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AfD will Kita-Gebühren in Riesa abschaffen

Die Fraktion schlägt vor, die Elternbeiträge schrittweise abzuschaffen. Andere Stadträte sprechen von Populismus.

Von Stefan Lehmann
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Ende 2019 protestierten Eltern gegen eine Erhöhung der Kita-Beiträge. Nachdem die AfD damals zustimmte, will sie nun auf ein Ende der Gebühren hinarbeiten.
Ende 2019 protestierten Eltern gegen eine Erhöhung der Kita-Beiträge. Nachdem die AfD damals zustimmte, will sie nun auf ein Ende der Gebühren hinarbeiten. © Lutz Weidler

Riesa. Was war damals los vor der Stadthalle Stern in Riesa. Mehr als 100 Eltern und ihre Kinder hatten sich im November 2019 vor dem Gebäude versammelt, selbstgebastelte Schilder in den Händen. Ihr Ziel damals: eine Erhöhung der Kita-Gebühren zu verhindern. 

Letztendlich zeigte der Protest zumindest etwas Wirkung: Die Elternbeiträge stiegen zwar, aber am Ende nicht so stark, wie zunächst geplant. Zustande gekommen war dieser Kompromiss mit den Stimmen von CDU und AfD

In diesem Jahr wird das Thema wohl unter anderen Vorzeichen diskutiert werden. Denn noch bevor die Tagesordnung für den nächsten Stadtrat öffentlich ist, hat die AfD-Fraktion bekanntgegeben, sie wolle ein schrittweises Ende der Elternbeiträge beantragen. 

AfD-Stadträtin Ute Blosfeld verweist auf den Kompromiss aus dem November 2019: "Wir haben dem Oberbürgermeister damals eine Hausaufgabe gegeben." Marco Müller (CDU) sollte Gespräche mit dem Land aufnehmen und sich darum kümmern, dass die Gebühren abgeschafft werden könnten. "Ob er diese Hausaufgabe erledigt hat, wissen wir nicht." Aber nur unter dieser Prämisse habe man damals zugestimmt, so die Stadträtin. 

Kosten von mehr als 500.000 Euro

Tatsächlich beinhaltet der damals gefasste Beschluss den Auftrag an die Stadt, "die Möglichkeiten auszuschöpfen, um mit dem 01.01.2021 die Senkung der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung dauerhaft einzuleiten und kontinuierlich, mit dem Ziel der Abschaffung, fortzuführen".

 Unter anderem schrieben die Stadträte einen Brief nach Dresden, in dem sie ein Ende der Beiträge forderten. Auf eine kürzlich gestellte Anfrage hieß es aus dem Rathaus: "Eine stärkere Verantwortung des Freistaats ist fraktionsübergreifend im Stadtrat eingefordert worden. Wie sich das entwickelt, ist derzeit aber noch nicht absehbar."

Knapp ein Jahr später wolle die AfD Riesa aber "endlich Bewegung in die Sache bringen", sagt Ute Blosfeld. Sie verweist auf das Modell, mit dem in Berlin ein Ende der Beiträge auf den Weg gebracht wurde: Jährlich soll ein Kita-Jahr mehr für die Eltern kostenfrei werden. Den Anfang sollen demnach die Vorschulkinder machen. 

Ute Blosfeld und ihre Fraktionskollegen rechnen damit, dass in diesem ersten Schritt Kosten von 500.000 bis 800.000 Euro übernommen werden müssten - entweder von der Stadt oder vom Freistaat Sachsen. Aus Blosfelds Sicht ist klar: "Herr Müller muss sich kümmern, damit das Land das Kindergeld zahlt." Ihre Fraktion sieht den Vorstoß auch als ein Mittel, Riesa für Familien attraktiver zu machen, den Zuzug zu fördern. 

Aus dem Rathaus hat es bisher noch keine Reaktion auf den Antrag gegeben, erklärt Ute Blosfeld auf Nachfrage. Sie geht aber davon aus, dass das Thema in der nächsten Ausschuss- und Stadtratsrunde besprochen wird, also Anfang November. Aber wird es dann auch zu einem Beschluss kommen? Die AfD-Stadträtin gibt sich optimistisch.

 "Ich denke schon, dass wir Mehrheiten bekommen können." Man müsse schauen, was die Stadtverwaltung letztendlich anbietet. Speziell die CDU müsse eigentlich zustimmen. Schließlich habe die Fraktion im November 2019 auch den Kompromiss mitgetragen, der eine Abschaffung der Kita-Gebühren zum Ziel erklärte. 

Räte halten Forderung für unrealistisch

Andere Stadträte teilen diesen Optimismus nicht. Linke-Chefin Uta Knebel spricht angesichts des AfD-Vorschlags von "Populismus". Dabei teile ihre Fraktion durchaus das Ziel, die Beiträge abzuschaffen. "Aber das muss vom Land ausgehen. In diese Richtung hat die Linke im Landtag schon lange gearbeitet, aber wir haben dort keine Mehrheiten." Wenn die Stadt Riesa einen Beschluss fasse, müsse auch ein Deckungsvorschlag erfolgen. Heißt: Das Geld müsste an anderer Stelle eingespart werden, sagt Knebel. Ihr stelle sich die Frage, ob der Antrag nicht schon Vorbereitung auf den OB-Wahlkampf sei. 

So weit geht man bei der CDU nicht. Fraktionschef Helmut Jähnel erklärt, seine Fraktion teile insoweit die Meinung, dass man Familien entlasten wolle. Insofern werde man so einen Antrag sicher diskutieren. "Es stellt sich aber die Frage des Deckungsvorschlags." In jedem Fall müsse man ein gesundes Verhältnis zwischen Entlastung und stabilem Haushalt schaffen. Ohne den Freistaat sei das im Moment nicht möglich. "Wenn, dann wäre das aber ein Thema für den nächsten Doppelhaushalt." 

Andreas Näther (SPD), Chef der Fraktion Gemeinsam für Riesa, reagiert zunächst etwas amüsiert auf den AfD-Antrag. Er erinnert noch einmal an den Antrag, den seine Fraktion vor einem Jahr gestellt hatte: "Damals wollten wir, dass die Elternbeiträge auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum gesenkt werden. Das lehnte die AfD ab. Dann stimmte sie für eine Erhöhung - und will jetzt die Beiträge ganz abschaffen." 

Näther sagt, er sei skeptisch, dass das überhaupt geht: "Wenn so ein Beschluss gefasst würde, müsste möglicherweise sogar der Oberbürgermeister Widerspruch einlegen." Denn ohne Hilfe des Landes übersteige so eine Maßnahme Riesas Möglichkeiten. "Die Rechtsaufsicht würde uns das um die Ohren hauen bei unseren Schulden." 

Die Stadtverwaltung erklärt auf Nachfrage, man könne sich wegen der Ferienzeit erst kommende Woche näher zu dem Thema äußern. 

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