Kommt der Naturpark Sächsische Schweiz?

Erst vor wenigen Tagen hat sich die Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz gegründet. Ihr gehören nicht nur Hohnsteiner an, auch Einwohner von Bad Schandau und dessen Ortsteilen sind mit dabei. Sie fordern den Erhalt des Naturraumes und der Kulturlandschaft für alle Menschen. Ihr Ziel ist die Schaffung eines Naturparks Sächsische Schweiz, der den Schutz seiner Einwohner garantieren kann, den Naturschutz mit den Menschen entwickelt und ihnen in der Region wieder eine Perspektive gibt. Dazu wurde jetzt eine Petition gestartet.
Das Interesse ist groß. Das zeigte die erste öffentliche Veranstaltung der Bürgerinitiative (BI) im Max-Jacob-Theater am Mittwochabend. Nicht nur Hohnsteiner, vor allem auch Einwohner aus anderen Orten im Nationalpark Sächsische Schweiz waren gekommen, um zu hören und zu sehen, was die BI vorhat. Sprecherin ist die Hohnsteiner freiberufliche Kulturwissenschaftlerin Hanka Owsian. Die Gründungsmitglieder sind Selbstständige, Feuerwehrleute, Naturfreunde, Touristiker.
Weshalb hat sich die BI gerade jetzt gegründet?
Bereits im September 2021 hatte der Stadtrat von Hohnstein einen Beschluss zur Umwandlung des Nationalparks in einen Naturpark gefasst. Die Bürgerinitiative greift diese Forderung auf, vor allem vor dem Hintergrund des verheerenden Waldbrandes in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz im Sommer und dessen Bekämpfung sowie die Diskussionen über die Folgen.
Da geht es auch um Totholzberäumung und das Freischneiden von Schneisen und Wegen. Das widerspreche jedoch dem Bundesnaturschutzgesetz und könne in einem Nationalpark so nicht umgesetzt werden. "Zum Zeitpunkt seiner Gründung sollte der Nationalpark als Gütesiegel Mensch wie Landschaft Vorteile bieten. Dieser Vorstellung kann er aufgrund seiner rechtlichen Basis jedoch nicht gerecht werden", heißt es in der Petition. Als kleine Gruppe habe man sich nach dem Besuch von Tourismusministerin Barbara Klepsch (CDU) zusammengefunden und die ersten Schritte besprochen. "Wir wollen, dass Naturschutz und die Belange der Menschen, die hier wohnen und der Gäste auf Augenhöhe behandelt werden", sagt Gründungsmitglied Stefan Thunig, zugleich Stadtrat in Hohnstein. Es gehe nicht darum den Naturschutz abzuschaffen.
Was soll erreicht werden?
Die Bürgerinitiative fordert die Änderung der Schutzgebietskategorie für das Gebiet der Sächsischen Schweiz, damit Alltags- und Freizeitwerte für Bewohner und Besucher wieder geschaffen werden. Die Strategie für die Sächsische Schweiz müsse Schutz durch Nutzung sein. "Wir fordern den Erhalt des Naturraumes und der Kulturlandschaft durch die Schaffung eines Naturparks, der den Schutz seiner Einwohner garantieren kann und den Naturschutz mit den Menschen entwickelt", sagt Hanka Owsian, die Sprecherin der Bürgerinitiative. Die Sächsische Schweiz als Naturpark soll ein einheitlich entwickeltes und zu pflegendes Gebiet werden, welches überwiegend aus Landschafts- und Naturschutzgebieten bestehen soll. Angestrebt werde ein nachhaltiger und zukunftsfähiger Tourismus.

Favorisiert wird eine umweltgerechte Landnutzung die eine nachhaltige Regionalentwicklung fördert. Damit hätten zum Beispiel auch Investitionen in der Tourismusbranche eine Chance in der Sächsischen Schweiz.
Welche weiteren Forderungen gibt es?
Der Schutz der Menschen und deren Wohnbereiche sowie freie Flucht und Rettungswege müssten gewährleistet sein. Wie wichtig das ist, skizzierte Christoph Hasse, Betreiber des Campingplatzes Ostrauer Mühle in Bad Schandau, ebenfalls Gründungsmitglied. Er ist zugleich ehrenamtlich in der DRK-Bergwacht tätig und kennt die prekäre Situation der Bergretter im Nationalparkgebiet. "Wir müssen oft viele Kilometer laufen, um an die Verletzten zu kommen, weil wir sie durch versperrte Wege nicht anders erreichen", sagt er. Bei den Einsätzen gehe es um Leben und Tod. Da zähle jede Minute. Problematisch seien zudem Hubschraubereinsätze. Wegen des Totholzes seien die gefährlich und mitunter gar nicht möglich.
