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Morgenlage in Sachsen: Frostschäden; China-Spionage; Solarwatt-Stopp

Obstbauern mit hohem Schaden nach Frostnächten + Neue Details um Tätigkeit von Jian Guo + Solarwatt setzt Solarmodul-Fertigung aus + Prozess gegen Elite-Polizisten hinter verschlossenen Türen

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Sachsens Agrarminister Wolfram Günther hat sich ein Bild von den Frostschäden bei den Obstbauern gemacht.
Sachsens Agrarminister Wolfram Günther hat sich ein Bild von den Frostschäden bei den Obstbauern gemacht. © SZ/DIetmar Thomas

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Guten Morgen,

seit dem vergangenen Wochenende dürfen Parteien in Sachsen Plakate aufhängen, um für die Europa- und Kommunalwahlen am 9. Juni zu werben. An nur einem Tag gab es vier Angriffe auf Wahlkampfhelfer der Grünen in Chemnitz, Zwickau und zwei im Landkreis Mittelsachsen. Es blieb nicht bei Beschimpfungen und Sachbeschädigungen, die Menschen wurden beim Aufhängen der Wahlplakate auch geschlagen und verletzt.

Nicht nur die Grünen sind Ziel von Angriffen, auch die Linkspartei meldet, das Wahlkampfhelfer in Leipzig angegriffen, bedroht und beleidigt worden sind. Ein 25-Jähriger, der ein Plakat der Partei Volt aufhängen wollte, wurde in einem Gerangel verletzt. Auch AfD-Helfer wurden auf der Straße angegriffen und unzählige ihrer Wahlplakate zerstört. Das ist ein Vorgeschmack auf den Kommunal- und Europawahlkampf. Und da hat der Landtagswahlkampf in Sachsen noch gar nicht begonnen. Die SPD warnt bereits vor den aggressivsten Wahlkämpfen seit Jahrzehnten.

Wie weit ist die Polarisierung in unserer Gesellschaft eigentlich vorangeschritten? Demokratie lebt von Wettbewerb, besonders vor Wahlen. Was wir hier in Sachsen – nicht erst seit diesem Wochenende – erleben, ist Einschüchterung statt Auseinandersetzung, Provokation statt Meinungsaustausch. Viele können es offensichtlich nicht einmal mehr ertragen, Wahlplakate der politischen Gegner im Straßenbild zu sehen, ohne gleich verbale oder körperliche Gewalt ausüben zu müssen. Da ist von einem respektvollen Miteinander nicht mehr viel übrig.

Ihre Andrea Schawe, Politikredakteurin Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Guo nutzte China-Lobbyverein, um Einfluss zu gewinnen

Der mutmaßliche China-Spion und inzwischen verhaftete Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah, Jian Guo, hat versucht, über einen in Dresden gegründeten Lobbyverein Einfluss in Sachsen zu gewinnen. "Neue Seidenstraße" heißt der Lobbyverein, als dessen Vorsitzender anfangs Torsten Voß eingesetzt wurde. Voß ist Unternehmensberater aus Sachsen und besitzt ein beeindruckendes Netzwerk aus geschäftlichen Kontakten. Über Krah lernte Voß den in Dresden lebenden Deutsch-Chinesen Guo kennen. Voß und der heutige Pirnaer Oberbürgermeister Tim Lochner reisten im Jahr 2019 gemeinsam nach China. Guo organisierte den Trip. Offiziell leitet heute Min Z. den Verein - eine Markisenhändlerin, deren Firma ihren Sitz in Langenfeld im Rheinland hat. Z. und ihr Unternehmen stehen in Verbindung zu Jian Guo. Der Verein scheint sich in Auflösung zu befinden. Aber was sagt Lochner zu seinen Kontakten zu Guo?

Obstbauern sprechen von bis zu 70 Millionen Euro Schaden

Nachdem Sachsens Winzer den durch die Frostnächte in der vergangenen Woche entstandenen Schaden auf 15 Millionen Euro beziffert haben, berichten auch Sachsens Obstbauern von hohen Verlusten. Jörg Geithel, Vorsitzender des Landesverbandes Sächsisches Obst, schätzt den Verlust in Sachsen insgesamt auf 50 bis 70 Millionen Euro. Der Schaden bei Kernobst, also Äpfeln oder Birnen, sei noch nicht zu beziffern, bei Steinobst, wie Kirschen oder Pflaumen, seien es hundert Prozent, sagte er am Montag bei einem Termin bei Obstland Dürrweitzschen. Unklar ist nun, wie viele Erntehelfer in diesem Jahr gebraucht werden. Wenn die Produkte ausfallen, werden auch die Helfer an den Packstationen nicht benötigt. Lagerplätze bleiben frei. Und der Handel kann nicht beliefert werden. Die Frage sei, wie sich das langfristig auswirke? Obstbauer Michael Görnitz forderte bei dem Termin, dass die Fördersätze für Schutzanlagen erhöht werden. 40 Prozent seien es derzeit, die der Staat beisteuert.

