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Morgenlage in Sachsen: Kretschmer; OB-Wahl; Brandmauer-Debatte; Juni-Wahlen

Kretschmer stimmt gegen Cannabis-Gesetz + Richter prüfen Dresdner OB-Wahl + Landrat zur AfD: "Brandmauer ist nicht vorgesehen" + Parteien blicken optimistisch auf Juni-Wahlen

Von Tobias Winzer
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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat im Bundesrat gegen das Cannabis-Gesetz gestimmt - entgegen der Absprache mit seinen Koalitionspartnern.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat im Bundesrat gegen das Cannabis-Gesetz gestimmt - entgegen der Absprache mit seinen Koalitionspartnern. ©   dpa

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Guten Morgen,

es sind immer noch zweieinhalb Monate bis zur Kommunal- und Europawahl in Sachsen und etwas mehr als fünf Monate bis zur Landtagswahl. Doch ob das Nervositätslevel in der sächsischen Politik noch zu steigern ist, ist schwer vorstellbar. Die vergangenen Tage haben uns zwei Beispiele dafür beschert, dass die Zeit der Kompromisse beendet zu sein scheint. Um jeden Preis soll dem Wähler gezeigt werden, wie die eigene Position aussieht - koste es, was es wolle.

Und so stimmte Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer am Freitag im Bundesrat gegen das Cannabis-Gesetz - im Wissen, dass es für eine Überweisung in den Vermittlungsausschuss sowieso nicht genügend Stimmen geben würde. Und im Wissen darum, dass er gegen die Gepflogenheiten seiner Koalition handelt. Enthaltung in der Abstimmung bei unterschiedlichen Ansichten - das war bislang die Spielregel. Diese ist nun von oberster Stelle gebrochen worden, was nichts Gutes erahnen lässt für die verbleibenden Monate der Sachsen-Koalition.

Von Spielregeln hält offenbar auch die CDU-Fraktion im Dresdner Stadtrat nicht viel. Die immer wieder beschworene Brandmauer gegenüber der AfD bröckelt immer heftiger. Auch mit Stimmen der CDU-Fraktion stimmte der Dresdner Stadtrat einem AfD-Antrag zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber zu. CDU-Parteichef Friedrich Merz reagierte am Freitag empört: "Das war ein Fehler. Und wir werden über alles Weitere mit den Betroffenen sprechen." Wobei auch diese Reaktion bei genauerer Betrachtung peinlich, weil scheinheilig ist. Denn das Abstimmungsverhalten der Dresdner CDU ist kein Einzelfall. Immer mal wieder hat die CDU in den vergangenen Monaten mit der AfD gestimmt, wie mein Kollege Dirk Hein in seinem Kommentar analysiert. Dass es Merz mit der Brandmauer zur AfD wirklich ernst meint, wird immer unglaubwürdiger.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Richter prüfen Dresdner Oberbürgermeisterwahl

Auch knapp zwei Jahre nach der OB-Wahl in Dresden ist noch nicht endgültig geklärt, ob Dirk Hilbert überhaupt hätte antreten dürfen. Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen muss am Mittwoch entscheiden, ob die Fehler eine Neuwahl erforderlich machen. Der Kläger ist ein wahlberechtigter Dresdner, der nicht namentlich genannt werden möchte. Er beanstandet, dass der Gemeindewahlausschuss von Dresden den Wahlvorschlag des Vereins "Unabhängige Bürger für Dresden" und damit Hilbert zugelassen hat. Dieser wurde von dem Verein aufgestellt, weil Hilbert nicht für die FDP, sondern überparteilich kandidieren wollte. Es gehe um eine Grundsatzentscheidung, wie streng die Regeln für die Aufstellung von Kandidierenden sei, sagt der Anwalt.

Unterdessen steht Hilbert auch wegen einer anderen Sache unter Beobachtung. Für Partys mit jungen Dresdnerinnen und Dresdnern hat der Oberbürgermeister Aufträge für über 415.000 Euro freihändig an einen guten Bekannten vergeben. Nun schauen sich Dresdens Rechnungsprüfer die Vergabe genauer an.

Landrat zur AfD: "Brandmauer ist nicht vorgesehen"

Bautzens CDU-Landrat Udo Witschas lehnt eine strikte Ausgrenzung der AfD im Kreistag ab. "Der Kreistag besteht aus Fraktionen und diese aus den gewählten Vertretern. Da ist der Bau einer Brandmauer vom Landrat nicht vorgesehen." Im Interview mit Sächsische.de zweifelt er außerdem am Sinn der Demos gegen Rechtsextremismus. "Bei den Demonstrationen frage ich zurück: Werden dadurch Wahlergebnisse verändert? Sofern das Ziel der Demonstrationen ist, die AfD kleiner zu machen: Ist das realistisch?", sagt Witschas. Der Landrat hatte jüngst "Brandmauern" zum Tod der Demokratie erklärt, weil sie den Volkswillen negieren würden. In einem Beitrag des Digitalmediums "Neue Lausitz" sagte er außerdem, erst wenn die AfD verboten werden sollte, wolle er nicht mehr mit deren Vertretern sprechen. Zudem erklärte er, dass Demos gegen Rechtsextremismus die Spaltung der Gesellschaft verstärken würden.

Parteien blicken optimistisch auf Juni-Wahlen

Vor allem die Europawahl gilt als Stimmungstest für die Landtagswahl in Sachsen am 1. September. Noch sind alle Parteien zuversichtlich, dass sie ihre Position ausbauen oder zumindest halten können. "Ziel ist, dass die SPD mehr Abgeordnete im Europaparlament stellt als bisher. 2019 hatten wir 8,6 Prozent. Das wollen wir verbessern", heißt es aus der SPD-Zentrale. Die Grünen wollen vor allem im ländlichen Raum weiße Flecken tilgen. Kein kommunaler Mandatsträger soll mehr allein für grüne Politik streiten müssen, meint Parteichefin Christin Furtenbacher. Die AfD erwartet von den Juni-Wahlen, bei denen auch die Kommunalparlamente neu besetzt werden, einen deutlichen Aufschwung.

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