Sachsen
Merken

Morgenlage in Sachsen: Wagenknecht; Grenzkontrollen; A4-Ausbau

Wagenknecht stellt eigenes Bündnis vor + Grenzkontrollen: Polizei-Gewerkschaft widerspricht Faeser + Kretschmer stellt neue Chance für A4-Ausbau in Aussicht

 7 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Sahra Wagenknecht, die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, stellt heute ihr neues Bündnis vor. Daraus soll sich schon bald eine eigenständige Partei entwickeln.
Sahra Wagenknecht, die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, stellt heute ihr neues Bündnis vor. Daraus soll sich schon bald eine eigenständige Partei entwickeln. © Britta Pedersen/dpa

Guten Morgen,

was meinen Sie? Wenn die Noch-Linke Sahra Wagenknecht heute 10 Uhr die Gründung ihres Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" öffentlich macht und damit den ersten Schritt Richtung eigener Partei geht, ist das der Anfang einer erfolgreichen politischen Bewegung? Oder ist es der Anfang vom Ende der politischen Karriere von Wagenknecht?

Klar, das Wählerpotenzial ist einerseits riesig - auch in Sachsen. 29 Prozent - politisch vor allem links und rechts der Mitte angesiedelt - können sich vorstellen, eine Wagenknecht-Partei zu wählen, wie unsere große repräsentative Wahlrumfrage zuletzt ergeben hat. Andererseits könnte es an inhaltlicher Tiefe fehlen, wenn sich die Partei - so wie Wagenknecht derzeit auch - zumeist über Gegenpositionen definiert. Oder wie mein Kollege Thilo Alexe in seinem Kommentar zuletzt geschrieben hat: "Schon jetzt vertritt Wagenknecht gesellschaftspolitisch eher rechte, sozialpolitisch dagegen eher linke Ansätze. Doch was ist die eigene Erzählung?"

Fest steht, die Linke ist Sahra Wagenknecht mit dem heutigen Tag los. Das ist einerseits erst einmal ein Nachteil, weil mit ihr viele Wähler gehen. Andererseits haben die Linken eh nicht mehr viel zu verlieren. Ohne Wagenknecht und ohne dauerhafte parteiinterne Querelen könnte sie langfristig sogar wieder besser bei Wählern ankommen.

Und fest steht auch: Die eh schon spannende Landtagswahl in Sachsen im kommenden Jahr bekommt mit dem heutigen Tag einen weiteren Spannungsbogen. Mal angenommen, die Wagenknecht-Partei schöpft nur einen Teil ihres Potenzials ab und erreicht zehn Prozent. Dann könnte es für die Linken, die in dem Fall Wähler an die neue Partei verlieren würde, knapp werden mit dem erneuten Einzug in den Landtag. Zugleich würde wohl auch die AfD Stimmen verlieren und müsste ihre Träume, stärkste Kraft zu werden, begraben. Und ob die restlichen Stimmenanteile dann reichen, um daraus eine neue wahrscheinlich CDU-geführte Koalition zu bilden, ist noch eine ganz andere Frage.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

"Politik in Sachsen - Die Morgenlage" als E-Mail-Newsletter - hier kostenlos anmelden

Die wichtigsten News am Morgen:

Grenzkontrollen: Polizei-Gewerkschaft widerspricht Faeser

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat einige Tage nach dem Beginn stationärer Grenzkontrollen eine positive Bilanz gezogen. Durch die Kontrollen würden die Menschen geschützt, "die auf lebensgefährliche Weise, eingepfercht, ohne Wasser und mit kaum Sauerstoff, über die Grenzen geschmuggelt werden", sagt Faeser der Bild am Sonntag. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) widerspricht der positiven Bilanz der Grenzkontrollen. Laut dem Vorsitzenden für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, ist kein Rückgang der Migrationsströme erkennbar. Die Schleuser würden die Kontrollstellen links und rechts daneben umfahren. Man müsse dringend dazu übergehen, diese Grenzkontrollen flexibel an die Lage angepasst und somit unvorhersehbar für Schleuser zu gestalten, fordert Roßkopf. Zeit.de berichtet.

Dies wird zum Beispiel in der Region Zittau deutlich. Allein seit dem Morgen des 18. Oktober hat die Bundespolizei im Dreiländereck zu Tschechien und Polen insgesamt 95 illegal eingereiste Migranten aus Syrien und der Türkei aufgegriffen. Nachdem in jüngerer Zeit Lückendorf ein Hotspot war, ahnt die Bundespolizei nun, dass es einen neuen Schwerpunkt geben könnte - Waltersdorf. Dort führen verschiedene Waldwege in Richtung tschechische Grenze. Derweil zeigen neue Daten: Die Zahl der irregulär über die Grenze nach Deutschland kommenden Flüchtlinge wird in diesem Jahr so hoch wie seit 2016 nicht mehr sein. Dresdens Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) schildert im Interview mit Sächsische.de die angespannte Lage bei der Unterbringung der Menschen: "Ich habe eine Weisung an das Jobcenter und das Sozialamt erlassen, dass wohnungslose Menschen und Geflüchtete, die sich nachweislich um Wohnungen bemühen und keine finden, übergangsweise auch zu höheren Kosten mieten dürfen", sagt sie.

