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Sächsische Schweiz: Boofen nur noch mit gültigem Ticket

Tausende Menschen kommen jedes Jahr zum Boofen in den Nationalpark - und hinterlassen nicht nur Müll. Sachsen will den Andrang nun streng regulieren.

Von Gunnar Saft
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Boofer im Nationalpark Sächsische Schweiz machen hier nahe der Rotkehlchenstiege im Schmilkaer Gebiet illegal ein Feuer.
Archivfoto: Mike Jäger
Boofer im Nationalpark Sächsische Schweiz machen hier nahe der Rotkehlchenstiege im Schmilkaer Gebiet illegal ein Feuer. Archivfoto: Mike Jäger © Mike Jäger

Für Bergsteiger und Wanderfreunde ist es Tradition und pures Vergnügen gleichermaßen: das Boofen im Nationalpark Sächsische Schweiz. Die Übernachtungen im Freien direkt an einem Kletterfelsen gehören für sie zu den eindrucksvollsten und beliebtesten Erlebnissen mitten in der Natur, das sich zuletzt pro Jahr mehr als 30.000 Besucher gönnten.

Weil sich einige von ihnen dabei aber nicht immer an die im Nationalpark gültigen Regeln halten, gibt es seit Langem auch Kritik. Sachsens Umweltministerium verweist darauf, dass die mit Abstand meisten Waldbrände in dem Schutzgebiet durch illegale Feuerstellen an den Boofen ausgelöst werden. Dazu kommen Umweltbelastungen durch Fäkalien und das Zurücklassen von Müll.

Immer häufiger finden Freiluftübernachtungen zudem außerhalb der offiziellen Boof-Stellen statt oder es kampieren an den zugelassenen Plätzen mehr Menschen als es der Platz vor Ort erlaubt, wodurch es zusätzlich zu Beeinträchtigungen der Landschaft und Störungen der Tierwelt kommt. Die Vorschrift, dass das Boofen ohnehin nur gestattet ist, wenn dabei tatsächlich aktiv Klettersport betrieben wird, würde mittlerweile sogar in neun von zehn Fällen von den Parkbesuchern ignoriert.

Strikte Regulierung der Freilandübernachtungen

Aus Sicht des Ministeriums beeinträchtigt diese Praxis immer stärker den Schutzzweck des Nationalparks, weshalb man im Verlauf des Jahres 2022 einschneidende Regeländerungen und eine strikte Regulierung der Freilandübernachtungen plant. So soll im kommenden Jahr ein System eingeführt werden, das das Boofen nur mit einer vorherigen offiziellen Genehmigung und nur an bestimmten Plätzen und zu bestimmten Zeiten erlaubt. Wer künftig im Nationalpark im Freien übernachten will, muss sich dann vorab übers Internet ein Boof-Ticket für seinen gewünschten Platz besorgen.

Das Ticket selbst soll kostenlos sein, allerdings ist dabei genau festgelegt, wer, wo und wie lange im Freien übernachten darf. Das Boofen ohne Ticket soll als Ordnungswidrigkeit bestraft werden. Geplant ist hier extra die Einführung einer entsprechenden neuen Vorschrift. Praktisch heißt das, wer künftig im Nationalpark boofen will und zuvor via Internet kein Ticket für seinen geplanten Ausflug ergattert, muss darauf verzichten oder auf andere, noch freie Termine und Plätze ausweichen. Beibehalten werden soll zudem die Vorgabe, dass das Boofen nur für Kletterer erlaubt ist, die ihren Sport vor Ort tatsächlich ausüben.

Geringere Umweltbelastungen und bessere Kontrollen

Von dem neuen System verspricht sich das Umweltministerium gleich mehrere Vorteile. Neben dem begrenzten Zulauf und der damit verbundenen geringeren Umweltbelastung – die Zahl der ausgestellten Tickets soll deutlich unter den bisherigen Boofer-Zahlen liegen – kann in Zukunft auch wirkungsvoller kontrolliert werden. So müssen Boofer ohne Tickets die Plätze sofort räumen – ein Bußgeld inklusive. Stoßen die Kontrolleure außerdem nach dem Aufenthalt von Ticket-Besuchern auf Müllberge oder entdecken sogar frische Feuerstellen, lassen sich die Umweltsünder nachträglich feststellen und damit besser zur Rechenschaft ziehen.

Über weitere Details und zu noch ungeklärten Fragen will das Ministerium nun mit allen Beteiligten Gespräche führen – zusätzlich ist eine Anhörung zu notwendigen Änderungen der Nationalpark-Verordnung geplant. Unklar ist noch, ob sich auch das sächsische Kabinett mit der geplanten Neuregelung beschäftigen muss. Bis März 2022, so der vorläufige Zeitplan, sollen alle Stellungnahmen ausgewertet und wenn nötig in das Konzept eingearbeitet worden sein, sodass das neue Ticket-System in den Wochen danach gestartet werden könnte.

Ob es erfolgreich ist und damit auf Dauer beibehalten wird, soll nach drei Jahren durch eine Evaluierung festgestellt werden. Im besten Fall, so die heutige vorsichtige Prognose, könnte das Boofen später vielleicht für andere Nationalparkbesucher als nur für aktive Kletterer erlaubt werden. Voraussetzung sei aber, dass sich die Situation rund um die Übernachtungsplätze deutlich verbessert. Falls nicht oder es treten weitere Verschlechterungen ein, müssten sogar noch einschneidendere Maßnahmen wie ein generelles Boofen-Verbot geprüft werden. Ein Schritt, den man nach Möglichkeit aber unbedingt verhindern will.