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Morgenlage in Sachsen: Fahnen-Streit; Wölfe; Junge Asylbewerber; Israel-Demo

Debatte um Israel-Fahne + Wölfe können bald leichter geschossen werden + Mehr minderjährige Asylbewerber + Schuster mit deutlichen Worten zu Hamas-Jubel

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Als Zeichen der Solidarität wehte vor der sächsischen Staatskanzlei in Dresden die Flagge Israels - allerdings nur für einen Tag.
Als Zeichen der Solidarität wehte vor der sächsischen Staatskanzlei in Dresden die Flagge Israels - allerdings nur für einen Tag. © dpa

Guten Morgen,

Sie wissen ja, Politik besteht manchmal aus den kleinsten Details und Gesten. Wenn Sie nicht wissen, was ich meine, empfehle ich Ihnen den Wikipedia-Eintrag zum Protokoll beim "Empfang mit militärischen Ehren". Ob ein Staatsgast mit einem Ehrenbataillon oder nur mit Musikkorps empfangen wird, kann schon einiges darüber aussagen, ob der Gast der Bundesregierung sehr wichtig oder doch nur wichtig ist.

Ein paar politische Ebenen darunter kann es schon als wichtiges Zeichen gedeutet werden, wer welche Fahne vor seinem Rathaus, seiner Staatskanzlei oder seinem Ministerium hissen lässt. Sie erinnern sich vielleicht an die Debatte um die Regenbogenflagge vor Sachsens Justizministerium. Diesmal ist der Anlass für die Kontroverse ein bedrückender: der brutale Überfall der Hamas in Israel.

Aus Solidarität hisste die Dresdner Stadtverwaltung also am Dienstag vor dem Rathaus eine Israel-Flagge. Dass diese einen Tag später schon wieder verschwunden war und durch die ukrainische Flagge ersetzt wurde, ärgerte einen Stadtrat der Linken. Wenigstens eine Woche hätte die israelische Flagge doch hängen können, so der Tenor. Und gebe es nicht ohnehin genügend freie Fahnenmasten für die ukrainische und die israelische Flagge zur Auswahl? Doch auch vor der Staatskanzlei, die ebenfalls am Dienstag die israelische Flagge hisste, ist sie schon wieder verschwunden. Vor dem Umweltministerium, wie zu beobachten war, hing hingegen überhaupt keine Israel-Flagge. Stattdessen wurden die vorhandenen auf Halbmast gesetzt.

Die Stadt Dresden klärt nun auf: Es sei von vornherein geplant gewesen, die Solidaritätsbeflaggung nur für einen Tag beizubehalten. Was jedoch unweigerlich zu der Frage führt, warum die Ukraine-Flagge dann weiterhin flattern darf? Ist die Solidarität mit der Ukraine größer als die mit Israel? Der Freistaat hat dieses Dilemma der Fahnen-Diplomatie anders gelöst: Vor der Staatskanzlei und dem Umweltministerium hängen jetzt nur noch Deutschland-, Sachsen- und Europafahne. So ist man vermeintlich auf der sicheren Seite.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins Wochenende.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

Wölfe sollen schneller abgeschossen werden können

Wölfe, die Nutztiere gerissen haben, sollen künftig schneller abgeschossen werden können. Das geht aus Plänen hervor, die Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne), am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Die Tiere sollen 21 Tage nach dem Riss geschossen werden können. Zu den Voraussetzungen zählt, dass sie in einer Region mit erhöhtem Rissvorkommen leben und einen Schutzzaun überwunden haben. Ein DNA-Test muss vor der sogenannten Entnahme nicht mehr vorliegen. Lemke sprach von einer praktikablen und rechtssicheren Lösung. Im November soll ein Beschluss gefasst werden. Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) begrüßt laut Mitteilung die Initiative: "Wir brauchen schnellere und weniger aufwändige Verfahren, um einzelne Wölfe zu entnehmen."