Unterdessen sorgt Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer Aussage zu härterem Vorgehen bei Abschiebungen für innerparteilichen Streit. "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben", sagte der SPD-Politiker dem "Spiegel". Der Leipziger Vorsitzende der Jusos, Mats Rudolph, sagt dazu laut einer Mitteilung: "Die Worte von Olaf Scholz machen uns fassungslos. Er setzt keine bessere Finanzierung der Kommunen beim liberalen Finanzminister durch oder kämpft für ein gerechtes und menschenwürdiges Asylrecht. Nein, Olaf Scholz möchte endlich 'mehr und schneller' abschieben. Das ist eine Absage an unsere sozialdemokratischen Grundwerte."

Heimatunion-Chef soll Rößler-Nachfolger werden

Der Radebeuler Hautarzt Sven Eppinger wird bei der Landtagswahl in Sachsen kommendes Jahr im Wahlkreis 39 (Radebeul, Coswig, Moritzburg) als Direktkandidat für die CDU antreten. Der 53-Jährige setzte sich mit 39 zu 20 Stimmen gegen Hans-Jürgen Rosch aus Moritzburg durch. Eppinger tritt damit die Nachfolge von Matthias Rößler an. Der 68-jährige Landtagspräsident hatte im Juni bekannt gegeben, nicht erneut für den Landtag kandidieren zu wollen. Die Reaktionen auf Eppingers Wahl fielen auch kritisch aus, zum Beispiel vom CDU-Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz auf Twitter. Eppinger gehört dem rechten Parteiflügel an und ist Vorsitzender der sächsischen Heimatunion, ein informeller Kreis konservativer CDU-Mitglieder. Zuletzt hatte Eppinger eine Brandmauer der CDU zu den Grünen gefordert. Auch die Freie Presse berichtet.

Erwartungsgemäß führt hingegen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer als Direktkandidat die Görlitzer CDU in den Landtagswahlkampf. Am Sonnabend erhielt er bei der Nominierung in Löbau 24 von 27 Stimmen der CDU-Mitglieder. Er sieht dieses Ergebnis nicht als Dämpfer, sondern nimmt es als Ansporn für den Wahlkampf. Bei der Nominierung der Dresdner CDU gab es ebenfalls keine Überraschungen. Den Wahlkreis 40 gewann der CDU-Fraktionschef im Landtag, Christian Hartmann. Kultusminister Christian Piwarz kam im Wahlkreis 42 auf 100 Prozent der Stimmen, wie seine Ministerkollegin Barbara Klepsch.

Kritik nach Kretschmers Äußerung zur Bildungsqualität

Seine Koalitionspartner SPD und Grüne kritisieren Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) nach seinen Äußerungen zu einer Belastung der Schulen infolge hoher Migrantenzahlen scharf. SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel zeigt sich "entsetzt über eine solche Verdrehung der Tatsachen". Man müsse Verantwortung übernehmen statt Schuld abwälzen. Auch SPD-Spitzenkandidatin und Sozialministerin Petra Köpping meldet sich zu Wort: "Weder ukrainische Kinder noch minderjährige Geflüchtete haben Schuld daran, dass in Sachsen vor 15 Jahren falsche Entscheidungen getroffen wurden", sagte Köpping. Auch aus den Reihen der Grünen kam Kritik. "Es ist Unsinn, dass Geflüchtete die Qualität der Bildung im Freistaat gefährden", sagt Christin Melcher, Bildungsexpertin der Grünen im Landtag.

Kretschmer stellt neue Chance für A4-Ausbau in Aussicht

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat eine neue Möglichkeit ins Spiel gebracht, den Ausbau der östlichen A4 doch noch anzuschieben. "Wenn es der unbedingte Wunsch der Region ist, die A4 über Strukturwandel-Gelder auszubauen, wollen wir das nicht verhindern", sagte er bei einer Diskussionsrunde am Bautzener Schiller-Gymnasium. Die beiden Landräte und zwei Oberbürgermeister aus der Oberlausitz hätten dies gefordert. Das sächsische Wirtschaftsministerium hatte bislang darauf verwiesen, dass ein Ausbau der Autobahn Aufgabe des Bundes ist und Strukturwandel-Gelder des Freistaats dafür nicht in Frage kämen. Auch Kretschmer formulierte in Bautzen erneut seine Skepsis gegenüber der Forderung, schloss sie aber nicht mehr aus.

Der Newsletter "Politik in Sachsen"

© Screenshot

>> Noch mehr News, die Titelseiten-Übersicht aller sächsischen Zeitungen und die Terminvorschau gibt es in der Komplettversion der "Morgenlage" jeden Morgen 5 Uhr bequem als E-Mail-Newsletter. Interesse? Dann hier kostenlos den Newsletter bestellen. <<