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Hat die SZ einen Corona-Staatsauftrag?

Die Corona-Krise wird auch unter SZ-Lesern kontrovers diskutiert. SZ-Ombudsmann Olaf Kittel beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Olaf Kittel ist Ombudsmann der SZ. In dieser Funktion kümmert er sich um Leseranliegen rund um die Zeitung und führt den Leserbeirat.
Olaf Kittel ist Ombudsmann der SZ. In dieser Funktion kümmert er sich um Leseranliegen rund um die Zeitung und führt den Leserbeirat. ©  Claudia Hübschmann (Archiv)

Am Sonntag am Bratwurststand in Moritzburg. Weder wird der Abstand von 1,50 m eingehalten noch werden Masken getragen. Können Sie mir erklären, worin der Unterschied zu den Protestdemonstrationen besteht? Ach ja, Sie haben ja einen Staatsauftrag, die Kritiker der Regierungsmaßnahmen zu verunglimpfen. MfG W. Tränkle

Sehr geehrter Herr Tränkle,

zunächst kann ich Ihre Eindrücke vom Wochenende durchaus bestätigen. Viele Sachsen zog es bei schönem Wetter raus ins Freie, längst nicht alle hielten sich da, wo es nötig wäre, an die Corona-Regeln. Andererseits war ich überrascht, dass die Mehrzahl der Fußgänger diese Woche auf der Prager Straße in Dresden Masken trugen und anderen Passanten ziemlich konsequent aus dem Weg gingen. Klar, wir lernen alle noch.

Aber muss ich Ihnen wirklich den Unterschied erklären zwischen einem lokalen Risiko am Bratwurststand, wo vielleicht 20 Leute anstanden, und einem Super-Spreading-Ereignis von 20.000 Menschen? Zumal es in Moritzburg eher unüblich ist, in der Wartegeinschaft den Grillmeister mit Sprechchören anzufeuern. Es ist wie immer, wenn man sich ein vernünftiges Urteil bilden will: Es gilt, die Fakten zu prüfen.

Dies trifft auch auf Ihre Behauptung zu, die SZ hätte einen Staatsauftrag, die Kritiker der Regierungsmaßnahmen zu verunglimpfen. Es fällt mir schwer, diese Behauptung zu bewerten, ohne den Begriff „Unsinn“ zu verwenden. Natürlich gibt es keinen Staatsauftrag. In den vergangenen Tagen konnten Sie eine ganze Reihe Artikel in der SZ lesen, die die Corona-Maßnahmen untersuchten und kritisch bewerteten. Kritisiert wurde die generelle Schließung der Restaurants, das totale Runterfahren der Kultur, diverse Aktionen in den Schulen, das kurz vor dem Lockdown schwer nachvollziehbare Handeln der Landesregierung. Vielleicht haben Sie ja noch einige SZ-Ausgaben daheim, dann lesen Sie doch noch mal nach. Sie werden mehr Beispiele finden.

Allerdings sind Journalisten nicht nur kritische Leute, sie sind in aller Regel auch verantwortungsbewusst. Deshalb gehen sie auch kritisch mit den Querdenker-Demos um, weil hier neben vielen besorgten Menschen eine Menge gewaltbereiter Radikaler mitläuft und die Forderung, den Lockdown aufzuheben, schlicht und einfach unvernünftig ist. Es gehört zur Verantwortung der Medien, Gefahren einzuschätzen, Gegenmaßnahmen zu diskutieren und zu bewerten. Offen und ehrlich.