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Hamburger Duo will markantes Haus in Altriesa beleben

Arne Reichardt und Thomas Großmann haben gemeinsam ein Wohngebäude an der Külzstraße gekauft – und wollen auch Leben ins ehemalige Ladengeschäft im Erdgeschoss bringen.

Von Sarie Teichfischer
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Thomas Großmann (l.) und Arne Reichardt (r.) haben das Eckhaus Dr.-Külz-Straße 35 gekauft – und schmieden zumindest für ein Geschoss durchaus ungewöhnliche Pläne.
Thomas Großmann (l.) und Arne Reichardt (r.) haben das Eckhaus Dr.-Külz-Straße 35 gekauft – und schmieden zumindest für ein Geschoss durchaus ungewöhnliche Pläne. ©  Archiv: Sebastian Schultz

Riesa. Ein Brettspiel brachte sie zusammen: Vor vier Jahren spielten Arne Reichardt und Thomas Großmann in Hamburg zum ersten Mal gemeinsam "Cash Flow". Das Spiel soll grundlegende Finanzstrategien erklären. Unter anderem geht es dabei um die Frage, wie man gemeinsam investiert.

Kurze Zeit nach dem Hamburger Brettspielabend beschlossen die beiden Männer, gemeinsam zu investieren – und zwar in ein Haus in Riesa, in dessen Erdgeschoss sie nun stehen. Es handelt sich um das Eckgebäude an der Ecke Dr.-Külz- und Franz-Mehring-Straße. Ein stattliches Wohn- und Geschäftshaus, Baujahr 1902, mit mehr als 1.000 Quadratmetern Wohnfläche. Im Erdgeschoss befand sich einst ein Fachgeschäft für Berufsbekleidung.

Er komme aus Dresden und habe sich schon länger mit Immobilien in Sachsen beschäftigt, erzählt Thomas Großmann, der seit 2008 in Hamburg lebt. Über ein Internet-Portal habe er von dem Riesaer Objekt erfahren: "Neben uns gab es noch eine Menge anderer Interessenten, die relativ schnell wieder abgesprungen sind, als sie den Zustand des Hauses sahen", erinnert sich der Architekt. "Der Makler meinte, dass wir die ersten seien, die schon mit einem Konzept fürs Haus kämen."

Zu diesem Konzept gehört, dass aus dem ehemaligen Berufsbekleidungsladen ein Co-Working-Space werden soll. Co-working hat seinen Ursprung in den USA und bedeutet wörtlich übersetzt „nebeneinander arbeiten“ oder „zusammenarbeiten“, also eine Art Bürogemeinschaft. Den beiden Männern geht es dabei vor allem um Netzwerken und das Schaffen einer Win-win-Situation durch die Zusammenarbeit von Einzelnutzern oder Freiberuflern. Nach den Vorstellungen von Arne Reichardt und Thomas Großmann sollen in das 120-Quadratmeter-Ladenlokal zwölf Schreibtische kommen. Plus Besprechungsraum und Teeküche nebenan.

Das Eckhaus in der Dr.-Külz-Straße 35. Im Ladengeschäft wurde lange Berufsbekleidung verkauft.
Das Eckhaus in der Dr.-Külz-Straße 35. Im Ladengeschäft wurde lange Berufsbekleidung verkauft. © Sebastian Schultz

Die beiden sind allerdings flexibel: "Wir wollen es einfach ausprobieren", sagt Arne Reichardt, der aus Hamburg stammt. Ob Co-working in Riesas Innenstadt eine Chance hat, wollen die beiden schon einmal beim Anti-Leerstandsprojekt für den Riesaer Boulevard testen.

Für den Ladenraum im Erdgeschoss kann sich Thomas Großmann vorerst auch eine Zwischennutzung vorstellen: "Zum Beispiel mit Ausstellungen von lokalen Künstlern." Die Intention der beiden Männer sei, zur Stadtentwicklung beizutragen. "Es wäre doch schön, wenn mehr Leute hier blieben", so der 54-Jährige.

