SZ + Sebnitz
Merken

Nationalpark-Zwist entzweit Dorfgemeinschaft

Der Ton wird rauer, gegenseitige Vorwürfe lauter. Die Debatten um Nationalpark oder Naturpark Sächsische Schweiz nimmt Fahrt auf.

Von Anja Weber
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Konrad Weber (rechts) und Frank Eichler wohnen beide im Hohnsteiner Ortsteil Hohburkersdorf. Unterschiedlicher könnten ihre Meinungen zum Thema Nationalpark nicht sein.
Konrad Weber (rechts) und Frank Eichler wohnen beide im Hohnsteiner Ortsteil Hohburkersdorf. Unterschiedlicher könnten ihre Meinungen zum Thema Nationalpark nicht sein. © SAE Sächsische Zeitung

Offene Briefe scheinen in der Debatte um die Frage Naturpark oder Nationalpark Sächsische Schweiz hoch im Kurs zu stehen. Gegenseitig werfen sich die Autoren Falschaussagen und Fake News vor. Dahinter stehen meist eigenes Erleben oder auch eine entferntere Sicht auf Tatsachen.

Fakt ist: Eine lange angestaute Wut scheint sich nach den verheerenden Waldbränden und nun mit der Gründung der Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz aufseiten von Befürwortern oder auch Gegnern einer Umwandlung des Nationalparks in einen Naturpark zu entladen. Dieser Zwist entzweit ganze Dorfgemeinschaften, wie im Hohnsteiner Ortsteil Hohburkersdorf. Es dürfte ein heißer Herbst werden.


In Hohburkersdorf gehen die Meinungen weit auseinander. So forderte Permahof-Besitzer und Nationalparkverfechter Frank Eichler den Hohnsteiner Stadtrat auf, "diese Initiative nicht weiter zu unterstützen und umgehend zu beenden." Er gehört einer Gruppe an, die sich für den Nationalparkgedanken engagiert. Der Bürgerinitiative wirft er vor, sie sei mithilfe von Falschaussagen und der Verleugnung von Fakten ins Leben gerufen worden.

Das ist harter Tobak für die Mitglieder der Bürgerinitiative, deren Mitglieder aus der gesamten Sächsischen Schweiz kommen. Denen stößt eine Äußerung von Eichler sauer auf: "Naturparks dienen vor allem dem Tourismus und der Tourismus-Vermarktung und nicht direkt dem Naturschutz", schreibt Frank Eichler in seinem offenen Brief.

Dem wiederum hält die Bürgerinitiative entgegen: "Mit großen Bedauern müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Herr Eichler noch immer propagandistische Horrorszenarien aus der Gründerzeit ostdeutscher Nationalparks bemüht. Demnach gilt noch immer, das Gebirge vor renditesüchtigen Kapitalisten des Westens zu schützen", schreibt zum Beispiel Jens Triebel aus Hohnstein und Mitglied der Bürgerinitiative. Wenn der Sächsischen Schweiz etwas Schaden zugefügt hätte, sei es die beispiellose Zerstörung von Landschaft und Natur im Auftrag der Nationalparkverwaltung.

Naturpark-Initiative als logischer Schritt

Ein Befürworter der Naturpark-Idee ist der Hohburkersdorfer Konrad Weber. Er ist Mitglied des Ortschaftsrates und hadert nun mit den Anschuldigungen von Frank Eichler. Selbst ist Konrad Weber Besitzer von Ackerland, Wiesen und Wäldern, die im Nationalpark beziehungsweise im Landschaftsschutzgebiet liegen. Wer nicht direkt am oder im Nationalpark wohne, werde sicherlich eine andere Meinung haben, als jene, deren Haus, Firma oder touristischer Betrieb bei einem erneuten Feuer bedroht oder vernichtet werde, sagt er.

Die Gründung der Bürgerinitiative nach den verheerenden Waldbränden in der Sächsischen Schweiz sei für ihn ein logischer Schritt gewesen. Und er verweist auf den Nationalpark Harz, wo es ebenfalls gebrannt hatte. Dort wird bereits Totholz aus dem Wald geräumt und es werden Brandschneisen für Rettungsfahrzeuge geschlagen. "So weit sind wir im Nationalpark Sächsische Schweiz leider noch nicht. Auch deshalb habe ich die Petition der Bürgerinitiative unterzeichnet", schreibt Konrad Weber in seinem offenen Brief. Und wer schon einmal Feuer mit Reisig gemacht habe, wisse, da kann kein anderer Holzanzünder mithalten.

Weber erinnert daran, wie viele Lebewesen bei den Bränden in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz vernichtet wurden. "Pro Hektar rechnet man mit 15 Tonnen dieser für das Bodenleben so wichtigen Tiere. Vorbeugender Brandschutz hätte vielleicht auch vielen dieser Tiere das Leben gerettet. Dies sollte der Nationalparkverwaltung zu denken geben", sagt er. Solange diese Unmengen von Totholz im Wald liegen, sollte über ein ganzjähriges Boofverbot geredet werden.

Gegenüber der Brücke an der Blumenstraße in Sebnitz hängt seit Kurzem ein Werbebanner für den Naturpark Sächsische Schweiz.
Gegenüber der Brücke an der Blumenstraße in Sebnitz hängt seit Kurzem ein Werbebanner für den Naturpark Sächsische Schweiz. © Steffen Unger

Konrad Weber verweist auf eine bundesweite Statistik. "Den Freistaat Bayern besuchen die meisten Touristen. Auch wir waren schon mehrmals in verschiedenen Gegenden und haben nicht darauf geachtet, ob wir einen Nationalpark oder nur einen Naturpark besuchen", sagt er. Er will damit auch die von Nationalpark-Befürwortern vorherrschende Meinung entkräften, die Touristen kämen nur in die Sächsische Schweiz, weil es hier einen Nationalpark gebe.

Thema für Petitionsausschuss des Landtages

Inzwischen haben 5.375 Menschen die Online-Petition zur Schaffung eines Naturparks unterzeichnet. Insgesamt 48 Kommentare pro und kontra befinden sich auf der Open-Petition-Seite sowie weitere 871 Kommentare. Es brauchte lediglich 50 Unterschriften, da es sich um eine Sammelpetition handelt. Aus diesem Grund wird sich der Petitionsausschuss des Landtages damit befassen. Auch auf den Listen, die in einigen Orten öffentlich ausliegen, werden die Unterschriften immer mehr. Die Bürgerinitiative hat eigene Banner entwickelt, die inzwischen überall in der Sächsischen Schweiz angebracht wurden, wie unter anderem an der Langen Straße/Ecke Blumenstraße in Sebnitz.

Neben Frust und offenem Streit bringt Konrad Weber die Hoffnung der Initiatoren auf den Punkt: "Vielleicht schaffen es Minister und Nationalparkverwaltung, sich mit der Bürgerinitiative zu unterhalten. Es wäre schön, wenn dies zu einem Ergebnis führen würde, wovon unsere Natur und unsere Einwohner profitieren", schreibt er in seinem offenen Brief.