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Parkplatz-Rempler wird zum Mysterium

Bei einem Parkmanöver wird ein Renault ramponiert. Es gibt Zeugen. Doch der Fall ist komplizierter als gedacht.

Von Eric Weser
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Einem Opel-Fahrer wird vorgeworfen, in Großenhain Fahrerflucht begangen zu haben.
Einem Opel-Fahrer wird vorgeworfen, in Großenhain Fahrerflucht begangen zu haben. © Symbolfoto: Pixabay.com/8bit-Fan

Riesa/Großenhain. Eigentlich scheint die Sache klar: Ein abgestellter Renault nimmt bei einem Parkplatz-Rempler auf dem Großenhainer Topfmarkt Schaden. Der Opel Vectra, der dafür verantwortlich ist, fährt weg. Menschen in der Nähe beobachten den Unfall, melden ihn der Polizei. Die ermittelt den Opel-Besitzer. Es kommt zum Gerichtsprozess, bei dem der Fahrzeugbesitzer wegen Unfallflucht verurteilt wird.

Doch so klar ist die Sache nicht, wie sich im Prozess vorm Riesaer Amtsgericht zeigt.

Elmar S. (Name geändert) ist der Besitzer des Opel Vectra, der im Herbst 2021 in Großenhain reichlich 2.000 Euro Schaden an dem Renault verursacht haben soll. Er sei an dem Tag mit seinem Opel auf den Großenhainer Topfmarkt gefahren, bestätigt der 66-jährige Gröditzer. Auf dem engen Parkplatz sei er vorsichtig gewesen und sogar mehrmals ausgestiegen, um sicherzustellen, dass er beim Rangieren genügend Abstand zu den anderen Autos hat.

Dass jemand aus seinem Auto ausgestiegen ist, hat auch ein Gerald R. (Name geändert) beobachtet, der am besagten Tag mit einer Kollegin in einem anderen Wagen auf dem Parkplatz saß. Seiner Erinnerung nach passierte das, nachdem es hörbar gekracht hatte und der Opel mit einem dahinter stehenden Auto kollidiert war. Nach Inspizierung des Schadens sei die Person wieder in den Opel eingestiegen und davongefahren. Gerald R. erinnert sich, wie er und seine Kollegin zunächst baff waren, dann das Kennzeichen des Opels festhielten und wie er später von zu Hause aus das Großenhainer Polizeirevier über den Vorfall informierte.

Polizisten waren es dann auch, die Elmar S. dann daheim besuchten, befragten, Fotos von seinem Auto machten, an dem Unfallschäden zu sehen waren. S. sagt, er sei erstaunt gewesen. Mit den Informationen der Polizei habe er dann am Tag nach dem Vorfall die Besitzerin des Renaults ausfindig gemacht, eine Verkäuferin aus Großenhain.

Die Schadensreparatur am Auto habe S. bar bezahlen wollen, sagt die Frau über das Zusammentreffen. Die Sache ohne Versicherung abzuwickeln, war der 50-Jährigen aber nicht geheuer. Sie habe kein Vertrauen zu Elmar S. gehabt. So habe S. ihr erst gesagt, er habe den Schaden verursacht. Wenig später habe er gemeint, dass er nicht sicher sei, ob er es gewesen ist.

Denn: Gemerkt haben will der Gröditzer von dem Parkplatz-Rempler und der Beschädigung des anderen Autos nichts. Das beteuert er auch vor Gericht.

Womit es zumindest Zweifel gibt, ob S. tatsächlich unfallflüchtig geworden ist. Denn dazu muss er den Unfall überhaupt erst bemerkt haben.

Hinzu kommt: Zeuge Gerald R. war sich am Tag des Geschehens und auch später noch ziemlich sicher, dass er an jenem Oktobertag eine Frau gesehen hatte, die aus dem Opel ausgestiegen war. Für ihn als auch seine Kollegin sei überraschend gewesen, von der Polizei zu hören, dass in dem Unfallflucht-Verfahren ein Mann beschuldigt wird. Der, wie sich im Gericht zeigt, zwar längere Haare, aber auch Bart hat und von der Statur her auch nicht unbedingt weiblich wirkt.

Der Richter stellt das Szenario in den Raum, dass Elmar S. das Auto an jemanden verliehen haben könnte und sich nun schützend vor diese Person stellt. Das schließt der Angeklagte jedoch aus. Er sei alleine, habe gar niemanden.

Erkenntnisse erhofft sich die Staatsanwaltschaft von Gerald R.s Beifahrerin. Sie hatte wegen einer Corona-Erkrankung nicht bei der Verhandlung dabei sein können und soll Ende März als Zeugin gehört werden.

Der Prozessausgang scheint damit offen. Angeklagt ist Elmar S. wegen Fahrerflucht, die eine Geldstrafe oder gar Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zur Folge haben kann; außerdem droht dem Gröditzer der Entzug seiner Fahrerlaubnis. Doch auch eine Verfahrenseinstellung oder gar ein Freispruch erscheinen denkbar.