SZ + Radebeul
Merken

Diese vergessene Radebeuler Gastronomie hat eine bewegte Geschichte

Der Gasthof Serkowitz wurde anno 1337 erstmals in einer Urkunde erwähnt. Ein Hobby-Historiker hat die Geschichte des Gebäudes rekonstruiert.

 8 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wolfram Wagner vor dem Gasthof Serkowitz in Radebeul. Der Ingenieur hat eingehend zur Geschichte des heutigen Lügenmuseums recherchiert.
Wolfram Wagner vor dem Gasthof Serkowitz in Radebeul. Der Ingenieur hat eingehend zur Geschichte des heutigen Lügenmuseums recherchiert. © Arvid Müller

Von Peter Salzmann

Radebeul. Akribisch hat der Hobbyforscher Wolfram Wagner die Geschichte des legendären Gasthofs Serkowitz auf 13 A4-Seiten aufgeschrieben. Das Flurstück Nr. 32 misst 1.060 Quadratmeter und ist für jedermann sichtbar dem Verfall preisgegeben. Manch einer steht kopfschüttelnd vor dem Haus. Denn das altehrwürdige Gebäude Altkötzschenbroda 39 im Süden Radebeuls „mit einer Hufe Land“ gilt als „ältester Gasthof der Lößnitz und jahrhundertelang als einzige Schenke der Kirchfahrt Kaditz“, weiß der 70-jährige Dresdner, der von 1953 bis 1978 in Radebeul wohnte.

Wolfram Wagner ist Diplom-Ingenieur für Straßenbau, hat unter anderem als Bauleiter in Dohma nahe Pirna gearbeitet, an der B170 in Dippoldiswalde, im Raum Sebnitz an der geschichtsträchtigen Hocksteinschänke, auch als Referatsleiter Straßenbau und im Straßenbauamt Meißen, bevor er sich als Baurat in die Pension verabschiedete.

Wer mit Wagner ins Gespräch kommt, kann sich auf eine Lektion Heimatgeschichte freuen und muss aufmerksam zuhören können. Sein Kopf ist voller Namen, Zahlen und Daten. Faktenreich und interessant hat er seine Recherchen über Radebeul und Umgebung zu Papier gebracht – in 18 Ordnern verewigt. Sein dichter Bart verleiht ihm zusätzliche Würde, wenn er über Serkowitz – 1905 zu Radebeul eingemeindet und Wagners Geburtsort – kenntnisreich vom Gasthof spricht und nur nebenbei erwähnt, dass das Lügenmuseum jetzt dort zu Hause ist.

Sechs Regenbogenfenster an der Straßenseite lassen erahnen, dass hinter dem Gemäuer dereinst rauschende Feste, Dorffeten mit Gesang, Musik und Tanz stattgefunden haben. Und Bier ist in Strömen geflossen, obwohl der Gasthof nie ein Braurecht besessen hat. Wolfram Wagner präsentiert ein vergilbtes Foto aus den besten Jahren des Anwesens, in denen die LPG Frühgemüsezentrum Kaditz mithilfe fleißiger Handwerker aller Gewerke am 1. Mai 1975 das Haus als „eine gemütliche Gast- und Kulturstätte“ der Öffentlichkeit übergeben hat.

Das Ehepaar Hildmann, Objektleiter Pönisch und Küchenchef Kühn sorgten dafür, dass der Saal mit einem prachtvollen Leuchter mit 98 Brandstellen große Bewunderung hervorrief. Drinnen zierten Graffito-Bilder mit Radebeuler Historie und der Gasthofgeschichte die Wände. Schöpfer ist der renommierte Dresdner Kunstmaler Hermann Glöckner, der als „Patriarch der Moderne“ einen wesentlichen Beitrag zum europäischen Konstruktivismus geleistet hat.

Im Besitz von Grafen, Richtern und Großbauern

Ihre Angebote werden geladen...