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In Freital droht ein Holocaust-Gedenk-Gau

Ein AfD-Mitglied soll in Freital die Rede zur Erinnerung an die Auschwitz-Befreiung halten. Dabei schürt die Partei regelmäßig Antisemitismus. Ein Kommentar.

Von Oliver Reinhard
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© Britta Pedersen/dpa/SZ

In Freital soll der Bock zum Gärtner gemacht werden. Nur weil die Partei im Stadtrat turnusmäßig an der Reihe ist, wird aller Voraussicht nach ein Mitglied der AfD dort die Rede zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar halten, trotz inzwischen internationaler Kritik. Man könnte das als Trotz verstehen. Es ist in jedem Fall eine groteske politische Instinktlosigkeit – gelinde ausgedrückt.

Schon vor Jahren haben der Zentralrat der Juden in Deutschland und Dutzende weitere jüdische Organisationen erklärt: „Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause haben.“

Klassische judenfeindliche Stereotype werden verbreitet

Tatsächlich schürt und verbreitet die AfD massenhaft klassische antisemitische Juden-Stereotype etwa von den „Globalisten“ der „internationalen Finanzelite“ und die Mär von einem durch sie betriebenen „Großen Bevölkerungsaustausch“.

Eben gegen das in Deutschland aus guten Gründen substanzielle Erinnern an den NS-Massenmord wandte sich der heimliche Parteivorsitzende Björn Höcke, als er eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ forderte – also weg von der großen Bedeutung des Holocaust-Gedenkens – und den zentralen Berliner Holocaust-Erinnerungsort ein „Mahnmal der Schande“ nannte.

Der Skandal könnte ein Fanal der Schande werden

Auch der AfD-Vorsitzende im Freitaler Stadtrat hat mit seinem geschichtsvergessenen Spruch von den „Nationalsozialisten – wohlgemerkt Sozialisten“ bewiesen, dass auch er weder intellektuell noch charakterlich für eine solche Rede geeignet wäre. Diese inzwischen komplett widerlegte Mär gehört zum Standardrepertoire der reaktionären Revisionisten.

Noch ist das Freitaler Vorhaben, ein Mitglied dieser Antisemitismus-Schürer zum Gedenkredner für Millionen Opfer des Antisemitismus zu machen, „nur“ ein Skandal. Kommt es tatsächlich dazu und obendrein, wie man befürchten muss, zu einer Instrumentalisierung des Anlasses, wäre es vollends ein Fanal der Schande.