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"Fette Jahre" vorbei: Finanzminister sieht keinen Spielraum für mehr Personal

Seit Jahren kritisiert der Landesrechnungshof die wachsende Zahl von Staatsdienern. Inzwischen gibt Sachsen 40 Prozent seines Jahresetats für Personal aus. Der Finanzminister sieht den Freistaat am Limit.

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Hartmut Vorjohann (CDU) ist Finanzminister von Sachsen.
Hartmut Vorjohann (CDU) ist Finanzminister von Sachsen. © dpa/Robert Michael

Sachsen hat nach Ansicht von Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) keinen Spielraum mehr für weiteres Personal in der Landesverwaltung. Der 60-Jährige sieht dafür neben finanziellen Gründen noch ein weiteres Problem. "Die Leute sind gar nicht da. Wir haben am Arbeitsmarkt nicht genug Fachkräfte", sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Mehr als die aktuellen rund 96.000 Stellen seien nicht drin. "Wir sägen an dem Ast, auf dem wir selber sitzen. Wir können nicht alle beim Staat beschäftigen, da sonst die Wertschöpfung nicht mehr funktioniert." Schließlich braucht man auch Arbeitskräfte, die die Steuern erwirtschaften.

Sachsens Rechnungshof (SRH) hatte erst kürzlich in seinem Jahresbericht die hohen Personalausgaben gerügt und das Land zum wiederholten Male zum Umsteuern aufgefordert. Laut SRH liegen die gesamten Personalausgaben inzwischen bei mehr als acht Milliarden Euro jährlich und binden rund 40 Prozent des Gesamtetats.

"Fette Jahre" für Vorjohann vorbei

Der Personalhaushalt gerate immer mehr in einen "überhitzen Modus". "Statt den Stellenaufwuchs zu stoppen, wird dieser immer dynamischer", kritisierte die Behörde. Man brauche dringend eine Reduzierung von Aufgaben und eine Optimierung und Digitalisierung von Geschäftsprozessen.

Nach Ansicht von Vorjohann sind die "fetten Jahre" ohnehin vorbei. "Die Wirtschaft wächst nur noch so schnell, wie Potenzial am Arbeitsmarkt vorhanden ist. Das reale Wirtschaftswachstum wird von Ökonomen in den kommenden Jahren auf 0,4 Prozent geschätzt, optimistisch auf 0,8 Prozent. Der Gestaltungsspielraum schwindet. Das ist leider noch nicht bei allen angekommen." Der aktuelle Haushalt des Freistaates auf Rekordniveau - Sachsen gibt in diesem und im kommenden Jahr insgesamt etwa 49,3 Milliarden Euro aus - sei nur möglich gewesen, weil es aus einer "goldenen Dekade" Überschüsse in Form von Rücklagen gab. Diese seien nun weitestgehend aufgebraucht.

"Wir brauchen keine Reform der Schuldenbremse"

Wiederholt hatte Vorjohann davor gewarnt, die Schuldenbremse in Sachsen anzutasten und Investitionen via Schulden zu finanzieren. "Wir brauchen keine Reform der Schuldenbremse. Je einfacher, klarer und verständlicher sie für alle ist, desto besser. Wenn in der Sächsischen Verfassung steht, dass der Haushalt ohne Schulden aufzustellen ist, ist das eine klare Aussage." Laut Vorjohann liegt der Wert der Schuldenbremse in der Selbstbegrenzung. "Der Staat bekommt Geld von seinen Bürgern, die Bürger haben den Anspruch, dass mit diesem Geld die staatlichen Aufgaben wie die Bereitstellung von Infrastruktur erledigt werden. Damit muss der Staat auskommen."

"Wenn man den Haushalt im politischen Wettbewerb mit konsumtiven Ausgaben ausplündert und weniger Geld für Investitionen hat, darf man sich am Ende nicht wundern", sagte der Minister. Da gelte es, die Haushaltspolitik umzusteuern. Der Sozialstaat dürfe nicht schneller aufwachsen als das wirtschaftliche Realwachstum und damit die Steuerkraft.

Mehr Ehrlichkeit auch beim Thema Klimaschutz nötig

"Er kann nicht über Kredite finanziert werden. Die Antwort kann nicht sein, für Investitionen Schulden aufzunehmen. Dafür muss man in den kommenden Jahren Zins und Tilgung leisten. Dem politischen Wettbewerb um Ausgaben ist damit nicht Einhalt geboten. Den Leuten immer mehr zu versprechen ist unlauter."

Vorjohann zufolge ist Ehrlichkeit auch beim Thema Klimaschutz nötig: "Normalerweise müsste es heißen: Diese Generation hat das mit der Klimakrise verbockt, also muss sie es auch richten. Das tut sie aber nicht." Die Politik verbreite die Botschaft, es würden Kredite aufgenommen, damit die künftige Generation es mit dem Klima besser habe. "Leider muss diese die Kredite auch bezahlen. Das ist mit Blick auf die Generationengerechtigkeit perfide."

Ehrlich wäre, die Bevölkerung jetzt auf Konsumverzicht einzustimmen. "Doch das traut sich Politik nicht, weil sie dann bei der nächsten Wahl abgewatscht wird. Der Kredit macht es möglich, allen alles zu versprechen."

Der Finanzminister warnte den Bund, den Ausbau des Sozialstaates immer weiter voranzutreiben und so Standards für die Kommunen stetig zu erhöhen. Schon heute würden bis zu 60 Prozent der kommunalen Haushalte Sozialausgaben betreffen. "Die Geschwindigkeit beim Ausbau des Sozialstaates muss mit dem Wirtschaftswachstum korrespondieren."

Wenn man einzelne Positionen wie die Kindergrundsicherung betrachte, könne man all die Wünsche verstehen. Doch die Summierung der vielen einzelnen Themen sei für einen Finanzminister nicht darstellbar: "Das ist eine Überforderung dessen, was der Staat leisten kann." (dpa)