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Bruderpaar nach Silvester-Prügelattacke in Riesa vor Gericht

Zwei Brüder wollen sich offenbar wegen einer Zurechtweisung an einem Riesaer rächen – wegen der dünnen Beweislage wird allerdings nur einer verurteilt.

Von Manfred Müller
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Drei Jahre nach einer Schlägerei standen jetzt zwei Männer in Riesa vor Gericht.
Drei Jahre nach einer Schlägerei standen jetzt zwei Männer in Riesa vor Gericht. © Sebastian Schultz

Riesa. Es bleibt vieles im Vagen bei der Verhandlung gegen zwei Brüder, die im Riesaer Amtsgericht der gefährlichen Körperverletzung angeklagt sind. Denn beide verweigern die Aussage, was ihr gutes Recht ist. Und die Tatzeugen verwickeln sich derart in Widersprüche, dass eine objektive Beurteilung der Geschehnisse kaum möglich erscheint.

Was war passiert an jenem Silvesterabend 2020 auf der Friedrich-List-Straße in Riesa? Die Geschädigten beschreiben die Situation so: Da steht eine Familie mit ihren zwei Kindern und zwei Bekannten nach 10 Uhr auf dem Gehweg und zündet für die Kleinen ein paar Feuerwerkskörper. Auf der Straße fährt mehrmals ein Mercedes vorbei, ohne die 30er-Geschwindigkeitsbegrenzung zu beachten. Der Mann will offensichtlich mit dem PS-starken Gefährt posen. Das fährt einem der Feiernden in die Nase. Es hätten ja Kinder auf dem Bürgersteig gestanden, die durch den Raser in Gefahr gebracht wurden, sagt der später Geschädigte, der hier Ron heißen soll.

Mit Kette und Schlagstock verdroschen

Ron bedeutet dem Mercedes-Fahrer, beim nächsten Vorbeifahren anzuhalten. Dieser stoppt auch und lässt die Scheibe auf der Beifahrerseite herunter. Ron lehnt sich – eine Bierflasche in der Hand – in den Wagen und will dem Fahrer die Leviten lesen. Nun muss man wissen, dass der selbst ernannte Ordnungshüter fast drei Promille intus hat und bereits schwankt und lallt. Dabei verschüttet er Bier im Auto – möglicherweise auch mit Absicht. Der Mercedes-Fahrer Danilo S. gibt daraufhin Gas und entfernt sich.

Eine halbe Stunde später kommt der Benz zurück und parkt in einer nahe gelegenen Sackgasse. Zwei Männer steigen aus und kommen in aggressiver Absicht auf die Feiergesellschaft zugelaufen. Einer von ihnen soll mit einer Kette auf Ron eingedroschen haben. Der andere mit einem länglichen Gegenstand, der einem Schlagstock ähnlich sah. Als die Schläger den Betrunkenen zu Boden geprügelt haben, fährt der Mercedes wieder vor, die Täter steigen ein und verschwinden.

Auch der andere Bekannte der Familie, der seinem Freund beistehen will, bekommt etwas mit der Kette ab. Er ist aber immerhin noch nüchtern, kann sich die Autonummer merken und ruft nach der Attacke die Polizei an.

Diese kann anhand des Kennzeichens später den Besitzer des Mercedes ausfindig machen. Besser gesagt: die Besitzerin, eine Zeithainerin in den besten Jahren. Von ihr wiederum führt die Spur zu Danilo S., mit dem sie offenbar ein Verhältnis hatte. Bei einer polizeilichen Vernehmung versucht die Frau, den 37-Jährigen zu decken. Er habe zwar einen Schlüssel für den Mercedes, sei aber an besagtem Silvesterabend nicht damit unterwegs gewesen.

Genug Indizien für einen Racheakt

Als die Polizei später die beiden Geschädigten befragt, ergibt sich ein ziemliches Durcheinander. Ron war so betrunken, dass er weder den Mercedesfahrer wiedererkennen konnte, noch die Männer, die ihn geschlagen haben. Sein nüchterner Kumpel wiederum hat nur vage Erinnerungen, und das Gastgeber-Ehepaar will niemanden erkannt haben, weil es damit beschäftigt war, die beiden Kinder ins Haus zu bringen.

Auch die erneute Befragung vor Gericht ergibt nichts Erhellenderes. So bleibt Richter Alexander Schreiber nichts anderes übrig, als den Bruder von Danilo S., der einer der Schläger gewesen sein soll, freizusprechen. Bei S. sieht er es allerdings als erwiesen an, dass dieser den Mercedes gelenkt und später auch die Prügler herbeigerufen hat. Er bekommt deshalb wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung eine Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro aufgebrummt.

Es gebe hinreichende Indizien für einen Racheakt, begründet der Richter seine Entscheidung. Außerdem seien alle denkbaren Alternativen – etwa, dass Danilo S. das Auto an einen Dritten weitergegeben hat – nur theoretischer Natur. Weil der Delinquent zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, sieht das Gericht von einer Freiheitsstrafe ab.