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Wann im Nationalpark Bäume gesprengt werden

Die Sprengung von Borkenkäferfichten in Böhmen sorgt für Aufsehen. In der Sächsischen Schweiz wird die Methode schon länger angewendet.

Von Dirk Schulze
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Ein Knall, dann fällt die Fichte. Ein Video des Nationalparks Böhmische Schweiz zeigt die Sprengung von Borkenkäferbäumen.
Ein Knall, dann fällt die Fichte. Ein Video des Nationalparks Böhmische Schweiz zeigt die Sprengung von Borkenkäferbäumen. © Screenshot

Eine außergewöhnliche Baumfällaktion in der Böhmischen Schweiz sorgte jüngst für Aufsehen. Im Wald bei Na Tokání (Balzhütte), rund sechs Kilometer südöstlich von Hinterhermsdorf gelegen, wurden dabei Borkenkäferbäume gesprengt. Auf Fernsehbildern sind Polizisten mit Schutzausrüstung zu sehen und Baumstämme, die knapp zwei Meter über dem Boden von einer Sprengladung zerfetzt werden und dann umknicken.

Sprengungen inmitten der besonders geschützten Natur des Nationalparks? In Böhmen war dies zunächst ein Test, mit dem die dortige Nationalparkverwaltung eine neue Methode zum Schutz vor umstürzendem Totholz an den Wanderwegen ausprobiert und zugleich eine Übung der tschechischen Polizei. Was auf Laien spektakulär wirkt, ist für Forstexperten allerdings nichts Neues.

Im sächsischen Teil des Elbsandsteingebirges wird die Spreng-Methode sogar schon länger angewendet, wie der Nationalpark Sächsische Schweiz auf Anfrage bestätigt. "Die Nationalparkverwaltung nutzt diese Methode einzelfallweise seit einigen Jahren vor allem im Rahmen der Verkehrssicherung entlang von Wanderwegen", sagt Sprecher Hanspeter Mayr - also dort, wo morsche Bäume zur Gefahr für Besucher werden.

Bäume sprengen, wenn es für Waldarbeiter zu gefährlich ist

"Die Methode wird vor allem dort eingesetzt, wo komplizierte Fällungen nicht mit maschineller Unterstützung abgesichert werden können", erklärt Nationalparksprecher Mayr. Wenn der Baum schon so stark geschädigt ist, dass es für Waldarbeiter lebensgefährlich ist, die Motorsäge anzusetzen oder ein Harvester nicht so tief ins Gelände vordringen kann, kann das Sprengen eine Alternative sein. Je nach Ausschreibung werden dann professionelle Sprengmeister damit beauftragt.

Ein weiterer Vorteil ist das Erscheinungsbild des gefällten Baumes. Der verbleibende ausgefranste Hochstubben sieht aus, als wäre der Baum auf natürliche Weise durch einen Sturm oder Blitzeinschlag umgebrochen. Auch beim Einsatz eines Harvesters oder des speziellen Schreitbaggers in Nationalpark lassen die Forstleute oft solche zwei oder drei Meter hohen Baumstümpfe stehen, damit die Fläche nicht komplett kahl ausschaut. Der Nachteil der Sprengung sind die vergleichsweise hohen Kosten und der damit verbundene Aufwand. Der Bereich muss vorher abgesperrt und überwacht werden.

Verschreckt der Knall nicht die Tiere?

Wie steht es aber um den Naturschutz? Verschreckt der Knall einer Explosion nicht sensible Tiere wie den Wanderfalken oder den Schwarzstorch, die laut Nationalparkverwaltung wegen der vielen Besucher im Wald ohnehin immer weniger Rückzugsräume haben? Forstexperten argumentieren teilweise, dass der Eingriff durch die Sprengung sogar geringer sei, weil es nur einmal kurz knallt und nicht wochenlang die Säge kreischt.

Tomáš Salov vom Nationalpark Böhmische Schweiz sagt, dass das Stören der Tiere durch die Explosion eher unwahrscheinlich sei, da sich schon während der Vorbereitung lange vor dem Knall viele Menschen im Gebiet befinden. "Die Tiere ziehen sich zurück." Der Störungseffekt hänge also mehr von der menschlichen Anwesenheit ab, als vom Knall selbst.

Aus Sicht des Nationalparks Sächsische Schweiz lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten. "Es entsteht kurzzeitig mehr Lärm, verursacht durch den Knall bei der Sprengung", sagt Hanspeter Mayr. Dieser hänge wiederum von der notwendigen Sprengstoffmenge und der Umgebung ab. "Die Versuche haben gezeigt, dass die Geräuschintensität im günstigen Fall mit einem Schuss vergleichbar ist, es aber durchaus auch wie ein Donner eines nahen Blitzes wahrgenommen wird." Im Nationalpark werden die Sprengung deshalb nur außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit durchgeführt, also zwischen Mitte August und März, was generell für die meisten Forstarbeiten gilt.

Bäume fallen unkontrolliert

Der größte Nachteil der Spreng-Methode ist jedoch das unkontrollierbare Fallen des Baumes. Während ein ausgebildeter Forstwirt den Stamm in die gewünschte Richtung kippen lassen kann und ein Harvester den abgesägten Stamm mit seinem Greifer präzise ablegt, ist das bei der Sprengung kaum möglich. "Die Fällrichtung ist nicht zu bestimmen", erklärt Hanspeter Mayr. "Es kann weder kontrolliert werden, in welche Richtung die Teile gesprengt werden, noch ob durch die durch die Luft fliegenden Teile angrenzende Bäume, Biotope oder Felsen beschädigt werden".

Fazit: In der Sächsischen Schweiz kann es auch in Zukunft knallen, aber nur in Einzelfällen, wie Nationalparksprecher Hanspeter Mayr erklärt. "Die Methode eignet sich aus unserer Sicht vor allem bei komplizierten Einzelbaumfällungen." Ganz ähnlich fällt die Bilanz des Tests bei den Nachbarn in Böhmen aus. In Ausnahmefällen könnten künftig gefährliche Borkenkäferbäume per Sprengung gefällt werden, erklärt Tomáš Salov vom Nationalpark Böhmische Schweiz. "Sicher ist jedoch, dass diese Methode nicht großflächig zum Einsatz kommt."