Radeberg
Merken

Diese Ottendorfer Firma will zum Einkaufen verführen

Wer einen Bäcker in einem Netto oder Edeka betritt, oder in einen Obi geht, könnte von der Ottendorfer Firma "Linovag" zum Einkaufen verleitet werden. Wie das geht.

Von Siri Rokosch
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Stefan Schicht, der Betriebsleiter der Linovag Ladenbau GmbH  in Ottendorf-Okrilla, zeigt eine typische Selbstbedienungsbrottheke aus dem Supermarkt.
Stefan Schicht, der Betriebsleiter der Linovag Ladenbau GmbH in Ottendorf-Okrilla, zeigt eine typische Selbstbedienungsbrottheke aus dem Supermarkt. © Marion Doering

Ottendorf-Okrilla. Der Firmenstandort der "Linovag Ladenbau GmbH" war seinerzeit der Erste, welcher auf der "grünen Wiese" im jetzigen Gewerbegebiet in Ottendorf-Okrilla gebaut wurde. 1993 hatte Karl-Erivan Warder Haub, damals Geschäftsführer von "Tengelmann", diese Wiese an der Schutterwälder Straße 20 für sich entdeckt, und bei der Gemeinde um Baugenehmigung für einen Ladenausstatter gebeten. "Kaiser's Tengelmann" war damit das erste Unternehmen, welches sich im Gewerbegebiet Ottendorf-Okrilla ansiedelte. Vor rund fünf Jahren hatte die "Edeka-Gruppe" deutschlandweit 330 "Kaiser's-Tengelmann"-Filialen aufgekauft. Auch bei der "Linovag Ladenbau GmbH" ist der größte Kunde "Edeka".

Seit nunmehr 30 Jahren werden bei Linovag auf rund 11.500 Quadratmetern Fläche Möbel und Einrichtungen für den Verkauf für Lebensmitteleinzelhändler hergestellt. Inzwischen beschäftigt das Ladenbauunternehmen 110 Mitarbeiter und diesen soll am 10. Juni bei einem Fest für ihre Arbeit gedankt werden. Immerhin produzieren sie täglich "neue Einkaufswelten" für Endkunden im Supermarkt.

Solche "Einkaufswelten" erschafft die Ottendorfer Firma.
Solche "Einkaufswelten" erschafft die Ottendorfer Firma. © Marion Doering

Wie "verführt" uns der Ladenbauer zum Einkaufen?

Die Konsumenten werden im Geschäft von einer "Atmosphäre, die zum Waren kaufen animieren soll, empfangen", und damit sie das tun, stellt das Ottendorfer Unternehmen als Komplettausstatter die passenden Möbelstücke dazu her. Unter anderem fertigt es ganze Backwarenregale sowie vollständige Vorkassenbereiche, in denen Bäcker oder Fleischereien ihre Waren verkaufen.

Nach dem Rohbau liege dabei alles in den Händen von Linovag, sagt Stefan Schicht, Betriebsleiter des Ottendorfer Unternehmens: "Zuerst werden die Visualisierungen angefertigt, dann die Konstruktionszeichnungen. Das wird von der Designabteilung und den Innenarchitekten in Hannover übernommen. Danach fertigen wir als Komplettausstatter die Wandverkleidungen, die Sitzgelegenheiten, die Theken werden montiert und die Kühlung eingebaut. Wir produzieren auch die Ausstattung für heiße und kalte Lebensmittel."

Dabei liege die Holzverarbeitung am Standort in Ottendorf-Okrilla und die Stahlverarbeitung werde in Bad Hersfeld ausgeführt. Glas, Kühl- und Wärmetechnik sowie LEDs und Glas und die Steinarbeitsplatten werden hinzugekauft, überwiegend von Firmen aus der Region.

Die Möbel würden so gebaut, dass sie die Lebensmittel optimal präsentierten, unter anderem durch das richtige LED-Licht, sodass die Kunden in Kauflaunen-Atmosphäre gebracht werden. Somit sei der Ladenbau auch psychologisch zu betrachten.