Deshalb fordert die Bürgerinitiative Brandschutzschneisen und einen reduzierten Totholzanteil im gesamten Gebiet beziehungsweise die vollständige Beräumung in der Nähe von Siedlungen. Das müsse sofort erfolgen. Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade (SPD) macht sich große Sorgen. Hohnstein und auch andere Ortsteile sind umgeben von toten Fichten. "Wenn die brennen, haben wir die gleiche Situation wie in Mezna bei Hrensko. Dort sind im Sommer acht Häuser abgebrannt", sagt er. Er verstehe auch den Eiertanz nicht, der derzeit vollführt werde, dass Totholz kein Brandbeschleuniger sein soll. Ingo Karsch aus Waitzdorf, auch Gründungsmitglied, war selbst im Brandgebiet im Einsatz. "Die Feuerwehrleute, die vor Ort waren und das gesehen haben, sind alle der Meinung, dass das tote Holz den Brand beschleunigt hat", sagt er. Andere bestätigen, dass das abgestorbene Holz wie Zunder gebrannt hat.
Die BI fordert weiter die Errichtung von Feuerwachtürmen und ab Waldbrandstufe vier eine Feuerwache. Es müsse außerdem eine regional ausgestattete Feuerwehr geschaffen werden, die die Freiwilligen Feuerwehren vor Ort bei Großfeuer-Ereignissen entlasten.
Was ist ein Naturpark?
Ein Naturpark ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz ein großräumiges Gebiet, das überwiegend aus Natur- und Landschaftsschutzgebieten besteht. Er weist eine große Arten- und Biotopvielfalt auf sowie eine durch vielfältige Nutzung geprägte Landschaft. Ein Naturpark bewahrt und entwickelt Natur und Landschaft mit und für Menschen. Er schafft Verständnis und Akzeptanz für den Naturschutz, eine nachhaltige Entwicklung und fördert die regionale Identität. Naturparke eignen sich besonders für Erholung und Naturerleben. In Deutschland gibt es 105 Naturparke. Sie stehen für Naturschutz, Umweltbildung, Erholung und Regionalentwicklung. Die Naturparke machen 27 Prozent der Fläche Deutschlands aus. Der nächstgelegene und gut zu erreichende ist der Naturpark Zittauer Gebirge.
Was zählt die BI noch zum Naturpark?
Zum aktiven Naturschutz zähle auch ein nachhaltiger und zukunftsfähiger Tourismus mit innovativen Konzepten. Tourismus und Naturschutz müssten in ein ausbalanciertes Verhältnis gebracht werden. Der Waldumbau solle aktiv betrieben werden mit einheimischen, standortgerechten Baumarten. Bleibe der Wald wie er ist, würden in ein paar Jahren wieder die Fichtenbestände dominieren, heißt es. Historische Wege sollten wieder hergestellt werden.
Das müsse auch grenzüberschreitend erfolgen, da diese als kürzeste beziehungsweise schnellste Verbindung zwischen besiedelten Orten dem Brandschutz und Rettungswesen diesen sowie von touristischer und kultureller Bedeutung sind.
Sehen es Nachbarorte anders?
Erste Unterstützer gibt es bereits. Die kommen zum Beispiel aus Schmilka. "Ich unterstütze die Petition, damit die Menschen bewusst wieder in den Wald gehen können. Historische Wege sollen wieder hergestellt werden", sagt Hartmut Ehrlich, Ortsvorsteher von Schmilka. Andrea Bigge hat in Schmilka erlebt, wie kurz hinter den Häusern die Flammen aufsteigen. Der Schock sitzt noch immer tief. "Wir müssen Tourismus, Mensch und Natur in einen guten Einklang bringen", sagt sie. Unterstützung sicherten am Mittwochabend auch Einwohner von Königstein zu. Sie wollen für die Petition werben und sie in der Stadt verteilen. In Porschdorf hat bereits der Ortschaftsrat zu diesem Thema getagt. "Das Gremium hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Initiative zu unterstützen", sagt Ortsvorsteher Jens Tappert. Er sei selbst Feuerwehrmann und wisse deshalb, wovon er spreche. Der CDU-Kreisverband hatte sich ebenfalls schon mit dem Thema befasst und unter anderem das Entfernen von Totholz gefordert.
Bürgermeister Daniel Brade will in den nächsten Tagen und Wochen die Gespräche mit anderen Bürgermeistern führen, um sie von den Gedanken zu überzeugen. Auch mit den tschechischen Gemeinden will er Kontakt aufnehmen. Der Ortschaftsrat von Hinterhermsdorf hatte ebenfalls schon kundgetan, dass der Ort aus dem Nationalpark raus will.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Petition ist am Mittwoch gestartet. Sie kann online unterzeichnet werden aber auch auf den Listen welche in den nächsten Tagen in Geschäften und bei Ortsvorstehern ausgelegt werden sollen. Bis zum 3. Oktober 2022 kann sie unterzeichnet werden. Für eine Sammelpetition wie diese braucht es 50 Unterstützungsunterschriften. Die sind längst beisammen. Gerichtet ist sie an den Petitionsausschuss im Landtag. Der wird sich damit befassen und entscheiden, ob diese zugelassen wird oder nicht. Aus diesem Grund sei es wichtig, dass möglichst viele Unterschriften zusammenkämen, heißt es aus der Bürgerinitiative. Letztlich müsste sich dann der Landtag damit auseinandersetzen. "Wir wollen die Regierung an die Sorgfaltspflicht erinnern. Jeder der mit offenen Augen durch die Landschaft geht, wird die Gefahren sehen", sagt Stefan Thunig.