SZ + Radebeul
Merken

Gerüchteküche über Radebeuls Stadtteilmanagement brodelt

Ende des Jahres hört die Stadtteilkümmerin von Radebeul-West auf. Das sorgt für Fragen, wie es mit dem Stadtteilmanagement weitergeht. Sollen Vereine die Aufgabe übernehmen?

Von Silvio Kuhnert
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Ladenfläche zu mieten – solche Plakate reihen sich auf der Bahnhofstraße in Radebeul-West an leeren Schaufenstern, wie an der Ecke zur Güterhofstraße. Die Stadtteilmanager sollen helfen, die Einkaufsstraßen zu beleben.
Ladenfläche zu mieten – solche Plakate reihen sich auf der Bahnhofstraße in Radebeul-West an leeren Schaufenstern, wie an der Ecke zur Güterhofstraße. Die Stadtteilmanager sollen helfen, die Einkaufsstraßen zu beleben. © Norbert Millauer

Radebeul. Städte benötigen lebendige Zentren. "Sie sind Identifikationsort, sozialer und kultureller Mittelpunkt, Schaufenster der Geschichte, Wirtschaftszentrum, Begegnungsort und Marktplatz. Der Handel mit seinen Angeboten ist nach wie vor eines der wichtigsten Ziele, die städtischen Zentren aufzusuchen", das schreibt die Radebeuler Stadtverwaltung.

Die Sätze stehen in einer Beschlussvorlage aus dem Frühjahr 2021. Damals beschloss der Stadtrat, für beide Stadtteilzentren in Ost und West Budgets für Händleraktionen einzuführen sowie Stadtteilmanager zu beschäftigen. Diese sollen verkaufsfördernde Aktivitäten und Feste planen und koordinieren, als Ansprechpartner für Verwaltung und Gewerbetreibende fungieren, wenn es um Gestaltungsfragen im Quartier geht, wie zum Beispiel Bepflanzung oder Weihnachtsbeleuchtung.

Dass Aktivitäten zur Belebung Not tun, ist bei einem Bummel über die Bahnhofstraße mehr als sichtbar. Im Geschäftshaus an der Ecke zur Güterhofstraße stehen beispielsweise an prominenter Stelle Läden leer. Auch nach dem Umzug der heutigen Apotheke Radebeul West in das neue Ärztehaus hat sich kein Nachmieter für den ehemaligen Standort an der Ecke Bahnhof-, Harmoniestraße gefunden. Ebenfalls an den Schaufenstern der ehemaligen Hypovereinsbank werben Plakate mit der Aufschrift "zu vermieten". Aufgaben gibt es viele. Neben Händleraktionen sind hier sicher auch Anstrengungen einer aktiven Wirtschaftsförderung gefragt.

50.000 Euro für die Zentren von Ost und West

Um die Stadtteile mit Aktionen zu beleben, wie zum Beispiel aktuell mit dem Radebeuler Adventskalender, hat die Verwaltung zwei Stadtteilmanager engagiert – Christiane Weikert für West und Sabine Luft für Ost. Als die beiden Stadtteilkümmerer im Sommer 2021 ihren Dienst auf Honorarbasis antraten, beschrieb Baubürgermeister Jörg Müller (parteilos) die Ziele des Stadtteilmanagements wie folgt: „Wir machen es für die Kunden. Sie sollen in die Geschäftsstraßen kommen und spüren: Hier passiert was, hier macht es Spaß zu bummeln.“ Die Besucher sollen einen Service erleben, der sich vom Online-Handel unterscheidet.

Bestellen im Internet und sich Waren per Paketboten nach Hause liefern zu lassen – dieses Kaufverhalten war durch die Coronakrise gewachsen. Um Kunden wieder für das Einkaufen in Geschäften zu begeistern und um neue Kundschaft zu gewinnen, hat der Stadtrat 2021 beschlossen, jeweils 50.000 Euro in den nächsten drei Jahren zur Verfügung zu stellen. 24.000 Euro sind jährlich als Honorar für die Stadtteilmanager gedacht und 26.000 Euro für Aktionen.

