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Morgenlage in Sachsen: Asylbilanz; Wagenknecht-Partei; Ex-NPD-Mann für AfD

Sachsen nimmt so viele Menschen auf wie seit 2015 nicht + Wagenknecht-Partei: Großes Wählerpotenzial in Sachsen + Ex-NPD-Mitglied tritt für die AfD an

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Sachsen hat im vergangenen Jahr Tausende Asylbewerber aufgenommen - so viele wie seit 2015 nicht mehr.
Sachsen hat im vergangenen Jahr Tausende Asylbewerber aufgenommen - so viele wie seit 2015 nicht mehr. © dpa

Guten Morgen,

nicht alles, was auf den ersten Blick unvereinbar sein soll, ist es in der Realität auch tatsächlich. Manchmal ist da plötzlich, vor allem wenn es auf Wahlen zugeht, doch mehr möglich, als es zur Wahrung des schönen Scheins sein dürfte.

Im Klartext: Da steht mit Rene Jurisch auf der AfD-Kandidatenliste für den Meißener Kreistag ein früheres NPD-Mitglied. Ist zwar schon länger her, dass Jurisch dort aktiv war – rund 20 Jahre. Aber laut Unvereinbarkeitsbeschluss der AfD kann ein ehemaliges NPD-Mitglied nicht bei der "Alternative" eintreten. Eben das hat ja in den vergangenen Jahren auch nicht geklappt, doch nun soll es eben ein politisches Engagement quasi durch die Hintertür werden – Jurisch kandidiert für die AfD. Man darf gespannt sein, wie diese sächsische Auslegung eines Unvereinbarkeitsbeschlusses den blauen Parteifreunden in Dresden und Berlin gefällt.

Ein anderer, bereits gewählter Kandidat, der für die AfD zur OB-Wahl in Pirna angetreten war, übt sich derweil darin – noch bevor er sein Amt im Rathaus eingenommen hat – alle seine künftigen Mitarbeiter vor den Kopf zu stoßen. So will Tim Lochner eben nicht ganz nahtlos die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger, OB Klaus Peter Hanke, übernehmen, sondern sich noch ein paar Tage Zeit lassen.

Hankes letzter Amtstag als OB ist der 21. Februar, der Neue, also Tim Lochner, hätte tags drauf eigentlich übernehmen sollen. So hatte es der damalige Stadtrat Lochner jedenfalls bereits vor mehr als einem Jahr mitbeschlossen. Doch da freitags oft nur wenige Rathaus-Beschäftigte im Dienst wären, bat Lochner nun um Verschiebung auf den 26. Februar – also nach den Winter-Schulferien und ein Montag. Damit sollte ihm ein Ehrenpokal sicher sein im Wettbewerb "Wie-verärgere-ich-meine-Mitarbeiter-bevor-ich-überhaupt-angefangen-habe". Glückwunsch!

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Das Wichtigste am Morgen:

Sachsen nimmt so viele Menschen auf wie seit 2015 nicht

Sachsen hat im vergangenen Jahr so viele Asylbewerber aufgenommen wie seit 2015 nicht mehr. Das geht aus der Asylbilanz der Landesdirektion hervor. Demnach wurden im Jahr 2023 exakt 23.132 Asylsuchende in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates registriert. Damit lag die Zahl der Zugänge sowohl über dem Jahr 2022 (18.474 Personen) als auch deutlich über den Jahren 2016 bis 2021. Die Landesdirektion hatte die Kapazitäten im vergangenen deutlich ausgebaut. Daran soll nun grundsätzlich festgehalten werden. Weil derzeit weniger Flüchtlinge ankommen, hat die Behörde aber bereits im Dezember damit begonnen, einzelne temporäre Notunterkünfte vorläufig außer Betrieb zu nehmen. Die Kosten für die Erstaufnahme von Flüchtlingen sind durch den hohen Anstieg in Sachsen im vorigen Jahr deutlich gestiegen. Eine Behördensprecherin sagte zuletzt gegenüber Sächsische.de, die Landesregierung habe ursprünglich 79,65 Millionen Euro eingeplant. "Die tatsächlichen Ausgaben lagen im Jahr 2023 bei insgesamt rund 132 Millionen Euro." Für dieses Jahr seien 71,45 Millionen Euro veranschlagt.

Wagenknecht-Partei: Großes Wählerpotenzial in Sachsen

Ein großer Teil der Sachsen kann sich mit den politischen Zielen des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) identifizieren. Außerdem traut eine knappe Mehrheit der Partei zu, dass sie sich fest in der Parteienlandschaft etabliert. Das ist das Ergebnis von mehreren repräsentativen Umfragen, die Sächsische.de gemeinsam mit den Meinungsforschern von Civey gestartet hat. Auf die Frage "Inwieweit spiegelt die politische Ausrichtung des BSW Ihre persönlichen Ansichten wider?" sehen 26 Prozent der Sachsen eine "starke" oder "eher starke" Übereinstimmung. Immerhin weitere 30 Prozent antworten auf die Frage mit "teils/teils". 41 Prozent fühlen sich hingegen nicht von den politischen Zielen der Wagenknecht-Partei angesprochen. Interessant ist, welche bisherigen Parteipräferenzen die BSW-Sympathisanten haben.

Ehemaliges NPD-Mitglied tritt für die AfD an

Ein ehemaliges NPD-Mitglied tritt zur Stadtrats- und Kreistagswahl in Meißen für die AfD an. Der nun parteilose Bauunternehmer Rene Jurisch steht dabei sogar ziemlich weit oben: als Nummer zwei für den Stadtrat und als Nummer drei für den Kreistag.
Jurisch war nicht nur Mitglied in der Meißner NPD, sondern gilt als Gründer des "Vereins zur germanischen Brauchtumspflege Schwarze Sonne Meißen e. V.". Hinter Lagerfeuerromantik und Runenkunde vermutete der Verfassungsschutz im Jahr 2001 Nähe zur NPD und rechtsextremistische Bestrebungen. Dem Verein mit damals 40 Mitgliedern Rechtsextremismus nachzuweisen, gelang jedoch nicht. Der Meißner Kreisverband der AfD betont, dass Jurisch nicht Mitglied der AfD werden könne, "da unsere Partei eine Unvereinbarkeitsliste hat, nach der ehemalige Mitglieder der dort aufgeführten Parteien/Organisatoren nicht Mitglied werden können." Aufstellungsversammlungen zu Wahlen seien jedoch keine Parteiveranstaltungen. Somit könne jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, sein passives Wahlrecht ausüben.

Kein Geld für extremistische Partei-Stiftungen

Die Landesregierung hat neue Regeln für die Finanzierung parteinaher Stiftungen auf den Weg gebracht. Künftig sollen nur noch die Stiftungen Geld aus Steuermitteln erhalten, die die Gewähr bieten, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Staatliche Mittel dürften, insbesondere im Bereich der gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit, nur eingesetzt werden, wenn hinreichend klar sei, dass ihre Verwendung Demokratie und Landesverfassung stärke, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs, den das Kabinett am Dienstag verabschiedet hat. Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hatte bisher keinen Anspruch auf Förderung. In der Liste der anerkannten Stiftungen, die das Kabinett ausdrücklich nennt, taucht die Erasmus-Stiftung demzufolge nicht auf. Ob sie nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung künftig Geld erhält, müsste eine Staatsbehörde entscheiden.

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