In Sachsen leben bei steigender Tendenz derzeit 38 Wolfsrudel, wie aus den gestern veröffentlichten neuen Monitoring-Ergebnissen hervorgeht. Nach Angriffen auf Weidetiere hatte es zuletzt immer mehr Forderungen nach dem Abschuss von einzelnen Wölfen gegeben.

Deutlich mehr minderjährige Asylbewerber

Die Jugendämter in Sachsen haben in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 2.000 minderjährige Asylbewerber in Obhut genommen. Das entspricht einer Zunahme von rund 82 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Knapp die Hälfte dieser unbegleiteten Jugendlichen ist nach der Registrierung weitergereist in ein anderes Bundesland oder in ein anderes EU-Land. Es mangele an Unterbringungsplätzen und Angeboten von Trägern, sagte Sozialministerin Petra Köpping (SPD) am Donnerstag. Nach einem Gespräch mit dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindetag in dieser Woche forderte sie den Bund auf, die Kommunen durch die Übernahme der Kosten für den Aufbau und den Betrieb von Einrichtungen zu entlasten. Viele Träger seien nicht bereit, sich zu engagieren, weil die Finanzierung vom Auf und Ab der Flüchtlingsbewegungen abhingen. Sie forderten eine dauerhafte Finanzierung der Einrichtungen. Der Bund solle auch prüfen, ob männliche Jugendliche ab 16 Jahren mit besonderer Betreuung in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden können.

Acht Anzeigen nach Protest gegen Israel-Kundgebung

Zwei Demonstrationen in Leipzig zum Nahost-Konflikt sind am Donnerstagabend friedlich verlaufen. Es gab dort sowohl eine pro-israelische als auch eine pro-palästinensische Kundgebung. Die Polizei war mit über 500 Einsatzkräften vor Ort, um eine mögliche Eskalation zu verhindern. Es blieb friedlich. Die Leipziger Volkszeitung berichtet.

Zuvor hatte die Polizei nach einer unangemeldeten Protestversammlung gegen eine Solidaritätskundgebung mit Israel in Chemnitz acht Anzeigen erstellt. An der Solidaritätsversammlung für Israel nahmen am Mittwoch rund 300 Menschen teil. Während der Veranstaltung sammelten sich bis zu 100 Gegendemonstranten. Die Polizei leitete eine größere Gruppe in Richtung Stadthallenpark. Die Einsatzkräfte stellten die Identität der festgesetzten Gegendemonstranten fest. Bei den Anzeigen geht es unter anderem um den Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Ein 42-jähriger soll zudem den Hitlergruß gezeigt haben.

Laut Innenminister Armin Schuster (CDU) werden die skandierten Parolen jetzt mit Hilfe von Dolmetschern geprüft. Sollte sich eine strafrechtliche Relevanz ergeben, müssten die Rufer mit Konsequenzen rechnen. Er kündigte ein hartes Durchgreifen an. "Wir dulden keinen Hamas-Jubel auf unseren Straßen und werden uns dem konsequent entgegenstellen." Im Einzelfall könnten Versammlungen auch vorab verboten werden. Alle aktuellen Entwicklungen aus Israel gibt in unserem Newsblog.

CDU schweigt zu Linken-Angebot

Die sächsische CDU will sich nicht zu einem Vorschlag von Linksfraktionschef Rico Gebhardt äußern, wonach beide Parteien notfalls Gespräche über ein Tolerierungsmodell aufnehmen sollten, wenn es bei der Landtagswahl 2024 nur noch die AfD, die CDU und die Linkspartei ins Parlament schaffen sollten. Zuletzt hatte eine Insa-Umfrage ergeben, dass nur diese drei Parteien zurzeit auf einen sicheren Einzug in Sachsens Landtag hoffen können. Sowohl der CDU-Landesverband um Parteichef und Ministerpräsident Michael Kretschmer als auch die CDU-Landtagsfraktion lehnten es am Donnerstag ab, sich zu dem Thema zu äußern. Ähnlich restriktiv hatte die Christdemokraten bereits im Sommer auf einen Vorstoß des Thüringer CDU-Politikers Mike Mohring reagiert.

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