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Wann es bei der Radebeuler Wasserwehr Alarm schlägt

Zu den Aufgaben der Feuerwehr gehören nicht nur Brandbekämpfung und technische Hilfe. Sie rückt auch aus, wenn die Elbe dem Stadtgebiet naht - nach einem festen Plan.

Von Silvio Kuhnert
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Mit Einsatzwagen und Schlauchboot macht Stadtwehrleiter Roland Fährmann bei Hochwasser Kontrolldienst.
Mit Einsatzwagen und Schlauchboot macht Stadtwehrleiter Roland Fährmann bei Hochwasser Kontrolldienst. © Arvid Müller

Radebeul. Zwei Wasserstände am Elbpegel Dresden hat Radebeuls Stadtwehrleiter Ralf Fährmann sofort im Kopf. Es sind die Marken 5,10 Meter und 6,10 Meter. Erreicht die Elbe bei einer Flut den erstgenannten Wasserstand, müssen parkende Autos von der Festwiese entfernt und die Außenanlagen des Bootshauses beräumt werden. Beim zweitgenannten Pegelstand steht das Elbwasser bereits an der Elbsporthalle.

Welche Schritte von der Alarmierung bis Evakuierung und Wasserabpumpen bei welcher Alarmstufe und bei welchem Flusspegel von den Kameraden der Feuerwehr zu tun sind, ist minuziös im Hochwasser- und Eisabwehrdokument der Stadt Radebeul festgelegt. Denn zu den Pflichten der 110 aktiven Feuerwehrmänner und -frauen gehört es nicht nur Menschen, Tiere und Sachwerte wie Häuser und deren Mobiliar vor Bränden zu schützen oder in Notlagen und bei Gefahren technische Hilfe zu leisten. Sondern sie müssen auch einen Wasserwehrdienst einrichten. So hat es der Stadtrat einstimmig in der neuen Feuerwehrsatzung festgelegt.

Erfahrungen bei der Flut 2002 gesammelt

„Radebeul hat keine eigene Wasserwehr“, klärt Fährmann auf. Denn diese würde nur bei Hochwasser oder Eisgefahr ausrücken. „Diese Aufgaben nimmt bereits seit vielen Jahren die Freiwillige Feuerwehr wahr. Wir kommen eh bei Überschwemmungen“, berichtet der 62-Jährige. Dies wurde in der Satzung nun noch einmal offiziell schriftlich fixiert. Zur Ausrüstung gehören bereits zwei Boote. Diese kommen nicht nur bei Hochwasser zum Einsatz, sondern mit diesen retten die Kameraden auch Leben auf der Elbe.

Nach den Erfahrungen bei der Jahrhundertflut 2002 wurden entsprechende Einsatzpläne zu den jeweiligen Alarmstufen erarbeitet. Denn damals haben die Kameraden viel gelernt. So ließen sie beispielsweise die Tanks der Tankstelle an der Kötzschenbrodaer Straße leeren, bevor diese im Flusswasser standen, damit Benzin und Diesel nicht auslaufen. Die Folge: Die leichten Tanks bekamen Auftrieb und die Feuerwehrleute hatten ganz schön zu kämpfen, dass diese nicht mit der Elbeflut fortschwammen. Heute wissen sie, dass sie den Kraftstoff drin lassen müssen. Die Tanks werden so gesichert und abgedichtet, dass der Inhalt nicht entweichen kann.

An der Elbe steht zuerst das Bootshaus unter Wasser

Die Erfahrungen der Elbefluten 2002, 2006 und 2013 spiegeln sich im Einsatzplan wider. Bei einem Pegelstand von vier Metern in Dresden tritt die Alarmstufe eins in Kraft. Hier informiert die Talsperrenverwaltung zunächst den Diensthabenden, den Bürgermeister. Dieser muss den Empfang der Nachricht innerhalb einer Stunde quittieren. Bei der Feuerwehr bleibt es noch ruhig.

Wenn das Flusswasser auf fünf Meter steigt, wird Alarmstufe zwei ausgerufen. Nun werden die Wachen in Ost und West informiert. Deren Wehrleiter richten einen Kontrolldienst ein und beobachten die Lage. Einen besonderen Fokus richten sie dabei auf den Lößnitzbach. Denn durch den Rückstau von der Elbe tritt der Bach in Serkowitz sowie in der Senke im Bereich Mühlweg als Erstes über die Ufer. Bei steigendem Pegel ist an der Elbe zuerst das Bootshaus betroffen. „Die Sportler kümmern sich selbst und räumen alle Gegenstände im Erdgeschoss in höhere Stockwerke“, berichtet Fährmann.

Ab einem Wasserpegel von sechs Metern gilt Alarmstufe drei. Nun wird das Technische Hilfswerk hinzugezogen. Denn die Elbe steht dann bereits im Bootshaus. Die Elbsporthalle muss abgedichtet werden. Und in Altserkowitz müssen die ersten Anwohner das Erdgeschoss leerräumen.

Sporthallen als Notunterkunft

Alarmstufe vier herrscht bei einem Pegel von sieben Metern in Dresden. Bei den Alarmierungsstufen geht es nicht höher, beim Wasserstand schon. Nun gilt Hochwasserabwehr. Sandsäcke, Pumpen und Spezialtechnik kommen zum Einsatz. Bewohner müssen aus den Überschwemmungsgebieten evakuiert werden. Für sie stehen Turnhallen wie am Luisenstift als Notunterkünfte bereit.

Sporthallen dienen nicht nur bei Hochwasser als Unterkünfte und Sammelpunkte, sondern auch bei anderen Katastrophen. Sollte beispielsweise wegen eines nahenden heftigen Unwetters das Festgelände im Lößnitzgrund geräumt werden, finden die Festbesucher in den städtischen Einrichtungen ein sicheres Obdach, informiert Fährmann. Dorthin werden Anwohner auch beim Fund einer Fliegerbombe gebracht.

Noch gut kann sich Fährmann an Mitte Mai 2008 erinnern. Damals wurde eine Bombe mit 500 Kilogramm Sprengstoff an der Augustusbrücke in Dresden entdeckt. Spezialisten brachten diese per Schiff an den Panzersteg. In dessen Nähe wurde die Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg kontrolliert zur Sprengung gebracht. Den enormen Wums vergisst Fährmann nicht. Zuvor hatte die Feuerwehr Anwohner der Kötzschenbrodaer Straße in Sicherheit gebracht.