themen, bei denen wir zusammenarbeiten können und die für die Bürger Vorteile bringen", erklärte Pfeiffer. Auch die Möglichkeiten, Fördermittel zu bekommen, seien durch die Zusammenarbeit erhöht.

Die Chemie zwischen den vier Männern stimme einfach, das betonten alle. "Wir sitzen ja alle im selben Boot und wollen die Lebensqualität der Einwohner erhöhen, und das versuchen wir nun zusammen."

Dass sich die vier Rathauschefs mögen, zeigte sich auch beim Bierstadtfest: Hier nahmen sie unter der Motto "Wir bringen nicht nur Fässer ins Rollen" gemeinsam beim Bierfassrollen teil. Den letzten Platz nahmen sie mit Humor.
Dass sich die vier Rathauschefs mögen, zeigte sich auch beim Bierstadtfest: Hier nahmen sie unter der Motto "Wir bringen nicht nur Fässer ins Rollen" gemeinsam beim Bierfassrollen teil. Den letzten Platz nahmen sie mit Humor. © SZ/Verena Belzer

Ob die beteiligten Kommunen also "gemeinsam Geschichte schreiben", wie es Radebergs OB Frank Höhme ankündigte, wird letztlich die Zukunft zeigen. Gut möglich, dass sich gemeinsame Projekte vorteilig für alle Gemeinden auswirken, doch dafür muss der Geist der Zusammenarbeit, der im Kaiserhof demonstriert wurde, auch bewahrt und vor allem umgesetzt werden. Jetzt geht es also an die Arbeit.