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Es droht erheblicher Wassermangel

Zur zweiten Wasserkonferenz Lausitz trafen sich Experten am Montag im Hoyerswerdaer Bürgerzentrum.

Von Mirko Kolodziej
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Speicherbecken Lohsa (im Vordergrund), Bernsteinsee (oben halblinks) und Dreiweiberner See sollen einmal als Wasserspeichersystem für die Spree dienen.
Speicherbecken Lohsa (im Vordergrund), Bernsteinsee (oben halblinks) und Dreiweiberner See sollen einmal als Wasserspeichersystem für die Spree dienen. © Foto: LMBV/Radke

Um grundsätzliche und mehr oder weniger existenzielle Fragen ging es zum Wochenstart im Hoyerswerdaer Bürgerzentrum. Das von mehr als einem Jahrhundert Bergbau in der Lausitz ausgelöste Grundwasserdefizit beläuft sich auch dreißig Jahre nach dem Beginn des Kohleausstiegs noch auf sieben Milliarden Kubikmeter. Mit dem vollständigen Ende der Kohleförderung wird für die Oberflächengewässer gleichzeitig das Wasser aus der Trockenhaltung der Tagebaue fehlen – allein der Spree fünf Kubikmeter je Sekunde.

Und es gelten vier der letzten fünf Jahre als Dürrejahre. Ein Symbol dafür: Die wiederholt abschnittsweise ausgetrocknete Schwarze Elster. Parallel sollen jedoch die noch laufenden Tagebaue geflutet werden, und mit dem sogenannten Strukturwandel soll sich Wirtschaft ansiedeln – die Wasser braucht. Man denke nur an die Absicht, verstärkt Wasserstoff im Energiesektor zu nutzen. Selbstredend soll auch in den Lausitzer Haushalten noch verlässlich Wasser aus den Hähnen fließen. Nicht zu vergessen: In Berlin hängt die Trinkwasserversorgung auch von Uferfiltrat aus der Spree ab.

„Es gilt, Bedarfe und Angebot langfristig in eine Balance zu bringen“, sagt Staatssekretärin Bettina Hoffmann vom Bundesumweltministerium. „Das wird sehr schwierig“, sagt ihr Brandenburger Kollege Axel Vogel. Und der sächsische Ressortchef Wolfram Günther (alle drei Bündnis 90 – Die Grünen) meint: „Die Zeit drückt“. Die drei sprachen – Vogel und Günther vor Ort, Hoffmann per Video zugeschaltet – am Montag in Hoyerswerda bei der zweiten Wasserkonferenz Lausitz.

Neue Studie vorgestellt

Der mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus – Senftenberg verbundene Verein Wasser-Cluster Lausitz und die Sächsische Agentur für Strukturentwicklung hatten sie unter das Motto „Kohleausstieg = Wassermangel?“ gestellt. Um die 150 Tagungsteilnehmer saßen im Saal, darunter neben den zwei Ministern der Chef des Bergbausanierers LMBV, Bernd Sablotny, der Brandenburger Lausitzbeauftragte Klaus Freytag oder auch die Bürgermeister Torsten Ruban-Zeh (Hoyerswerda), Frank Lehmann (Lauta) und Manfred Heine (Spreetal).

Vorgestellt wurden unter anderem die Grundzüge der Studie „Wasserwirtschaftliche Folgen des Kohleausstiegs in der Lausitz“, an der das Umweltbundesamt über mehr als zwei Jahre gearbeitet hat. Ein Fazit fasst dessen Mitarbeiter Jörg Frauenstein so zusammen: „Eine Erweiterung des Wasserdargebots in der Region ist unerlässlich. Allein mit Optimierung geht es nicht.“

Im Gespräch ist unter anderem die altbekannte Idee der Wasserüberleitung von der Elbe in Spree und Schwarze Elster. Aus der Neiße könnte ebenso Wasser in die Spree fließen. Und auch die Oder gerät ins Blickfeld, vor allem für die Wasserversorgung der Bundeshauptstadt. Weitere Stoßrichtung ist das Speichern von Wasser. „Bei jedem Tropfen, der vom Himmel fällt, ist es schade, wenn er einfach weggespült wird“, findet Minister Günther. Als etwa vorige Woche die Schwarze Elster deutlich voller war als sonst, floss das Wasser in Richtung Elbe und letztlich weiter zur Nordsee. In verstärkter Diskussion sind nun nicht nur zusätzliche Speicher, etwa Talsperren, sondern auch das, was Günther „Schwammverhalten der Landschaft“ nennt.

Grundwassermodell in Planung

Sein Brandenburger Kollege sagt jedoch, er habe Schwierigkeiten, sich vorzustellen, wo die benötigten Mengen an Millionen Kubikmetern herkommen sollen. Denn die Möglichkeiten des Wassermanagements seien begrenzt. „Wir werden Sparsamkeit zu einem langfristigen Ziel machen müssen“, meint Axel Vogel. Brandenburg hat schon ein Niedrigwasserkonzept für den Spreewald erarbeitet. Nicht mehr ausgeschlossen ist demnach, künftig im Sommer einzelne Fließe trockenfallen zu lassen. Der Bund, Sachsen und Brandenburg haben sich gerade auf die Finanzierung eines Grundwassermodells für die Lausitz geeinigt.

9,3 Millionen Euro soll nur die Ermittlung des Ist-Standes kosten. 2027 sollen die Ergebnisse vorliegen. „Wir sollten alles daran setzen, frühzeitige Lösungen zu erarbeiten“, findet Bettina Hoffmann. Man müsse zu Entscheidungen kommen, stehe aber erst am Anfang, sagt Jörg Frauenstein und prophezeit, das würden sicher nicht nur sympathische Entscheidungen sein.