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Morgenlage in Sachsen: Rechnungshof-Kritik; Königs-Besuch; Illegale Einreisen

Rechnungshof bekräftigt Kritik an Sozialministerium + Günther: Landesregierung arbeitet nicht effizient + Illegale Einreisen gehen stärker zurück

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Sachsens Sozialministerin Petra Köpping sieht sich weiterhin Kritik des Rechnungshofs ausgesetzt.
Sachsens Sozialministerin Petra Köpping sieht sich weiterhin Kritik des Rechnungshofs ausgesetzt. © Matthias Rietschel/dpa

Guten Morgen,

spätestens jetzt ist klar, wie hoch das Risiko für die sächsische SPD ist, trotz der gerade erst aufgeflogenen Fördermittel-Affäre im Sozialministerium die dafür zuständige Ministerin Petra Köpping als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf zu schicken.

Ja, die Ministerin hat aus dem Ganzen Konsequenzen gezogen, ein Staatssekretär musste gehen. Doch die erwiesene Misswirtschaft bei der Mittel-Vergabe für Integrative Maßnahmen im Sozialministerium lief zu viele Jahre offenbar völlig ungestört. Doch es geht nicht nur um eine eher technische Frage bei der Mittel-Gewährung. Was weiterhin im Raum schwebt, ist ungleich schwerwiegender und eben auch noch durch das noch so klare Bekenntnis einer Ministerin nicht so leicht ausräumbar: der Verdacht, dass so mancher Nutznießer von Fördermitteln aus politischen Gründen in deren Genuss kamen.

Der Bericht des Rechnungshofs liegt nun im Landtag. Der wird sich nächste Woche auf Antrag der AfD damit erstmals beschäftigen. Im neuen Jahr wird sich dann der zuständige Ausschuss hineinvertiefen. Außer der SPD-Fraktion dürfte vermutlich keine Fraktion ein Interesse daran haben, das Thema schnell "abzuräumen". Das Thema Fördermittel-Affäre bleibt damit – so oder so – an der Sozialministerin in der Öffentlichkeit noch lange kleben. Mit dieser "offenen Flanke" geht Köpping nun in den Wahlkampf.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Das Wichtigste am Morgen:

Rechnungshof bekräftigt Kritik an Sozialministerium

Der Landesrechnungshof hat in einem Sonderbericht seine Kritik am Sozialministerium bei der Vergabe von Fördergeldern an Integrationsprojekte bekräftigt. Bei der Vergabe von Fördergeld an Integrations- und Flüchtlingsprojekten hätten sich in den Jahren zwischen 2016 und 2019 im sächsischen Sozialministerium "korruptionsgefährdete Strukturen" herausgebildet. Das bedeute nicht, dass sich Mitarbeiter Geld in die Tasche gesteckt hätten, stellte Rechnungshof-Präsident Jens Michel am Donnerstag bei der Vorstellung des Berichts klar. Aber das System bei der Verteilung finanzieller Zuwendungen habe in einer Reihe von Fällen Zweifel an der Unparteilichkeit von Entscheidungen und integren Verfahren aufkommen lassen. Mit einem Entscheidungsträger hat sich der Rechnungshof besonders gründlich befasst, ohne ihn namentlich zu nennen: dem früheren Staatssekretär Sebastian Vogel.

Im Jahresbericht wird derweil neben zahlreichen Einzelfällen diesmal auch die Finanz- und Personalpolitik des Freistaates überaus deutlich gerügt. Laut dem Rechnungshof hat Sachsens Finanzministerium zum Beispiel eine Scheinposition in die Vermögensrechnung 2021 aufgenommen, die angebliche Forderungen des Landes gegenüber dem Sondervermögen "Corona-Bewältigungsfonds Sachsen" abbilden soll. Diese Forderungen, so der Vorwurf, würden aber gar nicht existieren. Zudem kritisiert der Rechnungshof die Entwicklung des Personalbestandes des Freistaates. Sächsische.de fasst die wichtigsten Vorwürfe zusammen.

