Sachsen
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Überall Zwangspfeile in Richtung Sackgasse

Warum wir beim täglichen Straßenkampf ein Dienstauto oder ein Landtagsmandat brauchen, erklärt SZ-Redakteur Gunnar Saft in seiner satirischen Kolumne.

Von Gunnar Saft
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In einer sächsischen Landeshauptstadt gehen zuzeit etliche Verkehrsexperimente krachend schief. Wer keine handfesten Auseinandersetzungen mit anderen Verkehrsteilnehmern mag, sollte deshalb lieber ein paar Tage zu Hause bleiben.
In einer sächsischen Landeshauptstadt gehen zuzeit etliche Verkehrsexperimente krachend schief. Wer keine handfesten Auseinandersetzungen mit anderen Verkehrsteilnehmern mag, sollte deshalb lieber ein paar Tage zu Hause bleiben. ©   dpa (Symbolfoto)

Eine sächsische Landeshauptstadt, deren Name dem Autor dieser Kolumne bekannt ist, hat sich dieser Tage für den Nobelpreis qualifiziert und endlich ein Rätsel gelöst, an dem sämtliche Verkehrsforscher zwischen New York und Tokio bisher gescheitert sind: Was passiert, wenn ich mitten auf einer dauerstauverstopften Straße einen zusätzlichen Radweg querbaue? Was, Sie kennen die Lösung, weil sie bei den folgenden Massenprügeleien zwischen allen genervten Verkehrsteilnehmern dabei waren? Okay, dann sind Sie jetzt auch Nobelpreisanwärter. Ich gebe ehrlich zu, darauf wäre ich nie gekommen. Ich hatte gedacht, vor dem großen Schlagabtausch würden alle erst mal das Rathaus stürmen.

Zum Glück gibt es in Sachsen aber noch Politiker, die vernünftiger sind und für solche Fälle vorsorgen. Zum Beispiel, weil sie als Regierungsmitglied einen Chauffeur haben, der sich mit allen Straßenkampfzonen in der erwähnten Landeshauptstadt bestens auskennt und rechtzeitig jedem neuen Verkehrsexperiment aus dem Weg fährt. Ganz anders schützen sich unsere Landtagsabgeordneten. Sie gehören nämlich bundesweit zu jenen Parlamentariern, denen kein Ordnungsgeld droht, wenn man bei schweren Meinungsverschiedenheiten viele böse Worte brüllt. In etlichen Bundesländern gibt es eine solche Regel, bei uns in Sachsen nicht. Für deftige Revierkämpfe ist das auf jeder verstopften Kreuzung quasi der Freifahrtschein. Egal, ob man per Rad oder Auto wütend ins Stauende fährt.

Doch was machen eigentlich wir, wenn unser Dienstwagen gerade zur Reparatur ist oder der Chauffeur mal frei hat, und uns auch kein Landtagsmandat davor schützt, dass es ziemlich teuer wird, wenn wir den ganzen Idioten um uns herum lautstark die gültigen Verkehrsregeln erklären? Ich rate zum ÖPNV-Busticket, Popcorn und einem Sitzplatz direkt hinter dem Fahrer. Dann stecken wir zwar auch im Stau fest, haben aber einen guten Blick auf die prügelnde Menge vor uns. Und über den Verkehrsfunk im Radio erfahren wir, wie lange es diesmal noch dauern wird.