Bei einem Termin bei einem Winzer in Radebeul - ebenfalls am Montag - stellte Agrarminister Wolfram Günther (Grüne) ein Nothilfeprogramm in Aussicht. "Wir werden unsere Winzer und Obstbauern nicht alleine lassen in dieser katastrophalen Situation", so Günther. "Sie benötigen eine klare Perspektive." Über die genauen Modalitäten müsse allerdings noch gesprochen werden.

Solarwatt setzt Solarmodul-Fertigung in Dresden aus

Nach dem Solarhersteller Meyer Burger in Freiberg stoppt nun auch das Dresdner Unternehmen Solarwatt seine Produktion von Solarmodulen. In einer Mitteilung des Unternehmens heißt es: Weil die Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb einer Modulproduktion in Deutschland aktuell nicht mehr gegeben seien, werde die Fertigung in Dresden mit einer Kapazität von 300 Megawatt Ende August vorerst ausgesetzt. "Der aggressive Verdrängungswettbewerb in der Solarbranche lässt uns keine andere Wahl", sagt Geschäftsführer Detlef Neuhaus. "Wenn sich die Marktbedingungen bessern, können wir so die deutsche Produktion schnell wieder hochfahren", so Neuhaus. Von dem Schritt sind rund 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther (Grüne) sieht die Schuld beim Bundesfinanzminister.

Derweil sind viele der 400 Beschäftigten von Meyer Burger auf Jobsuche. Eine Jobbörse mit 30 regionalen Firmen am Montag sollte helfen, damit sie schnell wieder Arbeit finden. In Zeiten des Fachkräftemangels zeigte sich aber auch: Die Ansprüche der Beschäftigten sind hoch. Und die Konkurrenz mit anderen Unternehmen um die Mitarbeiter ist groß. Sächsische.de berichtet von der Jobbörse.

Prozess gegen Elite-Polizisten hinter verschlossenen Türen

Seit Montag müssen sich zwei frühere Beamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) sowie ihr Schießtrainer wegen Bestechlichkeit, Diebstahls und Verstoßes gegen das Waffengesetz vor dem Landgericht Dresden verantworten. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft den drei Elite-Polizisten vor, sich im Jahr 2018 mit Munition aus den Beständen des Landeskriminalamtes bei einem privaten Anbieter in Güstrow eingekauft zu haben. Sie sollen dort an einem Schießtraining teilgenommen haben. Kurz nach Beginn des Prozesses am Montag schloss das Gericht die Öffentlichkeit für die Dauer des Verfahrens aus. Das Landeskriminalamt hatte in einem Brief an das Gericht Sicherheitsbedenken geltend gemacht. Der Vorsitzende Richter Thomas Mrodzinsky sagte, in dem Prozess würden Methoden und Arbeitsweisen, Taktik und Ausrüstung der Mobilen Einsatzkommandos zur Sprache kommen. Dadurch könnten Informationen an bestimmte Täterkreise gelangen. Dies würde die Arbeit der Polizei in Sachsen und anderswo erschweren. Das Gericht befürchte zudem eine Gefahr für die persönliche Sicherheit der Angeklagten, sagte Mrodzinksy. Ein Urteil wird im Laufe des Jahres erwartet.

Mitarbeiter von rechtsextremem Verlag verurteilt

Im Prozess um den Neonaziverlag "Der Schelm" sind die drei Angeklagten am Montag zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Die Kammer des Oberlandesgerichtes in Dresden sah es als erwiesen an, dass die zwei Männer und eine Frau einer kriminellen Vereinigung angehört haben. Über den "Schelm"-Verlag hätten sie zwischen 2018 und 2020 volksverhetzende, rassistische und antisemitische Schriften verbreitet. Laut Urteil soll der frühere Leipziger NPD-Politiker Enrico B. zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Matthias B. und Annemarie K. wurden auf Bewährung verurteilt. Der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats sagte in der Urteilsbegründung, wenn Menschen zum Hass und zur Hetze angestachelt werden, werde "der Nährboden für furchtbare Gewalttaten" bereitet.

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