Kretschmer: "Man braucht die internationale Vernetzung"

Das belgische Königspaar hat zum Abschluss seines Deutschland-Besuches Dresden besucht. Die Visite von König Philippe und Königin Mathilde umfasste am Donnerstag die Halbleiterindustrie im Norden der Stadt und das barocke Flair auf der anderen Seite der Elbe mit Sempergalerie, Theaterplatz und Frauenkirche. Zunächst informierten sich die Gäste aus Belgien beim Unternehmen X-Fab über die Mikroelektronik im Silicon Saxony. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hob dabei die Bedeutung Belgiens für die Branche in Europa hervor. Wie am Rande des Besuchs zu erfahren war, bekommt die Mikrochipfabrik von X-Fab in Dresden in den kommenden Jahren einen zusätzlichen Reinraum für die Produktion. X-Fab, das seinen Hauptsitz in Belgien hat, investiert rund 40 Millionen Euro in Neubau und Maschinen. Die Mikroelektronik sei ein Beispiel dafür, dass man zusammenarbeiten müsse, sagte Kretschmer. "Es gibt kein Land auf der Welt, das den kompletten Produktionszyklus eines Mikrochips abbilden kann. Man braucht die internationale Vernetzung, man braucht den Austausch." Sächsische.de fasst den Besuch des Königspaars zusammen.

Günther: Landesregierung arbeitet nicht effizient

Die sächsische Landesregierung arbeitet aus Sicht von Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) nicht mehr effizient. Der Aufwand für die Zusammenarbeit aus CDU, Grünen und SPD habe ein enormes Ausmaß angenommen, sagt er im Interview mit der Leipziger Volkszeitung. "Wir drehen unentwegt Schlaufen. Das ist nicht mehr effizient." Verantwortlich dafür machte Günther die CDU. Die tue sich schwer damit, Veränderungen anzugehen. Weite Teile der CDU akzeptierten nur schwer, dass die Union im Bund in der Opposition und in Sachsen in einer Dreierkoalition regiere. "Teile der CDU stellen in Abrede, dass Grüne in der Lage sind zu regieren. Das ist kein konstruktives Verhalten mehr. Die CDU redet das Land schlecht", sagt er. Für die Grünen sei die rote Linie erreicht, wenn es Stillstand gäbe. Er könne aber nicht erkennen, dass Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) oder die SPD daran ein Interesse hätten.

Illegale Einreisen gehen stärker zurück als in Vorjahren

Die Zahl der unerlaubten Einreisen nach Deutschland ist im November im Vergleich zum Vormonat stark zurückgegangen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Abgeordneten Clara Bünger (Linke) hervorgeht, stellte die Bundespolizei vom 1. bis zum 23. November an den Landgrenzen insgesamt 4.353 unerlaubte Einreisen fest und ordnete 2.299 Zurückweisungen an. Im Monat Oktober waren an den deutschen Landgrenzen 18.384 unerlaubte Einreisen gezählt worden - davon der Großteil in der ersten Monatshälfte. Auch in den Vorjahren gingen die Zahlen im November stark zurück - allerdings nicht so stark, wie eine Aufstellung der Bundespolizei zeigt. Im gesamten Monat November 2021 hatte die Bundespolizei an allen Grenzen 7.543 unerlaubte Einreisen festgestellt, im Monat davor noch mehr als 10.000. Im November vergangenen Jahres waren es 12.538 unerlaubte Einreisen gewesen, damals ging deren Zahl erst im Dezember zurück, um ein Drittel.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) führt den Rückgang der festgestellten unerlaubten Einreisen auch auf einen vorübergehenden Sondereffekt zurück. Andreas Roßkopf, bei der GdP zuständig für Bundespolizei und Zoll, sagt: "Unseren Erkenntnissen nach haben sich rivalisierende Schleuserorganisationen eine heftige Auseinandersetzung geliefert und somit sind auch hier viele Migranten zunächst nicht weiter geschleust worden." Er kritisiert die Arbeitsbedingungen der Bundespolizisten an der Grenze.

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