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Morgenlage in Sachsen: AfD-Einstufung; Haushaltskrise; Streit ums Schwarzfahren

Welche Folgen hat die AfD-Einstufung? + Haushaltskrise: Sachsens Wirtschaft fehlen 50 Millionen Euro + Schwarzfahren: Kritik aus Sachsen an Berliner Plänen

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Sachsens Verfassungsschutz stuft die sächsische AfD als "gesichert rechtsextrem" ein.
Sachsens Verfassungsschutz stuft die sächsische AfD als "gesichert rechtsextrem" ein. © Robert Michael

Guten Morgen,

seit Freitag ist die politische Debatte in Sachsen um eine spannende Frage reicher: Was folgt aus der Einstufung der sächsischen AfD als "gesichert rechtsextrem"? In den Beiträgen, die bislang nach Bekanntwerden des Verfassungsschutz-Gutachtens erschienen sind, wird dies sachlich eingeordnet. Weder auf die Parteienfinanzierung noch auf die Teilnahme an Wahlen hat eine solche Klassifizierung direkt Einfluss. Die Einstufung zieht auch nicht zwingend ein Verbot der betroffenen Organisation nach sich. Unwahrscheinlich sei außerdem, dass sie der AfD Wählerstimmen kostet, schätzen Experten. Die Erzählung "wir gegen die", die die AfD so gern bedient, bekommt nun bei AfD-Unterstützern ein noch stabileres Fundament.

Das stimmt - und doch wieder nicht. Es ist ja nicht so, dass das Drittel der sächsischen Wählerschaft, das nach aktuellen Umfragen die AfD wählen würde, komplett gefestigtes AfD-Klientel ist. Dass das aktuelle Hoch der AfD stetig zunimmt oder zumindest anhält, ist nicht zwangsläufig gegeben. Laut unserer großen Wahl-Umfrage aus dem September haben in Sachsen vor allem die SPD und die CDU Potenziale, um wieder mehr Wähler zu gewinnen.

Das 134 Seiten starke Gutachten des sächsischen Verfassungsschutzes listet nun detailliert politische Forderungen der AfD und Äußerungen von AfD-Vertretern auf, die gegen die Prinzipien des Grundgesetzes verstoßen. Zum Beispiel, dass Sachsens AfD im Hinblick auf die Zuwanderung eine Politik des "Ethnopluralismus" verfolgt. Heißt: Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit soll sich ausschließlich nach ethnisch-biologischen oder kulturellen Kriterien richten. Sachsens Verfassungsschutzchef spricht von einer "rassistischen Ausprägung des Volksbegriffs, der "seine Wurzeln im historischen Nationalsozialismus" habe. Deutlicher geht es kaum.

Kann sein, dass viele AfD-Wähler genau das wollen oder dass es ihnen egal ist. Kann aber auch sein, dass die Einstufung des Verfassungsschutzes doch seine Wirkung entfaltet - wenn wir es wollen. Denn letztlich liegt es an uns allen, ob und welche Folgen es hat.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

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Das Wichtigste am Morgen:

Sachsens Wirtschaft fehlen 50 Millionen Euro Zuschüsse

Die Haushaltssperre des Bundes hat erste deutliche Konsequenzen für Sachsen. Etwa ein Drittel der in diesem Jahr für die gewerbliche Wirtschaft vorgesehenen Fördermittel sind vom Bund gestoppt worden und können damit vorläufig nicht eingesetzt werden. Das teilt das sächsische Wirtschaftsministerium auf Sächsische.de-Anfrage mit. Etwa 25 Millionen Euro vom Bund fehlten damit dem Freistaat bereits. Da diese sogenannten GRW-Mittel zur Hälfte vom Land und zur Hälfte vom Bund finanziert werden, geht es insgesamt um eine Investitionssumme von rund 50 Millionen Euro. Betroffen von der Sperre sind demnach beantragte Investitionen im Maschinen- und Anlagenbau, in der Elektronik, bei der Holz-, Papier- und Metallverarbeitung, sowie im Forschungs- und Softwarebereich.

Haushaltskrise: Kretschmer mit eigenen Sparvorschläge

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat Verhandlungen über eine Lockerung der Schuldenbremse vom Reformwillen der Ampel-Koalition abhängig gemacht. "Wir sind uns in der Union einig, dass man erst die Ursachen beseitigen muss, bevor man sich Erleichterungen verschafft", sagt er der Freien Presse und Sächsische.de. "Zunächst müssen wir klären, was alles Wachstum bremst und damit Steuereinnahmen reduziert." Kretschmer nannte die Energiepolitik, das Lieferketten-, das Gebäudeenergie- sowie das Arbeitszeitgesetz und auch das Bürgergeld: "Es kann ja nicht sein, dass es vier Millionen Menschen beziehen, während wir 700.000 freie Arbeitsplätze haben." Die ostdeutschen Landtagsfraktionschefs der Linken warnen derweil vor Einschnitten bei Sozialleistungen und Investitionen, wie die Freie Presse berichtet.

Schwarzfahren: Kritik aus Sachsen an Berliner Plänen

Die Pläne des Bundesjustizministeriums, Schwarzfahren nicht mehr strafrechtlich zu ahnden, stoßen bei Verkehrsbetrieben und Kommunen in Sachsen auf Kritik. Die Unternehmen befürchten Einnahmeverluste, wenn das Fahren in Bussen und Bahnen ohne gültigen Fahrschein zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden sollte. Die Dresdner Verkehrsbetriebe schätzen die Höhe der entgangenen Einnahmen durch Schwarzfahrer auf jährlich zwei bis drei Millionen Euro. Der Schaden müsse durch die zahlenden Kunden und die öffentliche Hand ausgeglichen werden. Der Sächsische Städte- und Gemeindetag kritisiert die Pläne ebenfalls. Sollte das Schwarzfahren zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden, müssten die Länder zuständig bleiben. "Eine Entlastung der Justiz zu Lasten der Kommunen lehnen wir ebenso wie die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene ab", sagt Geschäftsführer Mischa Woitscheck.

Bauernpräsident erwartet mehr Demut von Minister

Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk ist enttäuscht von Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne). Krawczyk sagt gegenüber Sächsische.de, der Minister nehme in Interviews eine "Opferrolle" ein und erkläre immer nur die technischen Gründe, die zur Verschiebung der Millionen-Agrarzahlungen für die Bauern aus dem EU-Haushalt führten. "Die Opfer sind wir Bauern", sagt Krawczyk. Er erwarte von Minister Günther ein anderes Auftreten: "Mir fehlt da eine gewisse Demut", sagt der Bauernpräsident. Der Bauernpräsident schließt sich nicht Rücktrittsforderungen an, wie sie unter anderem der Verband "Land schafft Verbindung Sachsen" erhoben hat. Krawczyk sagt, er erwarte, dass der Minister in Ordnung bringe, was schiefgelaufen sei.

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