Millionen für den Behörden-Umzug in die Lausitz

Der Umzug der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) kostet voraussichtlich einen dreistelligen Millionenbetrag. Die veranschlagten Kosten von 170 bis 200 Millionen Euro machte die Linkenabgeordnete Antonia Mertsching öffentlich. Sie nannte sie in einer Anfrage an die Staatsregierung und verwies auf ein Schreiben, das dem Sozialausschuss des Landtages vorliege. Darin beziffere der LUA-Personalrat die Kosten für die Verlegung der Behörde von Dresden nach Bischofswerda in dieser Höhe.
Das Vorhaben ist umstritten. Die rund 260 betroffenen Mitarbeiter müssen, sollten sie nicht umziehen, etwa 35 Kilometer in die ostsächsische Stadt pendeln, für Familien mit kleinen Kindern ein Problem. Doch auch politisch birgt die Entscheidung Brisanz. SPD-Sozialministerin Petra Köpping, zu deren Ressort die Untersuchungsanstalt gehört, war zunächst dagegen. Doch Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) setzte sich durch. Mehrfach hatte er argumentiert, dass „rechtlich-technische Kriterien“ an Standorten in Dresdens preußischem Viertel und der Innenstadt nicht mehr erfüllbar seien sowie auf Platzmangel und hohe Sanierungskosten verwiesen. Es brauche rasch eine neue Unterkunft.
Im Hintergrund könnte auch die Stärkung von Mittelstädten und Regionen außerhalb der Zentren eine Rolle gespielt haben. Immerhin plant die Staatsregierung, die Kosten für die Verlegung aus dem Strukturentwicklungsfonds für sächsische Braunkohleregionen zu bestreiten. Im Haushaltsentwurf ist ein sogenannter Leertitel für die „bedarfsgerechte Unterbringung des Dresdner Standorts“ enthalten. Sachsens Sozialministerium teilt auf Anfrage mit, dass der Neubau im Gewerbegebiet „Bischofswerda Nord 2“ entstehen soll. Ein Betrag ist im Haushalt noch nicht enthalten. Der Umzug ist erst für das Jahr 2026 geplant. Allerdings weist der Posten darauf hin, dass die Finanzierung aus dem Braunkohlefonds vorgesehen ist.
Causa zeigt Komplexität des Strukturwandels
Braunkohle und Bischofswerda? Der nächstgelegene Tagebau in Nochten ist mehr als 60 Kilometer entfernt. Das mittelfristige Aus für die Braunkohle führt in den Abbauregionen zu der Debatte um die sogenannte Kernbetroffenheit. Anders ausgedrückt: Wie groß ist der Radius um die mitteldeutschen Abbaugebiete, in dem Fördermittel zur Bewältigung des Strukturwandels verteilt werden können? Das Investitionsgesetz Kohleregionen definiert jedenfalls die Kreise Bautzen und Görlitz als Fördergebiete. Auch sind Investitionen in Gesundheitseinrichtungen durch das Gesetz gedeckt. In der Antwort auf Mertschings Anfrage schreibt das Finanzministerium: „Weder die Ziele des Handlungsprogramms noch die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen für das Lausitzer Revier stehen einer Neuansiedlung der LUA entgegen.“
Die Linke im Landtag ist nicht gegen die Stärkung von Regionen und Städten wie Bischofswerda. Sie schlägt die Stadt als Sitz für das von der Fraktion geforderte Landesgesundheitsamt vor. Mertsching sieht beim LUA-Umzug ein Problem der Verhältnismäßigkeit. „Der Umzug würde das Anderthalbfache der jährlichen Gelder beanspruchen“, sagte sie der SZ. Ihre Rechnung: 120 Millionen Euro erhalten die beiden Kreise jährlich. Sollte das LUA dennoch mit Strukturwandelgeldern umziehen, hofft Mertsching auf „moderne, attraktive Ausbildungsplätze“.
Die Causa zeigt, wie komplex der angestrebte Strukturwandel und wie schwierig die Stärkung von Regionen außerhalb der Zentren sein kann. Ein Punkt: Es benötigt geeignete Projekte für die Finanzhilfen. Die Debatten um Strukturfondsmittel etwa für die Sanierung des Landratsamtes in Görlitz oder – wohl bekanntestes Beispiel – die Sanierung des Naumburger Doms in Sachsen-Anhalt verdeutlichen das. Mit Blick auf die Landesuntersuchungsanstalt schreibt das Finanzministerium, dass die Erläuterung im Haushaltsentwurf noch „unverbindlich“ sei. Sie „verweist haushaltssystematisch lediglich auf die Absicht der Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Strukturentwicklungsfonds“. Ohnehin sei der Etat noch nicht beschlossen. Die Landtagsentscheidung zum gesamten Doppelhaushalt ist für Mai geplant.