Neben dem am 1. Advent gestarteten Radebeuler Adventskalender wird es auf der Hauptstraße mit dem Adventsgeflüster am 16. Dezember einen Weihnachtsmarkt geben. In Ost sind Händler regelmäßig zur Kasperiade aktiv, in West zeigen sie zum Kinderfest Flagge. Es gab Schaufensteraktionen mit Sprüchen und Gedichtzeilen oder Kunstaktionen wie Fotoausstellungen in sonst leerstehenden Geschäften.

Wirtschaftsförderin übernimmt

Ende dieses Jahres hört Christiane Weikert als Stadtteilmanagerin in Radebeul-West auf. Diese Aufgabe lasse sich nicht mehr mit ihrem Hauptberuf vereinbaren. Eine berufliche Veränderung bindet sie mehr in ihren Job ein. So bleibe für das Stadtteilmanagement nicht mehr die erforderliche Zeit. Weil ihr die Belebung des Zentrums von Kötzschenbroda weiterhin am Herzen liegt, bleibt sie Mitglied der Kultur- und Werbegilde. Die Aufgaben des Stadtteilmanagements absolvieren beide Frauen im Zweitjob.

Nicht nur durch den vorzeitigen Weggang von Christiane Weikert brodelt die Gerüchteküche. Die Aufgaben der Kümmerer sollen künftig Vereine übernehmen – in West die bereits bestehende Gilde, in Ost ein noch zu gründender Gewerbeverein. Auch aus der Finanzierung wolle sich die Stadtverwaltung zurückziehen und diese komplett den Gewerbetreibenden überlassen, heißt es. Genährt wird der Buschfunk durch die offene Frage, wie es mit dem Stadtteilmanagement im nächsten Jahr weitergeht. Der Stadtratsbeschluss zu den Zentrenbudgets ist auf die Jahre 2021, 2022 und 2023 begrenzt.

Wie Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) informiert, wird die Aufgaben des Quartiersmanagers in West Gabriele Bäßler übernehmen. Sie war bisher im Rathaus als Referentin in der Projekt- und Investorenleitstelle für die Wirtschaftsförderung zuständig und hat sich nun in den Ruhestand verabschiedet. Trotz Renteneintritts wird sie das Stadtteilmanagement im nächsten Jahr weiter koordinieren und begleiten, so Wendsche.

Auswertung im nächsten Jahr

Wie die Stadtverwaltung weiter informiert, begannen die beiden Stadtteilmanagerinnen erst im Juli 2021 ihren Dienst. Daher wurde der Jahresbetrag von 50.000 Euro halbiert und auf die Jahre 2021 und 2024 verteilt. Somit stehen laut Stadtverwaltung bis Juni nächsten Jahres noch 25.000 Euro zur Verfügung.

Entsprechend der Intention bei der Einführung soll nach Ablauf der drei Jahre die gesammelten Erfahrungen mit den Stadtteilbudgets ausgewertet und evaluiert werden. "Dies wird für 2024 seitens der Verwaltung vorbereitet", heißt es aus dem Rathaus. Wenn die Auswertung vorliegt, entscheidet der Stadtrat wie es mit dem Stadtteilmanagement weitergeht.

Eines seiner Ziele sei es, dass die Akteure - Gewerbetreibende, Händler, Grundstücks- und Hauseigentümer, Anwohner – durch aktive Unterstützung eine Struktur aufbauen, welche entsprechend ihrer Bedürfnisse die Geschicke ihres Stadtteilzentrums gemeinsam in die Hände nehmen. "Dieses Ziel ist unter anderem durch eine feste Gemeinschaft und entsprechender Organisationsstruktur zu erreichen", berichtet Stadtsprecherin Ute Leder.

Wegen der Baustelle auf der Bahnhofstraße steht für das Jahr 2024 darüber hinaus für Kötzschenbroda parallel zu dem noch vorhandenen Zentrenbudget die Begleitung durch einen fest in der Verwaltung angestellten Mitarbeiter im Tiefbauamt mit dem Schwerpunkt des Baustellenmanagements zur Verfügung.