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Kretschmer beklagt "Geisterfahrerei" in der deutschen Politik

Die CDU muss sich auf Bundesebene in die Rolle der Oppositionspartei einfinden. Sachsens CDU-Ministerpräsident will alle Probleme offen ansprechen und langfristige Strategien entwickeln.

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) beklagt das Fehlen langfristiger Strategien in der Bundespolitik.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) beklagt das Fehlen langfristiger Strategien in der Bundespolitik. © Archivbild: dpa/Heiko Rebsch

Dresden. Langfristige Strategien statt kurzsichtiges Krisenmanagement: Der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sieht den Bund bei der Zeitenwende in der Bringpflicht. "In Deutschland gibt es noch viel Geisterfahrerei", sagte er mit Blick auf das Agieren der Berliner Ampel-Koalition. "Wir müssen raus aus dem Kriseninterventionsmechanismus und rein in einen Prozess strategischer Überlegung. Wie kann man in der derzeitigen Lage auch nur auf den Gedanken kommen, Atomkraftwerke stilllegen zu wollen und den vorgezogenen Ausstieg aus der Braunkohle zu forcieren?" Das schaffe nur Unsicherheit bei Investoren und lasse die Preise steigen.

"Ich habe mich oft positiv über die Bundesregierung geäußert, wenn ich das Gefühl hatte, sie hat sich auf den richtigen Weg gemacht", sagte Kretschmer. Richtige Entscheidungen müsse die CDU als größte Oppositionspartei zum Wohl des Landes mittragen. "In der aktuellen Krise tut es Deutschland gut, dass es ein föderales Land ist. Wir müssen aber vorsichtig sein. Wir brauchen keine Politik, die eine Verringerung der Wirtschaftsleistung in Kauf nimmt, um damit als Beitrag zum Klimaschutz die CO2-Emissionen zu senken. Das geht so nicht." Nur ein wirtschaftlich starkes Land könne die Probleme lösen.

"Wir müssen den Umbau der Wirtschaft für den Klimawandel mit Innovationen schaffen, mit einem Wettbewerb der Ideen und nicht mit Verboten. Sonst verliert Deutschland an Kraft und ist nicht mehr wettbewerbsfähig in einer Welt, in der mit China ein immer stärkerer Akteur auftritt", betonte Kretschmer. Um Wohlstand zu verteidigen, gelte es mit technologischen Innovationen auf dem Exportmarkt erfolgreich zu sein. "Es geht hier nicht darum, den zweiten oder dritten Urlaub zu finanzieren. Es geht um ein Rentensystem, das jeden absichert, ein Krankensystem, das jedem Spitzenmedizin ermöglicht, wenn er sie braucht, es geht um eine wirksame Pflegeversicherung."

"Wir sind sehr spät dran. Die Bundesregierung hat viel Zeit verloren und viele Menschen aufgebracht", sagte der Regierungschef. Auch aus der Mitte der Gesellschaft heraus seien Leute auf die Straße gegangen und hätten deutlich gemacht, dass es so nicht gehe. Kretschmer wertete das als Zeichen einer lebendigen Demokratie und forderte Demonstranten auf, sich klar von Extremisten abzugrenzen. Inzwischen habe der Bund einige Dinge auf den Weg gebracht. Es fehle aber noch an einem klaren Erkenntnisprozess - etwa in der Energiepolitik. "Wir laufen sehenden Auges in weitere Kostensteigerungen hinein."

Kretschmer zufolge braucht Deutschland zu allen Problemen eine offene Diskussion. "Sie ist die Lebensversicherung einer Demokratie." Die Bundesregierung sollte stärker auf die Bürger zugehen und sie in Entscheidungsprozesse einbeziehen. "Wir müssen diese Diskussionen in einer großen Breite führen, weil sich sonst Menschen ausgegrenzt fühlen. Das haben wir bei der Flüchtlingskrise, aber auch jetzt in der Corona-Pandemie gesehen." Es sei klar, dass es in einer offenen Gesellschaft ganz unterschiedliche Positionen gibt. "Gerade bei Themen, die besonders aufwühlen, müssen wir viel miteinander reden. (dpa)