Linovag hat unter anderem für den "Edeka" im Radeberger Silberberg-Center gebaut, für Emil Reimann aus Dresden und für die Bäckerei Raddatz. Aktuell werde in Dresden der "Edeka Scheller" an der Hamburger Straße mit Ladentechnik ausgestattet. Überwiegend baue das Unternehmen aber deutschlandweit - von Flensburg bis nach Süddeutschland - und viel im Berliner Raum. Auch Obst- und Gemüse-Bedienungsabteile und Fleisch-, Wurst- sowie Käsetheken stellt das mittelständige Unternehmen her. Zudem werden Produkte für "Do it yourself" der Obi-Baumärkte angefertigt.

Grafiker Stephan Hochmann aus Radeberg beklebt Ladenmöbel in der Produktionshalle der Linovag. Hier Grünabfall-Sammelbehälter für die Gemüseabteilungen.
Grafiker Stephan Hochmann aus Radeberg beklebt Ladenmöbel in der Produktionshalle der Linovag. Hier Grünabfall-Sammelbehälter für die Gemüseabteilungen. © Marion Doering

Brötchentheken erkennen selbst, dass sie leer sind

Zukunftsorientiert entwickelt Linovag in Ottendorf-Okrilla auch neue Technologien. Angesichts des Fachkräftemangels und der steigenden Kosten durch die Inflation würden immer mehr Thekenzusammenlegungen angefragt - zum Beispiel für Bäcker und Fleischer in Vorräumen von Supermärkten.

Um die fehlenden Arbeitskräfte im Handel zu kompensieren, entwickelt die Firma derzeit ein System, mit dem Selbstbedienungs-Backwarentheken eigenständig erkennen, wann Brötchen oder Brote ausverkauft sind und diese nachgefüllt werden müssen. Das ginge über eine Waage oder eine Kamera, erklärt Stefan Schicht. Beide könnten erkennen, wie viele Brötchen sich noch im Regal befinden. Obwohl dies Cent-Produkte sind, müsse der Einzelhandel solche "Prozesse geschmeidiger machen und personenärmer", um Kosten zu sparen. Einen Prototyp dazu gebe es bereits. Dieser soll demnächst in den Probebetrieb eines "Edeka"-Ladens gehen.

Firma setzt auf Wachstum

Linovag will am Standort Ottendorf auch weiter wachsen. 2020 war während der Corona-Zeit eine neue Halle gebaut worden. Auf rund 4.000 Quadratmetern Fläche werden jetzt auch dort Möbel montiert. Die Halle dient zudem als Logistikstandort.

Acht Azubis werden momentan ausgebildet. Freie Lehrstellen gibt es in diesem Sommer nicht mehr. Dafür werden aber noch ausgebildete Elektriker, IT-Kräfte, Konstrukteure und Tischler gesucht.

Insgesamt beschäftig das Unternehmen an seinen Standorten Karlsruhe, Hannover, Bad Hersfeld und Ottendorf-Okrilla 330 Menschen.

Dieser selbst fahrende Gabelstapler wird liebevoll von den Mitarbeitern "Chantal" gerufen. Er steuert eigenständig durch die Produktionshallen.
Dieser selbst fahrende Gabelstapler wird liebevoll von den Mitarbeitern "Chantal" gerufen. Er steuert eigenständig durch die Produktionshallen. © Marion Doering

Für die 110 Mitarbeiter am Ottendorfer Standort und ihre Familien gibt es am 10. Juni ein großes Familienfest. Dabei sollen vor allem die Kinder Freude haben, zum Beispiel beim Mitfahren im 40-Tonner oder auf der Kehrmaschine. Durch das Fest soll den Mädchen und Jungen gezeigt werden, wo ihre Eltern die meiste Zeit des Tages verbringen und was sie herstellen - und natürlich könnten auch dadurch neue Mitarbeiter für die Zukunft gewonnen werden.