Eine der Wohnungen im Haupthaus, die zu sanieren sind.
Eine der Wohnungen im Haupthaus, die zu sanieren sind. © Sebastian Schultz

Für ihr Haus an der Külzstraße liegt die Priorität der beiden Eigentümer allerdings darin, die Wohnungen auszubauen, um diese dann vermieten zu können. Gekauft hat das Duo das Eckhaus im Herbst 2021 von einer Frau aus Gießen – mit fünf Mietern und 50 Prozent Leerstand. "Wir wollen Wohnungen zusammenlegen", berichtet Thomas Großmann. Bei der geplanten Sanierung stehe vor allem die Frage, wie man das mehr als 120 Jahre alte Haus zukunftsfähig machen kann, "sodass es mit den neuen Energiegesetzen und den neuen Bedarfen zeitgemäß ist", wie Arne Reichardt sagt. Fest stehe unter anderem, dass das Dach saniert werden muss. Das soll allerdings erst etwas später passieren. Jetzt stehe zunächst ein Termin mit einem Energieberater an.

Günstig für die Koordinierung ist, dass Arne Reichardt vor Ort ist. Der Hamburger zog nach dem Kauf direkt ins Haus ein: "In der obersten Etage gab es eine Wohnung mit Küche, da habe ich mich eingenistet." Der Wirtschaftsingenieur erzählt, er habe in Corona-Zeiten seinen Hamburger Arbeitsplatz im Flugzeugbau aufgegeben. Die Abfindung stecke jetzt hier im Gebäude. "Ich finde es toll, neue Dinge zu machen", sagt er. Das Elbland erkunde er gern per Motorrad. "Ich habe mir die Region meiner Großeltern auf diese Weise gut erschlossen." Sein Großvater sei auf dem Waldheimer Bahnhof aufgewachsen, wo sein Urgroßvater Eisenbahner war. Thomas Großmann schaut aus Hamburg regelmäßig für ein paar Tage in Riesa vorbei.

Das Hinterhaus diente ehemals als Stall, Waschküche und Heulager.
Das Hinterhaus diente ehemals als Stall, Waschküche und Heulager. © Sebastian Schultz

Die beiden sehen sich als ideales Team, sagt Thomas Großmann: "Ich habe als Architekt mehr den Blick für baukonstruktive Dinge wie Sanierung. Arne ist der Techniker und hat Ahnung von Anlagen und Bautechnik. Da ergänzen wir uns sehr gut."

Für Arne Reichardt ist es derweil nicht der erste Immobilienkauf. "Ich habe vor 25 Jahren angefangen, einzelne Wohnungen zu kaufen", erzählt er. Als Investor möchte er sich trotzdem nicht bezeichnen. "Immobiliensammler trifft es eher", sagt der 54-Jährige und lacht. "Wenn man einmal eine Wohnung gekauft hat, die in der Vermietung war, und das funktioniert, dann ist das einfach ein Erfolg. Und Erfolg macht irgendwo süchtig. Dieser Sucht bin ich nachgegangen." Das Riesaer Projekt sei das erste, das einen signifikanten Bauanteil hat. "Deshalb ist es für mich eine Herausforderung."

Die beiden Geschäftspartner, die noch weitere Projekte unterhalten und sich übers Cash-Flow-Spielen kennenlernten, wollen das Finanz-Spiel auch gern in Riesa etablieren und sind noch auf der Suche nach Interessenten. Für Arne Reichardt war es ein Meilenstein, als ein Arbeitskollege ihn damals mit zu seinem ersten Spieleabend "geschleppt" hat, wie er sich erinnert. Das habe sein Leben und sein Umfeld verändert. "Man lernt übers Cash-Flow-Spielen Leute kennen, die die gleichen Ideen haben und so ergibt sich ein Netzwerk, bei dem Projekte entstehen."