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Dresdner Genforscher machen Mäuse schlauer

Es ist nur ein winziger Unterschied, der das menschliche Gehirn wachsen lässt. Die Frage bisher war: Macht dieser Unterschied auch intelligenter?

Von Stephan Schön
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Mäuse mit einem menschlichen Gen können sich mehr merken als ihre natürlichen Artgenossen - fürs Memory reicht es jedoch noch nicht ganz.
Mäuse mit einem menschlichen Gen können sich mehr merken als ihre natürlichen Artgenossen - fürs Memory reicht es jedoch noch nicht ganz. © Lei Xing et al., EMBO J 2021 / MPI-CBG

Dresden. Was macht den Menschen zum Menschen? Dresdner Forscher finden dazu neue Details. Die Mutation eines einzigen Gens, das nur beim Menschen vorkommt, hat in der Evolution die Voraussetzung für das große menschliche Gehirn geschaffen.

Das hatte ein Team von Wieland Huttner am Dresdner Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (CBG) bereits vor einiger Zeit herausgefunden. Jetzt konnten die Forscher allerdings nachweisen, dass dieses eine Gen ARHGAP11B nicht nur das menschliche Gehirn strukturell verändert, sondern dass es auch schlau macht.

Die Dresdner Wissenschaftler setzten dieses menschliche Gen den Embryonen von Mäusen ein. Deren Gehirn begann daraufhin deutlich größer zu werden als normalerweise. Mehr noch. Dieses größere Gehirn der Mäuse war auch im Erwachsenenalter leistungsfähiger. Das zeigen jetzt gemeinsame Studien mit Wissenschaftlern vom tschechischen Zentrums für Phänogenomik in Prag.

Lei Xing, Postdoktorand in der Gruppe von Wieland Huttner, konnte zeigen, dass
die Vergrößerung des Gehirns und die erhöhte Anzahl von Neuronen in
genveränderten Mausembryonen, in denen ARHGAP11B aktiv ist, tatsächlich bis ins
Erwachsenenalter anhält. Die genmanipulierten Mäuse wurden schlauer.

Ein menschliches Gen vergrößert nicht nur das Gehirn, dieses Gen macht auch schlauer.
Ein menschliches Gen vergrößert nicht nur das Gehirn, dieses Gen macht auch schlauer. © dpa/Arno Burgi

In zahlreichen Verhaltenstests stellte sich heraus, die genveränderten Mäuse sind aufmerksamer, weniger schreckhaft und sie merken sich Dinge besser. Einer der Versuche fand folgendermaßen statt: Die Forscher veränderten ständig die Standorte der Wasserflaschen im Käfig, aber nach einer festgelegten Reihenfolge. Die genveränderten Mäuse waren in der Lage, diese komplizierten Muster zu erkennen. Sie wussten vorab, wo die nächste Flasche auftaucht.

Dies alles sei Grundlagenforschung zu einer der ältesten Menschheitsfragen, sagt Wieland Huttner. Langfristig solle dies aber zu medizinischen Anwendungen führen. „Je mehr wir darüber wissen, wie Nervenzellen entstehen, sich teilen und organisieren, desto besser können wir eine Therapie entwickeln.“ Es gehe beispielsweise um die künftige Produktion künstlicher, aber körpereigener Nervenzellen.