Moskau. Die russischen Ermittlungsbehörden haben einen Tag nach dem Überfall auf einen Anwalt und eine bekannte Journalistin in Tschetschenien ein Strafverfahren eingeleitet. Es werde wegen leichter und mittelschwerer Körperverletzung ermittelt, teilte das Russische Ermittlungskomitee am Mittwoch auf seinem Telegram-Kanal mit. Am Dienstag waren die oppositionelle Investigativreporterin Jelena Milaschina und der Anwalt Alexander Nemow nach ihrer Ankunft in Grosny von Unbekannten entführt und misshandelt worden.
Milaschina seien Finger gebrochen worden, sie sei kahl geschoren und mit einem grünlichen Desinfektionsmittel übergossen worden, berichtete die Menschenrechtsorganisation Memorial über den Vorfall. Sie habe Prellungen am ganzen Körper erlitten und habe mehrmals das Bewusstsein verloren. Auch Nemow sei verprügelt worden und habe eine Stichwunde am Bein erlitten.
Beide wollten in Tschetschenien der Urteilsverkündung für Sarema Musajewa beiwohnen. Die 53-jährige Ehefrau eines ehemaligen Richters war vergangenes Jahr aus der russischen Stadt Nischni Nowgorod nach Grosny verschleppt worden.
Milaschina war bereits 2020 von Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow mit dem Tod bedroht worden, nachdem sie kritisch über den brutalen Umgang mit der Bevölkerung in der Corona-Pandemie berichtet hatte. Die Journalistin recherchiert seit Jahren in Tschetschenien.
Kadyrow führt die islamisch geprägte Republik im Nordkaukasus mit harter Hand. Bürgerrechtler beklagen immer wieder brutale Menschenrechtsverstöße, darunter Folter und Verfolgung. In den 1990er Jahren führte das damals nach Unabhängigkeit strebende Tschetschenien zwei Kriege gegen Russland. Moskau schaffte es mit massiven Angriffen, die Kontrolle über die Region zurückzuerlangen. (dpa)