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Was ein Auto-Führerschein im Raum Meißen kostet

Wer heute die Fahrerlaubnis erwerben will, muss mit bis zu 3.000 Euro rechnen. Mancher Fahrschüler geht dafür gleich mehreren Nebenjobs nach.

Von Sarie Teichfischer
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Elina Schreiber nimmt seit Juni Fahrstunden bei der Fahrschule Donath in Riesa. Im November will die 19-Jährige ihre praktische Prüfung machen. Sie finanziert ihren Führerschein großteils selbst durch einen Nebenjob in einem Restaurant.
Elina Schreiber nimmt seit Juni Fahrstunden bei der Fahrschule Donath in Riesa. Im November will die 19-Jährige ihre praktische Prüfung machen. Sie finanziert ihren Führerschein großteils selbst durch einen Nebenjob in einem Restaurant. © Sebastian Schultz

Landkreis Meißen. Elina Schreiber aus Cunnersdorf bei Großenhain macht gerade ihren Führerschein. Die 19-Jährige braucht ihn für ihre Ausbildung zur Logopädin in Leipzig: "Für Vor-Ort-Termine wird dort ein Auto-Führerschein verlangt", erzählt sie. So nimmt sie seit Juni Unterricht bei der Fahrschule Donath in Riesa. Ihre praktische Prüfung soll im November sein. "Zwar gibt meine Oma etwas dazu, aber den größten Teil des Führerscheins finanziere ich selbst, indem ich nebenbei in einem Restaurant arbeite", berichtet Elina Schreiber.

Das sei der normale Finanzierungsweg, sagt Linda Weinschröder von der Fahrschule Donath. Sie habe allerdings auch schon eine Kundin gehabt, die drei Jobs gleichzeitig nachgegangen sei, um ihre Fahrschule zu finanzieren. "Ein Führerschein fürs Auto kostet bei uns heute im Schnitt 2.500, teilweise 3.000 Euro", berichtet Weinschröder. "Es gibt auch Schüler, die sprengen den Rahmen, da sind wir bei wesentlich mehr; das ist allerdings die absolute Ausnahme." Der Gesamtpreis für den Führerschein sei also extrem schwankend. Olaf Herzig, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in Meißen, bestätigt das: "Genau deshalb mache ich schon seit Jahrzehnten keine Angebote mehr für einen Führerschein." Sein günstigster Führerschein sei in diesem Jahr 1.700 Euro gewesen - auch das eine Ausnahme.

Fahrstundensätze zwischen 50 und 70 Euro

"Der Theoriekurs alleine kostet bei uns momentan schon 350 Euro, da sind noch keine Lehrmittel dabei", erzählt Linda Weinschröder. "Dazu kommen noch die Prüfgebühren für Fahrschule und Dekra von etwa 70 Euro." Die Stauchitzerin berichtet, 2009 selbst den Führerschein bei ihrem jetzigen Arbeitgeber gemacht und dafür 1.200 Euro bezahlt zu haben. "Damals lagen wir bei einem Fahrstundensatz von 29 Euro, jetzt sind wir bei 55 Euro." Olaf Herzig bestätigt das: "Eine Fahrstunde liegt in unserer Region momentan im Schnitt bei 50 bis 70 Euro." Gestiegene Spritpreise seien dabei nur ein Faktor.

Olaf Herzig arbeitet seit 1986 als Fahrlehrer. Seit 1997 ist er mit seiner eigenen Fahrschule selbstständig. Er erklärt: "Im Gegensatz zur DDR, wo der Führerschein staatlich unterstützt wurde, sind Fahrschulen jetzt Wirtschaftsunternehmen. Ein Fahrschullehrer muss also auch Kaufmann sein." Das hieße: Jeder muss seine Fahrstundenpreise für sich kalkulieren, dafür also Ausgaben und Einnahmen gegenüberstellen. Dabei sei zu beachten, dass allein durch die Umsatz- und Einkommenssteuer schon ein Drittel des Fahrstundenpreises aufgefressen würde. Dazu kämen die individuellen Kosten, wie Miete und Personal, sowie die extrem gestiegenen Nebenkosten, wie Strom und Gas zur Unterhaltung der Räume.

