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Beziehungen knüpfen fürs Geschäft

Seit zehn Jahren treffen sich in Radebeul Unternehmer zur Frühstücksrunde. Dabei werden Netzwerke geknüpft, die auch in der Not helfen.

Von Silvio Kuhnert
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In normalen Zeiten trifft sich der BNI-Chapter im West-Hotel zum Frühstück. Derzeit verlegt die Vorstandsspitze mit Anja Lipp (v.l.n.r.), Jens Fiedler, Rocco Martin und Dietmar Genze die Treffen per Videoschalte in Netz.
In normalen Zeiten trifft sich der BNI-Chapter im West-Hotel zum Frühstück. Derzeit verlegt die Vorstandsspitze mit Anja Lipp (v.l.n.r.), Jens Fiedler, Rocco Martin und Dietmar Genze die Treffen per Videoschalte in Netz. © Norbert Millauer

Radebeul. Reisemakler oder Kosmetiker können wie etliche andere Gewerbetreibende derzeit nicht ihren Beruf ausüben. Wegen der Corona-Pandemie gibt es keine Urlaubsreisen zu vermitteln und das Studio muss seit Wochen geschlossen bleiben. Da kann sich glücklich schätzen, wer auf ein Netzwerk aus Geschäftsleuten zurückgreifen kann, das hilft. So konnte die Inhaberin eines Reisebüros in Weinböhla bei einem befreundeten Unternehmer einen Nebenjob aufnehmen. Und einer Radebeuler Kosmetikerin geben Rechtsanwalt und Steuerberater Rat und Tipps, wie sie an Hilfsprogramme herankommen kann.

Diese zwei Beispiele nennt Anja Lipp. Die Unternehmensberaterin ist wie die bereits erwähnten Geschäftsleute Mitglied beim Unternehmensnetzwerk BNI (Business Network International). Seit nunmehr zehn Jahren gibt es in Radebeul eine eigene Gruppe, Chapter, und sie nennt sich „Karl May“. Sie zählt aktuell 28 Mitglieder und Anja Lipp ist Schatzmeisterin.

Unternehmensnachfolge gesichert

Durch das BNI-Chapter „Karl May“ gingen bei der Baufirma Getifix in Meißen zu Beginn dieses Jahres nicht die Lichter aus, sondern drei Mitarbeiter stehen weiterhin in Lohn und Brot. „Der bisherige Firmeninhaber Wolfgang Puls wollte sich zur Ruhe setzen und suchte einen Nachfolger“, berichtet Lipp. Durch das Netzwerk wurde er fündig. Denn Chapter-Mitglied Lutz Stöckigt, Architekt und planender Baumeister, übernahm zum 1. Januar die Geschäftsleitung und führt das Unternehmen fort, das auf Bauwerksabdichtung, Terrassen- und Balkonbau sowie das Bekämpfen von Hausschwamm und Schimmelpilzen spezialisiert ist.

Das BNI-Netzwerk hat der US-amerikanische Unternehmensberater Ivan Misner im Jahr 1985 gegründet. Heute ist es mit über 10.000 Unternehmerteams mit rund 275.000 Mitgliedern in 70 Ländern auf allen fünf Kontinenten des Erdballs präsent. Das Radebeuler Chapter ist Teil der BNI-Regionalgruppe Südost. Deren Gebiet erstreckt sich von Pirna im Osten, Altenburg im Westen, Dessau im Norden und der deutsch-tschechischen Staatsgrenze im Süden. Sie zählt insgesamt 24 Chapter mit 550 Unternehmen.

Treffen immer mittwochmorgens

Die Grundidee ist, dass Aufträge, die bei Unternehmen aus der Region entstehen, auch regional umgesetzt werden. Hierzu treffen sich die Chaptermitglieder einmal pro Woche zum Frühstück zwischen 6.45 und 9 Uhr. „Um diese Uhrzeit gibt es keine Veranstaltungen. Er ist der freieste Termin auf der ganzen Welt“, sagt Jens Fiedler, BNI-Regionaldirektor. Abends warten nach Betriebsschluss Ehrenamtsaufgaben, Vereinsarbeit oder Sport, früh nichts.

Daher kommen seit zehn Jahren immer wieder Unternehmer mittwochmorgens, zuerst im Konferenzhotel Radisson Blu in Ost, später im Hotel Goldener Anker in Altkötzschenbroda und nun im West-Hotel an der Stadtgrenze zu Coswig, zu Kaffee und belegten Brötchen zusammen. Ob Immobilienmakler, Architekt, Bauingenieur, Malermeister, Kosmetikerin, Reisekauffrau, Anwalt, Steuer-, Unternehmens oder Finanzberater – jede Woche berichten die Unternehmer aus der Region in der Frühstücksrunde über ihr Geschäft, erzählen auch von ihren Nöten oder nach was sie gerade dringend suchen. Und meistens kennt dann einer in der Gruppe einen, der einen kennt, der helfen kann. So versorgen sich die Mitglieder gegenseitig mit Kunden und Aufträgen. Pünktlich liefern und zahlen gehören zu den Regeln. „Vertrauen und Zuverlässigkeit sind wichtig“, so Chapterdirektor Rocco Martin.

Neue Mitglieder und Gäste sind willkommen

Er ist Mitglied in Radebeul seit der ersten Stunde, was nicht selbstverständlich ist. Denn die Mitgliedschaft muss jedes Jahr neu beantragt werden. In der Gruppe herrscht Branchenexklusivität. Das heißt, jedes regionale Chapter nimmt nur ein Team-Mitglied pro Fachgebiet auf. Damit innerhalb der Gruppe keine Konkurrenz entsteht. Der Jahresmitgliedsbeitrag beträgt 990 Euro. Weitere Mitglieder sind gern gesehen. „Wir wünschen uns beispielsweise noch ein Autohaus, einen Optiker, ein Fahrradgeschäft und Physiotherapeuten“, sagt Martin.

Durch die Corona-Pandemie sind gemeinsame Frühstücksrunden derzeit im realen Leben nicht möglich. Dennoch wird auf das wöchentliche Treffen nicht verzichtet. Es findet nun mittels Videokonferenz statt. Das bietet die Möglichkeit, die Netzwerktreffen zu anderen BNI-Chaptern auszuweiten, sogar über den großen Teich. So war jüngst ein Immobilienrechtsanwalt aus Los Angeles per Videoschalte dabei. Interessierte Unternehmer sind ebenfalls als Gäste willkommen.

www.bni-so.de

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