Lutz Donath, Inhaber der Riesaer Fahrschule Donath, bei einer praktischen Fahrstunde mit Elina Schreiber.
Lutz Donath, Inhaber der Riesaer Fahrschule Donath, bei einer praktischen Fahrstunde mit Elina Schreiber. © Sebastian Schultz

Das Teuerste dabei seien allerdings die Fahrzeuge, so Herzig: "Unser aller Problem sind doch die steigenden Kraftstoffkosten; ich habe gerade wieder für 100 Euro getankt. Früher waren es 50 Mark. Da können wir uns die prozentuale Steigerung ausrechnen." Ähnlich sähe es bei einem Ölwechsel aus. "Das sind gigantische Preissteigerungen, und da fahren wir keine Ferraris." Die billigsten Autos seien allerdings auch nicht geeignet, denn: "Wir müssen ja standesgemäß die ganzen Assistenz-Systeme vorhalten, um den Fahrer der Zukunft auszubilden."

Hinzu kämen die Kosten für Lehrmittel: "Das sind Tausende von Euro, die wir jedes Jahr an Lizenzverträgen bezahlen müssen, natürlich wird das auf den Fahrschüler umgelegt", so Herzig. Genauso wie die Pflicht-Fortbildungen für Fahrlehrer. Und die Fahrlehrer-Ausbildung grundsätzlich: "Die ist inzwischen kostentechnisch gleichzusetzen mit einem gehobenen Meister-Abschluss", berichtet der 56-Jährige. Fahrlehrer seien heute psychologisch und pädagogisch, verkehrsrechtlich und didaktisch ausgebildet und würden inzwischen ihren Marktwert kennen. Es bestünde zudem nach wie vor ein Mangel, wie Fahrschulen im gesamten Landkreis bestätigen.

Fahrschüler brauchen heute länger zum Abschluss

Einen wichtigen Punkt für die gestiegenen Führerscheinkosten will Herzig unbedingt genannt wissen: "Die Fahrschüler brauchen inzwischen wesentlich länger als vor 20 Jahren. Das liegt aber nicht am Fahrlehrer, sondern daran, dass die neue Generation ganz anders tickt." Er bemerke diesbezüglich vor allem fehlende Selbstständigkeit: "Wir sind früher von Kindesbeinen an mit dem Fahrrad gefahren und kannten daher die Ortschaften. Heute kann man keine Ortskundigkeit mehr voraussetzen." Nicht zu unterschätzen sei außerdem: "Wenn wir früher als Beifahrer mitgefahren sind, haben wir die Augen nach vorne gerichtet. Jetzt wird am Smartphone gedaddelt, oder man schaut eine DVD."

Trotz der gestiegenen Kosten gäbe es keinen Einbruch an Kundschaft. Aber es kämen mehr Leute mit der Anfrage zur Ratenzahlung, berichtet Linda Weinschröder. Sie könne das vollkommen nachvollziehen, aber: "Für uns geht das nicht. Wir würden damit zur Bank werden, nur ohne Zinsen. Und wie lange will jemand den Führerschein mit einer Monatsrate von 100 Euro abbezahlen?"

Auch Olaf Herzig aus Meißen bietet seit Jahren keine Ratenzahlung mehr an. Dadurch fielen einige potenzielle Kunden weg, was aber nicht ins Gewicht falle: "Es gibt immer noch genug Leute, die ausreichend verdienen." Er lebe von Stammkundschaft: "Wir sind seit 30 Jahren am Markt. Ich habe noch nie gehört: Du bist zu teuer." Bei ihm machten jetzt die Kinder ehemaliger Schüler ihren Führerschein. "Denen geht es vor allem um Seriosität." Finanziert werde die Fahrschule immer noch so wie früher: "Viele sparen seit langer Zeit darauf. Bei vielen helfen die Eltern und Großeltern aus. Die kaufen dann halt zur Jugendweihe nichts Sinnloses."